Notfallversorgung in Hamburg in Gefahr: Hamburg muss sofort eine Task Force einrichten!
Was die Situation in den Notaufnahmen aktuell weiter verschärft: Auch der Rettungsdienst wird immer öfter für Bagatellfälle in Anspruch genommen und bringt sie dann in die Kliniken zur Abklärung. Und Pflegeheime, denen die ärztliche Versorgung fehlt, schicken Patient:innen immer öfter in die Notaufnahmen, nehmen sie nach einer Akutversorgung oder nach abgeklungenen Corona-Infektionen aber oft nicht zeitnah zurück. „Die Notaufnahmen stehen dann vor der Herausforderung, leitliniengerecht Herzinfarkte, Schlaganfälle und schwer Verletzte zu versorgen, obwohl schon alle Räume und Flure voll sind und das Personal kaum noch Zeit zum Luftholen hat. Das ganze System krankt, wir haben ein echtes Versorgungsproblem“, so PD Dr. Sheikhzadeh, „aber es gibt Wege aus der Krise. Wir müssen das nur gemeinsam angehen, und dafür ist die Task Force der erste Schritt.“
Forderungen und Vorschläge zur Sicherstellung der Notfallversorgung in Hamburg
Aus Sicht der Asklepios Kliniken lässt sich die Notfallversorgung in der Stadt durch wenige, aber wesentliche Maßnahmen verbessern. Das sind die Eckpfeiler einer stabilen und effizienten Notfallversorgung:
Die Leitstellen müssen unterstützt werden
Die Leitstellen der Feuerwehr (112) und vom „Arztruf Hamburg“ (116117) der Kassenärztlichen Vereinigung müssen dringend vernetzt werden, um abgestimmte, standardisierte Notrufabfragen zu ermöglichen. Parallelstrukturen verwirren und verschwenden wertvolle Ressourcen.
Eine erweiterte Digitalisierung verschafft den Disponent:innen einen besseren Überblick und ermöglicht die zielgenaue Steuerung der Patientenströme. Die in einigen Bundesländern sehr gut etablierte Software IVENA ermöglicht zum Beispiel einen Bettenkapazitätsnachweis in Echtzeit. Sie sollte kurzfristig auch in Hamburg eingeführt werden. In Hamburg ist derzeit nur der Notfall-Informations- und Dokumentations-Assistent NIDA in Betrieb, bei dem die Kliniken über die Ankunft von Notfällen durch den Rettungsdienst informiert werden. Wichtig ist aber eine bessere Lenkung der Notfälle.
Die Leitstellen der Rettungsdienste benötigen künftig auch ein eigenes, transparentes Meldesystem für die Auslastungen der Zentralen Notaufnahmen. Als Vorreiter bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen könnte Asklepios bei der Entwicklung und Implementierung unterstützen.
Der ambulante Sektor muss die medizinische Versorgung in Hamburg stärken
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit den niedergelassenen Haus- und Fachärzten ist primär zuständig für die ambulante medizinische Versorgung in der Stadt und sollte einen eigenen ärztlichen Versorgungsdienst für Pflegeheime (stationär oder mobil) etablieren. Es sollte eine angemessene und zuverlässige medizinische Betreuung der Bewohner:innen von Pflegeheimen gewährleistet sein. So lassen sich unnötige Einweisungen und Transporte in die Notaufnahmen vermeiden – und es entfallen auch die Rücktransporte. Das reduziert die Infektionsgefahr und entlastet Rettungsdienste in erheblichem Maße. Asklepios könnte den ambulanten Sektor hier durch sein Großlabor Medilys mit Sets für Blutentnahmen und schnelle Laboruntersuchungen unterstützen.
Auch den Pflegediensten sollte seitens der KV Unterstützung durch ärztliche Beratung angeboten werden. Dies kann ebenfalls zu einer Reduzierung von unnötigen Klinikeinweisungen führen.
Ein weiterer Vorschlag zur schnellen Verbesserung der angespannten Situation in den überlasteten Notaufnahmen ist die Etablierung bzw. Stärkung eines „Uro-Mobils“, eines speziell ausgestatteten Einsatzfahrzeugs, um Neuanlagen und Wechsel von Dauerkathetern vor Ort bei den Patient:innen oder in den Pflegeheimen durchzuführen und einen Transport in die Klinik zu vermeiden. Dieses würde sicherlich (auch als Pilotprojekt) von Krankenkassen unterstützt, da hierdurch eine Menge (Transport-)Kosten eingespart werden können. Das Projekt könnte auch auf die mobile Wunden- bzw. Drainagekontrolle ausgeweitet werden. Ein oder zwei mobile Teams im Stadtgebiet würden reichen, um unzählige Fahrten der Rettungs- und Transportdienste zu verhindern und wertvolle Ressourcen in den Kliniken zu schonen.
Die Rettungsdienste müssen entlastet und gestärkt werden
Die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung in der Stresemannstraße und die vielen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in der Stadt sollten ebenso wie die Notaufnahmen der Kliniken vom Rettungsdienst angefahren werden. Dies sollte für Patient:innen möglich sein, die absehbar einer ambulanten Behandlung bedürfen und nicht zwingend in eine voll ausgestattete zentrale Notaufnahme gehören. Etwa Patient:innen mit Wundversorgung älterer und auch kleinerer Wunden oder Beschwerden, die nicht akut sind, sondern bereits seit langem bestehen.
Die Pandemie-Maßnahmen müssen auf den Prüfstand
In den Kliniken und in den Rettungsdiensten fehlt derzeit zu viel Personal, weil auch asymptomatische Kolleg:innen aufgrund der gültigen Quarantäneregelungen ihren Dienst nicht antreten können. Grundsätzlich sollten ab sofort die Entscheidungsgrundlagen für Quarantänemaßnahmen umgestellt werden: Sie müssen sich nicht am Infektionsgeschehen und den vielen asymptomatischen Fällen orientieren, sondern an der Anzahl wirklicher COVID-Erkrankungen. COVID hat mittlerweile eine geringe Mortalitätsrate und eine Überlastung des Gesundheitssystems durch COVID ist nicht mehr zu erwarten. Entsprechend sollte in den Kliniken auch eine Kohortenisolation zugelassen werden (also zum Beispiel die Unterbringung von zwei positiv auf das Corona-Virus getesteten Patient:innen in einem Zimmer). Bis zum „Cut-Off“ von definierten Mortalitätsraten sollte – unter Beobachtung des Gesundheitsamtes – das Management innerklinischer Infektionen wieder in die professionellen Hände der Kliniker:innen vor Ort übertragen werden.
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