Young-Hae Chang Heavy Industries. Please Mistake Me for Nobody
Eröffnung: Freitag, 16. Dezember 2022, 19 Uhr
17. Dezember 2022 – 5. Februar 2023*
Dienstag–Freitag 12–18 Uhr / Donnerstag 12–20 Uhr
* Am 17. und 18. Dezember 2022 sowie am 4. und 5. Februar 2023 ist die Ausstellung von 12–18 Uhr geöffnet.
Vom 24. Dezember 2022 bis 1. Januar 2023 ist die Ausstellung geschlossen.
Pressevorbesichtigung: Freitag, 16. Dezember, 17 Uhr, in Anwesenheit des Kurators
Für Interviewmöglichkeiten mit den Künstler*innen ab 12. Dezember kontaktieren Sie bitte Michaela Richter unter Telefon: (030) 280 70 20 oder per E-Mail: presse@nbk.org.
Kurator: Arkadij Koscheew
Der Neue Berliner Kunstverein präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung der als Pioniere der Net Art geltenden YOUNG-HAE CHANG HEAVY INDUSTRIES in Deutschland. Die Ausstellung PLEASE MISTAKE ME FOR NOBODY versammelt Werke aus den Jahren 2000 bis 2020, die um das Thema der Paranoia kreisen. Arbeiten wie OPERATION NUKOREA (2003) erlangen inmitten einer zunehmend durch Kriege und real werdende nukleare Bedrohungen geprägten Gegenwart besondere Relevanz – hier wird der atomare Angriff Nordkoreas auf die südkoreanische Hauptstadt Seoul in einer beängstigend bildreichen Sprache imaginiert. Der Großteil der gezeigten Arbeiten wurde eigens für die Ausstellung erstmals ins Deutsche übersetzt.
Seit ihrer Gründung in den späten 1990er Jahren haben YHCHI einen charakteristischen Stil entwickelt, in dem sie Themen wie kulturelle Identität, materielle Ungleichheiten, (Polizei-)Gewalt, das Ineinanderfließen von Fakt und Fiktion und geopolitische Gegebenheiten, darunter die Teilung Koreas, verhandeln. Dabei zeichnen sich ihre Arbeiten durch einen hohen Grad an Abstraktion aus, der zugleich ihre Handschrift ausmacht: Die breit gestreuten Themen und Interessen von YHCHI werden beinahe ausschließlich durch schwarze Schrift auf weißem Grund verhandelt, der Text ist durch – häufig selbstkomponierte – Musik rhythmisiert und baut sich Satz für Satz, Wort für Wort oder Buchstabe für Buchstabe auf.
Die Werke von YHCHI wurden bis 2020 als Adobe Flash-Animationen konzipiert und werden – nunmehr als Videodateien – weiterhin auf ihrer Webseite yhchang.com einem globalen Publikum zur Verfügung gestellt. Das inzwischen obsolete Animationsprogramm Adobe Flash gestattete es seit 1997, Grafiken, Sounds und Texte zu animieren und mit geringer Dateigröße über Internetbrowser wiederzugeben. Dies ermöglichte YHCHI noch vor der Einführung von YouTube, Breitbandinternet und dem heute allgegenwärtigen Streaming von HD-Videos ihre Werke über Internet-Modems einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Zu verdanken war dies auch der schnellen Ladezeit von nur wenigen Sekunden für eine Flash-Animation beliebiger Größe verglichen mit mehreren Stunden für ein Video selbst mit geringer Auflösung. Damit nehmen die Arbeiten von YHCHI nicht nur künstlerisch, sondern auch technisch eine Vorreiterrolle ein.
Die breite Zugänglichkeit der Arbeiten des Künstler*innenkollektivs äußert sich nicht nur in Nutzung des Internets als konzeptueller Raum, sondern auch in der Übersetzung ihrer Werke in bisher 26 Sprachen. Die Arbeiten von YHCHI vereinen Aspekte von Net Art, Videokunst und Literatur und machen sich die hier vorhandenen, egalitären Ansätze zur Streuung von Erzählungen und Botschaften zu eigen. Dabei ließen Young-hae Chang und Marc Voge sich jedoch nicht von einer Euphorie für „Interaktivität“ mitreißen, die die frühen Tage des Internets erfasste. Vielmehr wird beispielsweise das vermeintliche „Miterstellen“ von Netzliteratur seitens des Publikums durch das Klicken auf Hyperlinks als eine fingierte Interaktivität erkannt und strikt abgelehnt. So sprechen YHCHI, sicherlich nicht ohne Augenzwinkern, auch davon, dass sie sich wünschen, dass ihre Arbeiten „die Leser*innen in einem diktatorischen Würgegriff halten.“
2018 wurde das Gesamtwerk von YHCHI (einschließlich aller existierenden und künftigen Arbeiten) vom M+ Museum Hong Kong in Form des Artist Proofs 2/2 angekauft. Damit gehören YHCHI heute zur verschwindend geringen Minderheit von Künstler*innen, deren künftiges Werk schon zu Lebzeiten von einem international tätigen Museum erworben wurde. Alle sechs Monate erhält das M+ ein Update
seines Ankaufs in Form eines USB-Sticks mit den Entwürfen, Übersetzungen und Screeningdateien der Werke von YOUNG-HAE CHANG HEAVY INDUSTRIES. Das M+ Museum gab ferner anlässlich seiner Eröffnung in 2021 die großformatige Arbeit CRUCIFIED TVS – NOT A PRAYER IN HEAVEN (2021) in Auftrag. In New York City eröffnete das New Museum 2007 seinen Neubau mit der umfassenden Installation BLACK ON WHITE, GRAY ASCENDING.
Biografisches
Die Werke von YOUNG-HAE CHANG HEAVY INDUSTRIES (Young-hae Chang und Marc Voge, leben und arbeiten in Seoul; yhchang.com) wurden bis heute in 26 Sprachen übersetzt. 2012 waren sie Creative Arts Fellows des Rockefeller Foundation Bellagio Center. 2018 erwarb das Museum M+ Hong Kong ein Archiv all ihrer bisherigen und künftigen Arbeiten (YHCHANG. COM/AP2: THE COMPLETE WORKS). 2020 hielten sie die Renato Poggioli Lecture an der Harvard Universität, Cambridge/Mass. 2021 wurden YHCHI vom M+ anlässlich der Eröffnung des Museums mit der raumgreifenden Arbeit CRUCIFIED TVS beauftragt. Einzelausstellungen waren zuletzt u. a. zu sehen: Tate Modern, London (on- und offline, 2021); Kadist, San Francisco (2013); New Museum, New York (2007); Moderna Museet, Stockholm (2007).
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