Bauen & Wohnen

Zur Nachahmung sehr empfohlen

In Innsbruck und Bozen hat das EU-Projekt SINFONIA umfassende energetische Sanierungen ermöglicht. Die Einsparung an Heizwärme ist beträchtlich: Bei den Innsbrucker Projekten liegt sie bei durchschnittlich 77 Prozent. Gleichzeitig bieten die sanierten Gebäude nun einen erheblich höheren Komfort. SINFONIA belegt damit die gewaltigen Potenziale von energetischen Sanierungen um Energie einzusparen und das Klima zu schützen. Diese Erfahrungen werden auf weitere europäische Städte übertragen. Das Passivhaus Institut übergab heute in Innsbruck 13 Zertifikate, die die hohe Energieeffizienz der Sanierungsprojekte bestätigen.

SINFONIA förderte in den beiden Städten Innsbruck und Bozen die energetische Sanierung von insgesamt rund 100.000 Quadratmetern Wohnfläche. Ziel war der hoch energieeffiziente EnerPHit-Standard, der Passivhaus-Standard für die Sanierung von Altbauten. Zudem sollten das Stromnetz optimiert sowie Lösungen für Fernwärme und -kälte integriert werden. Allein in Innsbruck sanierten die beiden Bauträger im Rahmen von SINFONIA 33 Gebäude mit rund 66.000 Quadratmetern Wohnfläche, darunter ein Quartier mit 16 Gebäuden sowie drei Schulen. Die Altbauten stammen aus den Jahren 1940 bis 1960. Das Passivhaus Institut mit seinen beiden Standorten in Darmstadt und Innsbruck begleitete die Sanierungsprojekte und sicherte unter anderem deren energetische Qualität. Für Innsbruck gilt: Der während der Planungsphase mit dem Programm PHPP vorberechnete Energieverbrauch stimmt sehr gut mit den später in den sanierten Gebäuden gemessenen, niedrigen Verbrauchswerten überein (SINFONIA Forschungsbericht). Weitere SINFONIAPartner betreuten die Projekte im italienischen Bozen.

Lösung ist da!

„Wir müssen nichts Neues erfinden, sondern die verfügbaren Konzepte konsequent umsetzen: Das Passivhaus-Konzept ist eine erprobte Lösung, um den Energiebedarf bei Gebäuden deutlich zu senken und das Klima zu schützen. SINFONIA zeigt, dass großflächige Sanierungen mit hoher energetischer Qualität funktionieren. Die Messungen bestätigen den Erfolg“, erklärt Laszlo Lepp vom Passivhaus Institut in Innsbruck. Lepp betreute die Innsbrucker SINFONIA-Projekte und übergab heute die 13 Zertifikate an die beiden Bauträger, die Wohnbaugesellschaft Neue Heimat Tirol (NHT) sowie die Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG). Vier Zertifikate hatte das Passivhaus Institut bereits zu einem früheren Zeitpunkt überreicht. Die Bauträger haben mit der Zertifizierung die Gewissheit, dass der angestrebte Energiestandard tatsächlich erreicht wird und die Gebäude neben einem geringen Energiebedarf auch den gewünschten erhöhten Komfort für bewohnende und nutzende Personen bieten.

Sanierung in bewohntem Zustand

Die Sanierungen in Innsbruck erfolgten schrittweise und in bewohntem Zustand. Die Wohngebäude erhielten unter anderem einen guten Wärmeschutz, dreifach verglaste Fenster sowie Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Eklatante Wärmebrücken aufgrund durchgängiger Balkonplatten sind nun durch neu installierte, vorgesetzte Balkone beseitigt. Ein Großteil der insgesamt 716 Wohneinheiten wurde in der SINFONIA-Laufzeit von 2014 bis 2020 saniert. Dort, wo aufgrund fehlender Zustimmung der Mieter und Mieterinnen die Fenster noch nicht erneuert bzw. Lüftungsanlagen bisher nicht installiert werden konnten, werden diese bereits vorgeplanten Schritte bei Mieterwechsel bzw. späterer Zustimmung realisiert.

Da geht noch was!

Die nun vom Passivhaus Institut überreichten Zertifikate für die Innsbrucker Wohngebäude sind daher zunächst Vor-Zertifikate. Sind abschließend alle Wohnungen komplett saniert, wird das EnerPHit-Zertifikat ausgestellt. Anders als die Wohngebäude konnten die drei Innsbrucker Schulen in einem Schritt komplett saniert werden und erhielten daher bereits das EnerPHit-Zertifikat. Ein Monitoring bei einem Großteil der Wohnungen belegt den Erfolg der Sanierungen: Messungen der Universität Innsbruck sowie die Auswertung durch Søren Peper vom Passivhaus Institut in Darmstadt zeigen, dass sich der Heizwärmebedarf der sanierten Gebäude bereits jetzt um rund 77 Prozent verringert hat. „Sind irgendwann alle Wohnungen saniert“, erläutert Peper, „dann sind Einsparungen von bis zu 85 Prozent realistisch.“

Hohe energetische Qualität mit EnerPHit

Sanierungen, bei denen nur eine mittlere energetische Qualität realisiert werde, seien eine verpasste Gelegenheit für besseren Klimaschutz, so Søren Peper weiter. „Das sanierte Bauteil wird aus wirtschaftlichen Gründen in den nächsten Jahrzehnten sicherlich nicht mehr erneuert. Die lediglich durchschnittliche Qualität verhindert dann über eine lange Zeit die Chance, noch deutlich mehr Energie einzusparen“, erläutert Peper den Lock-in-Effekt. Daher sei es wichtig, bei allen Sanierungen, egal ob schrittweise einzelne Maßnahmen umgesetzt werden oder in einem Rutsch saniert werde, jeweils eine hohe energetische Qualität umzusetzen. Für die Sanierung biete der EnerPHit-Standard diese Qualität.

Lock-in-Effekt vermeiden

Die negativen Auswirkungen des vermeidbaren Lock-in-Effekts, bei dem die schlechte bzw. mittlere Sanierungsqualität über lange Jahre höhere Energieeinsparungen verhindert, werden eindrucksvoll durch Berechnungen mit districtPH belegt. Das Passivhaus Institut entwickelte districtPH zur Energiebilanzierung von Quartieren und Stadtteilen im Rahmen von SINFONIA. Die Erfahrungen mit den Modellprojekten in Innsbruck und Bozen werden auf fünf weitere europäische Städte mittlerer Größe übertragen: Rosenheim (Deutschland), La Rochelle (Frankreich), Sevilla (Spanien), Pafos (Zypern) und Borås (Schweden).

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