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Chancen erkennen und nutzen

Am gleichen Tag, an dem die TSD-Herbstmitgliederversammlung in Berlin startete – nämlich genau vor einer Woche – hat die Bundesregierung per Kabinettsbeschluss die Gas- und Strompreisbremse zur Abfederung der stark gestiegenen Energiepreise auf den Weg gebracht. Nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG), der sogenannten „Dezemberhilfe“, die bereits zuvor in Kraft getreten war, und den ersten beiden Entlastungspaketen veranschlagt die Ampelkoalition damit bis zum Frühjahr 2024 gut 300 Milliarden Euro für die Bewältigung der Energiekrise.

Das ist mehr als eine gewaltige Summe, die in ihrer Höhe 60 Prozent des Bundesjahreshaushalts entspricht. „Vor allem weil diese Anstrengung so enorm ist, sollte sie auch der Auftakt für unsere Gesellschaft sein, die dunklen Wolken am Horizont zu vertreiben“, sagt TSD-Präsident Thomas Radermacher. Will heißen, die Hilfen müssen mehr leisten als die reine Entlastung von hohen Energiekosten. Radermacher sieht es wie der Präsident der Dresdener Handwerkskammer Jörg Dittrich, der kommende Woche gern neuer Präsident im Zentralverband des Deutschen Handwerks werden möchte und sich vorab auch bei den Delegierten des Tischler- und Schreinerhandwerks vorstellte: „Die Situation ist besser als die Stimmung.“ Gedrückt wird sie vor allem durch die hohe Inflation und eine schwächelnde Konjunktur.

Es wird in den kommenden Monaten deshalb auch darum gehen, die Menschen zusammenzubringen. „Das Handwerk hält zusammen“, postuliert Dittrich eine Aussage, die ebenso für den Rückblick gilt. Denn in den Wochen, als es noch um die Ausgestaltung der Energiepreisbremse ging, waren die Gewerke eng zusammengerückt und hatten sich für die energieintensiven Betriebe starkgemacht. Die Unternehmen des Tischler- und Schreinerhandwerks gehören als produzierendes Gewerk auch dazu, wenngleich sich die Branche ein weiteres Mal als besonders krisenfest erweist, wie eine aktuelle Umfrage zur Energieversorgung und -preisentwicklung unter etwa 700 Innungsbetrieben zeigt. Diese hatte unter anderem ergeben, dass gut drei Viertel der Betriebe ihre Wärmeerzeugung durch den Einsatz von Biomasse sicherstellen. „Dass vor diesem Hintergrund 85 Prozent der befragten Betriebe aktuell keine existenziellen Fragen bedrücken, ist nachvollziehbar“, sagt TSD-Hauptgeschäftsführer Martin Paukner. Sorgenfrei ist die Branche deshalb nicht. Vor allem die Rückgänge bei den Bauanträgen und beim privaten Konsum schaden mittelfristig auch dem Tischler- und Schreinerhandwerk. Noch sind viele Auftragsbücher zwar gefüllt, doch der Trend ist absehbar.

Es warten weit größere Aufgaben

„Hier müssen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik aktiv gegensteuern“, schlussfolgert Thomas Radermacher. Und am besten funktioniert das, wenn die Energiekrise so schnell wie möglich überwunden wird und sich die Gesellschaft wieder der wohl größten Herausforderung unserer Zeit zuwenden kann – der Energiewende. Der Weg dorthin führt, da sind sich die Verantwortlichen im Bundesinnungsverband des Tischler- und Schreinerhandwerks sicher, vor allem über die Wirtschaft und hier insbesondere über die klimawandelrelevanten Handwerke. Diesen fehlen gegenwärtig allerdings 190.000 Fachkräfte. „Die Energiewende beinhaltet deshalb auch eine Bildungswende und eine ebenenübergreifende Gleichstellung von beruflicher und akademischer Ausbildung“, sagt Radermacher. Aus diesem Grund habe die Innungsorganisation vor einigen Monaten und im Schulterschluss mit weiteren Verbänden und der IG Metall eine Fachkräfteinitiative ins Leben gerufen und bei verschiedenen Gelegenheiten das Thema auf die politische Agenda gebracht. „Nur so lässt sich die für die Energiewende immens wichtige Sanierungsquote von aktuell 1 Prozent spürbar steigern“, ergänzt Radermacher.

Hierfür käme es aber auch auf die breite Unterstützung für den beruflichen Bildungsweg an. „Kaum eine Branche ist so attraktiv und bietet so viele Chancen und Perspektiven wie das Tischler- und Schreinerhandwerk“, stellt Paukner klar. Doch darüber müsse bereits in der Schule informiert werden. Zudem sei es auch an der Politik, zu erkennen, dass der Lohnkostenanteil im Handwerk um ein Vielfaches höher als in anderen Wirtschaftsbereichen ist und selbst kleinste Erhöhungen bei den Sozialabgaben zu hohen Kostensteigerungen führen. „Das drückt am Ende des Tages die Einkommen und die Attraktivität sinkt“, beschreibt Paukner den Effekt. „Diese Spirale muss durchbrochen werden.“ Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, ist damit auch ein Prozess, der auf den unterschiedlichsten Ebenen stattfindet und der aktiv gestaltet werden muss, um dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden.

Zum TSD-Dienstleistungsspektrum

Neben der politischen Agenda ging es auf der TSD-Herbstmitgliederversammlung noch um verschiedene Projekte aus der Berufsbildung, der Normungsarbeit und dem Verbandsmarketing. Während beispielsweise in Sachen Holzstaub, Asbest, VOC sowie der verbändeübergreifenden Homepagearchitektur und der Born2b-Nachwuchskampagne aktuelle Projektstände vorgestellt wurden, die erst in den kommenden Wochen abgeschlossen sein dürften, wurde es in puncto digitales Berichtsheft und Gebäudeenergiegesetz schon deutlich konkreter. So hat sich das digitale Tischler-Schreiner-Heft – neben dem kürzlich erweiterten Weiterbildungsangebot der Innungsorganisation – schon nach wenigen Monaten zu einem absoluten Top-Angebot entwickelt, dass bereits nach kurzer Zeit von zehn Prozent der Auszubildenden im Tischler- und Schreinerhandwerk verwendet wird.

Bereits im Juli modifiziert wurde zudem das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – und zwar durch das „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“. Wichtig zu wissen: An den Werten für das Referenzgebäude wurde nichts geändert. Der geforderte UW-Wert für Fenster in der Anlage 1 und 2 für Wohn- und Nichtwohngebäude liegt weiterhin bei 1,3 W/m²K. Allerdings wurde der Faktor zur Bewertung des Jahresprimärenergiebedarfs von 0,75 auf 0,55 reduziert. Damit müssen Gebäude zukünftig energetisch besser gedämmt oder mit effektiveren Heizungen versehen werden. Lediglich die Werte für das vereinfachte Nachweisverfahren (Modellgebäudeverfahren, früher EnEV easy), das in der Regel wenig angewendet wird, wurden abgesenkt. Anzuwenden sind alle Anpassungen ab 1. Januar 2023.

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