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Neue Studie: Kapazitäten zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff sollten schneller ausgebaut werden als bislang geplant

Die Nachfrage nach klimafreundlichem Wasserstoff in Deutschland dürfte schon bis 2030 schneller wachsen als vielfach angenommen – auch, weil Erdgas infolge des Ukraine-Krieges als „Brücken“-Rohstoff teilweise ausfällt. Daher sollten bereits in den kommenden Jahren deutlich größere Elektrolysekapazitäten zur „grünen“ Wasserstoffproduktion im Inland geschaffen werden als bislang beabsichtigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.* Die Bundesregierung hat zwar im Koalitionsvertrag das Kapazitätsziel für die Wasserstoffelektrolyse auf 10 Gigawatt (GW) bis 2030 angehoben. Damit ließen sich pro Jahr rund eine Million Tonnen „grüner“ Wasserstoff erzeugen. Doch notwendig wären deutlich größere Kapazitäten, da allein für die Umstellung der Stahlproduktion im aktuellen Umfang auf „grünen Stahl“ rund zwei Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr erforderlich sind, so die Studienautoren Prof. Dr. André Küster-Simić und Janek Schönfeldt.

Hintergrund: Importe aus sonnen- und windreichen Drittländern werden zwar künftig eine große Rolle bei der deutschen Wasserstoffversorgung spielen, vor allem kurz- und mittelfristig werden sie aber nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, zumal Wasserstoff in etlichen Industriebranchen wichtiger wird. Explodierende Preise und Knappheit bei Erdgas beschleunigen die Entwicklung. Außerdem ist die Verfügbarkeit von per Schiff über weite Strecken transportiertem Wasserstoff unsicher und in Deutschland erzeugter Wasserstoff vermutlich wettbewerbsfähig, erwarten Küster-Simić, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration sowie Unternehmensberater, und sein Mitarbeiter Schönfeldt.

Dementsprechend muss auch der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung im Inland deutlich beschleunigt werden, betonen die Forscher. Dann böte sich für deutsche Elektrolyseanlagenbauer sowie weitere Anlagenbauer auch die Möglichkeit, sich über Referenzprojekte im Inland im internationalen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen. Mit folgenden Mitteln könnte dies wirtschaftspolitisch gestützt werden:

– Unternehmen, die mit aufwendigen Investitionen auf umweltfreundliche wasserstoffbasierte Techniken umstellen, bräuchten Investitionshilfen, wofür es beispielsweise auf EU-Ebene erste geeignete Ansätze gebe.

– Entscheidend sei zudem die Etablierung von „grünen Leitmärkten“, etwa durch eine verlässliche Zertifizierung klimafreundlicher Produkte und einem Vorrang für solche Produkte bei der öffentlichen Beschaffung.

– Flankiert werden müsse der Umbau Richtung wasserstoffgestützte Produktion durch einen wirksamen Schutz gegen Importe, die weiterhin klimaschädlich und daher für eine Übergangszeit billiger produziert werden. Die EU plant dazu einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), dessen konkrete Ausgestaltung aber noch diskutiert wird.

Die Studie beleuchtet auch mögliche Transformationspfade in der Stahlindustrie als eine Vorreiterin der „grünen“ Transformation. Eine erfolgreiche Transformation ist möglich, so die Forscher, es besteht aber auch die Gefahr des Verlustes von Wertschöpfung in Deutschland. Entscheidend hierfür ist unter anderem die ausreichende Versorgung mit Strom und Wasserstoff zu international wettbewerbsfähigen Preisen.

Schließlich zeigt die Studie, dass die schrittweise erfolgreiche Umstellung auf eine Produktion mit Wasserstoff in der Stahlindustrie in den kommenden zehn Jahren große Qualifizierungsanstrengungen erfordert und temporär zu einer etwas höheren Beschäftigung in der Branche führt. Denn für eine Übergangszeit bestehen neue und alte Techniken parallel, beispielsweise müssen Kokereien so lange weiterbetrieben werden, bis die komplette Produktion auf die wasserstoffbasierte Direktreduktion umgestellt ist. Danach sinkt der Personalbedarf, was sich aber nach Erwartung der Autoren im Gleichlauf mit der demografischen Entwicklung sozialverträglich dadurch regeln lasse, dass Beschäftigte in den Ruhestand gehen. Es ist bei einer erfolgreichen Transformation vielmehr erforderlich, aufgrund des temporären Personalaufbaus und der demographischen Entwicklung neue Mitarbeitende in größeren Umfängen zu gewinnen. Insgesamt komme „auch der betrieblichen Mitbestimmung eine große Rolle zu, den Transformationsprozess auf Betriebsebene aktiv zum Wohle der Mitarbeitenden zu gestalten“, schreiben Küster-Simić und Schönfeldt. Zudem sei es wichtig, dass die Montanmitbestimmung auch in wasserstoffbasierten Konzernen erhalten bleibe.

Die Forscher stützen ihre Untersuchung auf eine umfangreiche Literaturanalyse sowie Interviews mit 25 Fachleuten, überwiegend hochrangigen Praktikerinnen und Praktikern aus Stahlindustrie und Energieanlagenbau sowie einigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Dabei haben sie sowohl Vertreterinnen und Vertreter des Managements als auch der Beschäftigtenseite befragt.

*André Küster-Simić, Janek Schönfeldt: H2-Transformation der Stahlindustrie und des Energieanlagenbaus. Working Paper der Forschungsförderung, Nr. 260, November 2022. Download: https://www.boeckler.de/…

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