Verlagstrends 2022: Wachstum durch Personalisierung und Paid Content – Herausforderungen durch Cyberattacken und Fachkräftemangel
Der demografische Wandel, der Trend zu mehr Nachhaltigkeit und die Neuausrichtung der Arbeitswelt haben großen Einfluss auf die Verlagsbranche. Sicherheitsaspekte und geopolitische Krisen rücken verstärkt in den Fokus. Im Vergleich zu 2020* haben fast alle Megatrends an Bedeutung gewonnen. Die Sensitivität der Verlage gegenüber Entwicklungen im erweiterten Marktumfeld ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das zeigt die aktuelle Studie „Verlagstrends 2022: Personalisierung als Wachstumschance“ des Medienverbands der freien Presse (MVFP) und KPMG in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Hess von der LMU München, die auf der Befragung von 160 deutschen Verlagshäusern unterschiedlicher Größe und Ausrichtung basiert. Dabei bleiben die Megatrends wie der demografische Wandel (79 Prozent) und Nachhaltigkeit (73 Prozent) von großer oder auch existenzieller Bedeutung für die Verlage im Vergleich zu 2020, genauso wie „New Work“ (72 Prozent).
Das Thema Cybersicherheit hat sowohl bei den Megatrends als auch bei der strategischen Ausrichtung der Verlagshäuser gegenüber 2020 überdurchschnittlich stark an Bedeutung gewonnen: 72 Prozent der Befragten halten die Bedrohung der Unternehmenssicherheit, z. B. durch Datenmissbrauch, Datenverlust oder Cyberangriffe, für eine ernstzunehmende Entwicklung in der Branche (+24 Prozent ggü. 2020). Für 70 Prozent hat das Thema strategisch hohe oder höchste Priorität (+ 27 Prozent ggü. 2020).
Bei strategischen Schwerpunkten herrscht in den meisten Verlagen Kontinuität: Effizienz- und Ressourcenaspekte haben Vorrang vor Expansionsmaßnahmen. Die Optimierung von Prozessen sowie die Verbesserung der Innovationsfähigkeit haben dabei hohe Priorität. Zwei Wachstumsfelder sind weiter in den Fokus der Verlagshäuser gerückt: Paid Content (63 Prozent / +18 Prozentpunkte ggü. 2020) und die Erschließung neuer Geschäftsfelder (55 Prozent / +19 Prozentpunkte ggü. 2020) sind für die befragten Verlage von großer strategischer Bedeutung. Zusätzlich gewinnen Personalthemen erheblich an Relevanz (74 Prozent), was sich auf den Fachkräftemangel zurückführen lässt.
Wer personalisiert, macht gute Erfahrungen
Personalisierung erweist sich als wichtiges Zukunftsthema für die Verlagsbranche. Für knapp 60 Prozent ist der Bereich schon heute strategisch relevant. Dabei werden vom Großteil der Befragten eine personalisierte Kundenansprache (89 Prozent) sowie die individuelle Zusammenstellung der Inhalte (82 Prozent) als nützlich eingeschätzt. Differenzierte Preise und Angebote werden für ebenso wichtig gehalten (79 Prozent) wie ein personalisierter Vertrieb (77 Prozent).
Aktuell sehen 48 Prozent der befragten Verlage einen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil in der Personalisierung, während 43 Prozent das Verhältnis von Aufwand und Nutzen hinterfragen. Für viele Unternehmen besteht demnach die Herausforderung darin, den richtigen Grad an Personalisierung zu finden: „Personalisierung ist ein Thema, bei dem jeder Verlag seine eigene Lösung finden muss. Es gibt kein Patentrezept, wohl aber gut und schlecht passende Lösungen für den Einzelfall“, erklärt Prof. Dr. Thomas Hess von der LMU München dazu.
Bei 34 Prozent der Verlagshäuser werden personalisierte Angebote bereits getestet oder sind fester Bestandteil des Produktportfolios. Die große Mehrheit dieser Medienhäuser (83 Prozent) hat damit positive Erfahrungen gemacht und berichtet von zahlreichen Chancen. Die Stärkung der Kundenbindung (96 Prozent) sowie die Verbesserung der User Experience (89 Prozent) und der Ausbau des Digitalumsatzes (76 Prozent) werden als zentrale Vorteile genannt. Herausforderungen sehen die Anwender-Verlage unter anderem in der richtigen Sammlung und Auswertung der Daten (74 Prozent) sowie im Ausbau der nötigen IT-Kompetenz (85 Prozent).
Technologie- und Datenkompetenz sind notwendige Voraussetzungen
Voraussetzung für die erfolgreiche Personalisierung von Kampagnen ist unter anderem eine professionelle Sammlung und Auswertung von Nutzerdaten. Dabei spielen Daten über die Nutzungs- bzw. Lesehistorie der Leserinnen und Leser für die Mehrheit der befragten Verlagshäuser (80 Prozent) eine übergeordnete Rolle. Fast genauso relevant sind Daten zu Leserinteressen (78 Prozent) und soziodemografische Werte (72 Prozent).
„Mit personalisierten Angeboten können Verlage ihr Digitalgeschäft stärken und ausbauen. Voraussetzung dafür ist ein umfangreiches und effektives Datenmanagement. Vielen Verlagen fehlt allerdings die nötige Technologie- und Datenkompetenz“, fasst Dr. Markus Kreher, Head of Technology, Media & Telecommunications von der KPMG AG, zusammen. In der Analyse der Technologie- und Datenkompetenz fallen die Studienergebnisse durchwachsen aus. Während die Mehrheit sich bzw. ihre Belegschaft bei Datenschutz- und Compliance-Kenntnissen sowie bei klassischen IT-Systemen gut bis hin zu perfekt aufgestellt sieht, besteht beim Einsatz von Analysetools, bei flexiblem Pricing sowie bei der Analyse von Kundendaten Nachholbedarf.
„Dass Personalisierung Wachstumschancen für Verlage eröffnet und entsprechend genutzt werden sollte, fasst Lutz Drüge, Geschäftsführer Print und Digitale Medien im Medienverband der freien Presse, zusammen und ergänzt: „Die Personalisierung der Kundenansprache ist genauso wichtig wie die Personalisierung der Inhalte mit Blick auf individuelle Bedürfnisse. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist der Ausbau von Technologie- und Datenkompetenz entscheidend. Megatrends und deren Auswirkungen sollten alle Verlage kontinuierlich im Auge behalten und aufgreifen“, resümiert Drüge.
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