EU-Notfallverordnung gegen hohe Energiepreise: Geplanter Preisdeckel für Erdgas schafft Unsicherheit
Dazu Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU):
„Mehrere Mitgliedstaaten wollen den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission für eine Notfallverordnung gegen hohe Energiepreise weitgehend verändern. Nach uns vorliegenden Informationen hätte der Mechanismus bei einer Einigung bei einem deutlich niedrigeren Preisniveau gegriffen, als ursprünglich von der Kommission vorgesehen. Auch wären die Eintrittsbedingungen niedriger gewesen. Das hätte die Versorgungssicherheit gefährdet.
Immer deutlicher wird, dass die Diskussionen bereits zu noch mehr Verunsicherung in den jetzt schon sehr unsicheren Handelsmärkten beiträgt. An der Börse drohen stark steigende Sicherheitsleistungen für alle Handelsteilnehmer. Über die Anhebung der Marginverpflichtungen reagiert die Börse auf einen potenziell höheren Glattstellungsschaden durch einen illiquiden Börsenhandel, wenn die Preiskorrektur beschlossen würde.
Schon jetzt gibt es Meldungen, dass ICE als wichtigste Börse für den Gashandel in Europa die Sicherheitseinlagen um bis zu 80 Prozent anheben würde, sollte der Preisdeckel beschlossen werden. Die bereits hohe Liquiditätsbelastung der Energieversorgungsunternehmen wird dadurch zusätzlich verschärft.
Mit steigenden Anforderungen, Liquidität für die Absicherung von Handelsgeschäften bereit zu halten, würde auch die Möglichkeiten für Energieversorger generell eingeschränkt werden, Preissicherungsgeschäfte zu tätigen. Darunter würde konkret die Preissicherheit für alle Verbraucher leiden. Denkbar wäre auch, dass die Liquidität im Terminhandel durch den Preisdeckel zurückgeht und die Gasbeschaffung stärker im Spotmarkt stattfände. Dies würde die Preisvolatilität im Gas- und Strommarkt zusätzlich erhöhen und ginge einher mit mehr Preisrisiken, auch für die Energieverbraucher.
Notallverordnung mit Schlupfloch
Der Entwurf der EU-Kommission bietet bereits jetzt schon ein Schlupfloch, um sie zu umgehen und damit droht letztlich seine Unwirksamkeit: Die Einschränkung auf nur wenige börsengehandelte Produkte, für die die Preisobergrenze gelten würde, würde nur einen kleinen Teil des Gashandels abdecken. Für den längerfristigen Terminhandel, den Spot- und OTC-Handel würde der Deckel nicht gelten.
Jeglicher fixe Preisdeckel ist kritisch, weil damit Knappheitssignale und -preise, die der Markt sendet, unterdrückt werden. Die Sorge, dass Gasmengen von Europa nach Asien weggeleitet werden, ist durchaus realistisch, gerade jetzt, da China seine Null-Covid-Politik lockert. Beide Faktoren sind in Zeiten einer angespannten Supply-Seite mit Blick auf die Versorgungssicherheit als ungünstig einzuschätzen. Die Märkte arbeiten effizient, es sollte aus den dargelegten Gründen nicht eingegriffen werden.“
Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 283.000 Beschäftigten wurden 2019 Umsatzerlöse von 123 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 13 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Gas 67 Prozent, Trinkwasser 91 Prozent, Wärme 79 Prozent, Abwasser 45 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 203 Unternehmen investieren pro Jahr über 700 Millionen Euro. Beim Breitbandausbau setzen 92 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude. Wir halten Deutschland am Laufen – klimaneutral, leistungsstark, lebenswert. Unser Beitrag für heute und morgen: #Daseinsvorsorge. Unsere Positionen: 2030plus.vku.de.
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