VKD: Wir lassen nicht locker!
Eigentlich sei es fast müßig, immer wieder auf die Versäumnisse der letzten zehn Jahre zu verweisen, die der VKD nicht müde wurde, der Politik in Bund und Ländern sowie der Öffentlichkeit vorzutragen. Jetzt rächen sich allerdings Ignoranz und Untätigkeit. Und augenscheinlich wird sich daher auch im kommenden Jahr vermutlich wenig ändern. Die meisten unserer Mitglieder gehen davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage ihrer Häuser in den nächsten Jahren nicht wesentlich verbessern wird. In diesem Jahr werden vermutlich fast 70 Prozent der Kliniken rote Zahlen schreiben, wie die Krankenhausstudie 2022 von Roland Berger zeigt. Im vorigen Jahr waren es noch 62 Prozent. Auch das war natürlich schon sehr beunruhigend. Man könnte vielleicht auch einmal mehr auf die Praxis hören, die als erstes diese Einbrüche und Vorzeichen zu spüren bekommt.
Klare Ansagen zur sich verschlechternden Lage
Unser Verband hat sich sowohl in den Landesgruppen als auch auf Bundesebene intensiv mit den alles beherrschenden Themen beschäftigt, gegenüber Politikern und Abgeordneten in Bund und Ländern, Vertretern der Kommunen und Länder die Lage der Kliniken geschildert. Es waren klare Ansagen. In unserer 64. Jahrestagung Ende April mit 250 Teilnehmern, vielen weiteren auch per Video zugeschaltet, forderten wir stabile und langfristige Lösungen für unsere immer ernster werdenden Probleme.
Wir mussten aber feststellen, dass der ebenfalls per Video zugeschaltete Bundesgesundheitsminister keinesfalls daran dachte, die Ausgleichszahlungen für die Krankenhäuser wieder in Kraft zu setzen. Offenbar habe er die aktuelle Situation der Krankenhäuser nicht verstanden, so der Eindruck vieler Teilnehmer. Kerstin Ganskopf, Vorsitzende der VKD-Landesgruppe Nord – Hamburg und Schleswig-Holstein – sprach ihnen aus dem Herzen, als sie Karl Lauterbach einen kurzen Einblick in die Praxis gab und erklärte, eine stabile Finanzierung bedeute nicht, dass sich das Management täglich fragen müsse, wie es mit seinen Häusern über die Runden kommen könne. „Wir brauchen Entscheidungen nicht im Herbst, wir brauchen sie jetzt.“
Das betonte Dr. Düllings dann nochmals zur Eröffnung des 45. Deutschen Krankenhaustages, dessen Präsident er in diesem Jahr war. Er forderte gleichzeitig, auf jeden Fall die Praktiker in die Erarbeitung der angekündigten Krankenhausreform eng einzubeziehen. Viele Diskussionen am mit rund 150 Gästen sehr gut besuchten Medica-Stand des VKD, der wieder Treffpunkt für Mitglieder, Partner und Interessenten war, drehten sich natürlich ebenfalls um die Situation der Krankenhäuser.
Hilfspaket zugesagt – wann kommt es?
In den folgenden Wochen ließ die Politik die absehbar sich verschlimmernde Situation aber weiter eskalieren. Erst im Spätherbst wurde dann angesichts der Energiekrise und der nochmals massiv gestiegenen Inflation ein Hilfspaket zugesagt, dass allerdings – so kommentierte der VKD-Präsident – allenfalls die erheblichen Defizite der vergangenen beiden Jahre ausgleichen würde, für das Jahr 2023 aber keinerlei Sicherheit biete. Bis Mitte Dezember war auch von diesem zugesagten Hilfspaket bei den Kliniken noch nichts angekommen. Die Konten stehen weiter tief im Rot und die mit Versicherungsbeiträgen Begünstigten sind die Banken. Auch ein Geschäftsmodell – wenn diese Förderung politisch gewollt ist.
Ohne die Praktiker kann die Reform kaum gelingen
Gibt nun das im Dezember vorgestellte Konzept einer großen Krankenhausreform Hoffnung? Bisher ist es allenfalls ein erster Schritt zur Lösung eines komplexen Problems, dessen Richtung erst wirklich sichtbar sein wird, wenn alle Beteiligten mit ins Boot genommen wurden. Das fordert der VKD, aber ist es wirklich vorgesehen? Es sind sehr viele Fragen offen, die nur gemeinsam mit den Praktikern in den Krankenhäusern beantwortet werden könnten. Einige der vorgeschlagenen Regelungen werden aus heutiger Sicht absehbar deutlich kontraproduktiv wirken. Dazu gehört, dass die Reform aus einer extremen Krise heraus starten soll und an diesem Startpunkt die Kliniken bereits mit hohen Defiziten belastet sind. Auch zur mangelhaften Investitionsfinanzierung der Häuser durch die Bundesländer geht das Konzeptpapier nur am Rande ein. Dabei ist diese investive Mangelernährung seit vielen Jahren ein Hauptproblem für die Situation der Krankenhäuser.
Wir werden sehr viele und kontroverse Diskussionen erleben. Das ist sicher. Der VKD fordert, dass angesichts der angestrebten komplexen Veränderungen innerhalb und außerhalb der Krankenhäuser sowie der Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung insgesamt, die praktischen Erfahrungen berücksichtigt werden. Ohne sie wird es nicht zu einer gelingenden Umsetzung kommen. Für die anschließenden Systemmängel, mit denen dann alle Beteiligten – insbesondere die Patienten – leben müssen, können dann nicht die Kliniken verantwortlich gemacht werden.
Wir können nicht fünf Jahre warten
Was uns allen in unserem Verband aber aktuell unter den Nägeln brennt, sind die bisher zugesagten, aber noch fehlenden Hilfsmittel. Die große Reform, so wichtig sie ist, wird uns im kommenden Jahr noch nicht helfen. Für ihre Umsetzung plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fünf Jahre ein. Wie viele Kliniken werden dann noch ihren Dienst an den Patienten versehen können?
„2022 war ein hartes Jahr für alle, die für die Gesundheitsversorgung in diesem Land arbeiten. Unsere Leute brennen für ihren Job, laufen derzeit aber Gefahr, dafür auszubrennen. Die roten Konten der Kliniken sind Symbol auch für einen sich ankündigenden gesellschaftlichen Burnout der Patientenversorgung. Die Bevölkerung erwartet klares, präventives Handeln zur Abwendung weiterer Eskalationsstufen“, so Dr. Düllings.
Das kommende Jahr wird nicht einfacher werden, denn die Herausforderungen und Probleme sind nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Was wir benötigen, bevor wir intensiv in einen Veränderungsprozess einsteigen können, sind kurzfristige Lösungen für die sichere Versorgung unserer Patienten. Die Mitglieder des VKD – die Klinikführungskräfte – haben gemeinsam mit ihren Mitarbeitern schon schwierige Situationen gemeistert, nicht erst seit der Corona-Pandemie. Der Verband hat dabei immer wieder viele wichtige Impulse in die Gesundheitspolitik gegeben. Das zeigt auch die lange Geschichte des VKD, der Anfang Juli kommenden Jahres im Rahmen seiner Jahrestagung sein 120. Gründungsjubiläum feiert. Wir werden auch in der aktuellen Situation nicht lockerlassen.
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