Finanzen / Bilanzen

Monitor liefert neue Daten für verschiedene Haushalte

Die Inflation hat im Oktober im Durchschnitt aller Haushalte mit 10,4 Prozent einen historischen Höchststand erreicht. Noch einmal deutlich stärker belastet sind einkommensschwache Familien und, in etwas abgeschwächter Form, Alleinlebende mit niedrigem Einkommen. Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben trugen Familien mit niedrigem Einkommen im Oktober sogar eine Inflationsbelastung von 11,8 Prozent, bei ärmeren Singles waren es 11,4 Prozent. Dagegen weisen Alleinlebende mit hohem Einkommen wie in den Vormonaten die im Vergleich geringste haushaltsspezifische Teuerungsrate auf: 8,4 Prozent. Damit ist die soziale Schere bei den Inflationsraten auf dem hohen Niveau des Vormonats geblieben und beträgt 3,4 Prozentpunkte. Das ist der höchste in diesem Jahr gemessene Wert und liegt daran, dass die weiterhin größten Preistreiber – Haushaltsenergie und Lebensmittel – bei den Einkäufen von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen einen größeren Anteil ausmachen als bei wohlhabenden. Auch Alleinerziehende und Familien mit jeweils mittleren Einkommen hatten mit 10,9 Prozent bzw. 10,6 Prozent etwas überdurchschnittliche Teuerungsraten zu tragen, während Alleinlebende und Paarhaushalte ohne Kinder mit jeweils mittleren Einkommen mit 10,4 bzw. 10,3 Prozent im oder sehr nahe am allgemeinen Durchschnitt lagen. Alleinlebende und Familien mit jeweils höheren Einkommen wiesen unterdurchschnittliche Raten von 10,0 bzw. 9,7 Prozent auf (siehe auch die Informationen zur Methode unten und die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert.*

"Die kriegsbedingten Preissprünge bei Energie und Nahrungsmitteln dominieren weiterhin das Inflationsgeschehen. Wie in den Vormonaten belasten sie die Haushalte mit geringeren Einkommen besonders stark", schreiben Dr. Silke Tober und Lukas Endres in der neuen Auswertung. So schlugen bei Familien mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen diese beiden Gütergruppen des täglichen Grundbedarfs mit 7,7 Prozentpunkten auf die haushaltsspezifische Inflationsrate von 11,8 Prozent durch, bei einkommensschwachen Alleinlebenden machten sie sogar 8,5 Prozentpunkte der 11,4 Prozent spezifische Teuerung aus. Bei einkommensstarken Alleinlebenden entfielen darauf hingegen lediglich 3,5 Prozentpunkte von insgesamt 8,4 Prozent. Bei diesen Haushalten sorgten dagegen die im Vorjahresvergleich ebenfalls erheblichen Preisanstiege bei Reisen, Gaststättendienstleistungen oder Wohnungsinstandhaltung für höhere Ausgaben. Erheblich von den Preissprüngen bei Lebensmitteln und Haushaltsenergie betroffen waren auch Familien mit mittleren Einkommen, bei denen diese Komponenten 5,7 Prozentpunkte von 10,6 Prozent Teuerungsrate ausmachten. Zusätzlich schlugen bei Familien mit mittleren und niedrigen Einkommen sowie bei Alleinerziehenden auch die Kostensteigerungen für Kraftstoffe spürbar zu Buche, auch wenn diese sich insgesamt abgeschwächt hatten.

Das Problem, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen aktuell auch noch besonders hohe Inflationsbelastungen tragen, wird dadurch verschärft, dass vor allem Ärmere grundsätzlich besonders unter starker Teuerung leiden, unterstreichen Tober und Endres: Die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, sind kaum zu ersetzen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten.

– Gaspreisbremse wirksames Instrument, Obergrenze bei Entlastung sinnvoll –

Umso wichtiger ist nach Analyse der Forschenden die Stabilisierung der Kaufkraft, auch durch die staatliche Entlastungspolitik. Viele von der Bundesregierung ergriffene Maßnahmen seien sinnvoll. So komme die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die Erwerbstätige im September erhalten haben, und die im Dezember an Menschen im Ruhestand und andere zuvor ausgelassene Gruppen gezahlt wird, insbesondere Haushalten mit niedrigerem Einkommen zugute, da sie versteuert werden muss. Dasselbe gelte für Kinderbonus und Kindersofortzuschlag.

Die beschlossene Gaspreisbremse sei ebenfalls ein guter Ansatz, denn sie begrenze den Anstieg der Erdgaspreise für die Haushalte auf das Doppelte – während sonst durch den Anstieg der Großhandelspreise eine Vervierfachung absehbar wäre. Damit liege der Teuerungsdruck für Haushalte, die mit Gas heizen, jetzt auf dem gleichen Niveau wie bei Haushalten mit Ölheizung. Auch dem Überbrückungs-Instrument der Übernahme einer Abschlagszahlung durch den Staat im Dezember attestieren die Inflationsfachleute Wirksamkeit. Es stelle "eine erhebliche Entlastung bis zur Gaspreisdeckelung dar".

Tober und Endres erinnern aber auch an den Auftrag der Gaspreiskommission an die Bundesregierung, eine Obergrenze beim Entlastungsvolumen pro Haushalt durch die Gaspreisbremse zu prüfen. Das sei "verteilungs- finanz- und klimapolitisch sinnvoll". Denn es vermeide, dass wohlhabende Haushalte mit großer Wohnfläche und hohem Gasverbrauch besonders hohe monatliche Entlastungszahlungen erhalten würden. Dabei hätten gerade wohlhabende Haushalte erhebliche Potenziale, durch Energiesparen ihre Belastung zu reduzieren: "Erstens verbrauchen sie mehr Energie, zweitens verfügen sie über größere finanzielle Mittel, um auf erneuerbare Energien umzusteigen, und drittens leben sie deutlich häufiger in Eigenheimen und haben damit die Entscheidungsmacht über den Umstieg auf Erneuerbare wie Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen", betonen die Forschenden.

Anhand von Berechnungen zeigen Endres und Tober, dass Einsparungen beim Energieverbrauch, die auch klimapolitisch dringend erforderlich sind, eine erhebliche Entlastung bewirken. So verringert eine Reduktion des Energieverbrauchs um 10 Prozent die Belastung der Haushalte durch den überhöhten Anstieg der Preise für Energie- und Nahrungsmittel um rund 30 Prozent.

– Informationen zum Inflationsmonitor –

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.

Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Lukas Endres, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor – Inflationsspanne zwischen Arm und Reich verharrt im Oktober 2022 auf hohem Niveau. IMK Policy Brief Nr. 138, November 2022. Download: https://www.boeckler.de/…

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