Forschung und Entwicklung

Weniger Transportunfälle durch neue Fraunhofer-Sicherheitstechnik

In Lagerhallen herrscht viel Verkehr. Besonders die Zahl der Flurförderzeuge, wie Gabelhubwagen oder Gabelstapler, wächst in den Gängen der immer größer werdenden Lagerhallen. Trotz zahlreicher Sicherheitsmaßnahmen kommt es aber immer wieder zu Unfällen. Optische Sensoren an Flurförderzeugen sollen Lagermitarbeitende nun noch besser bei ihrer Arbeit schützen. Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für optische Messtechnik und Oberflächentechnologien AZOM entwickelte gemeinsam mit BASF SE und Kinotex Sensor GmbH Prototypen für mehr Sicherheit im Arbeitsalltag.

Mit speziell entwickelten optischen Sensoren will das Fraunhofer-Anwendungszentrum in Zwickau, eine Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, innerbetriebliche Transportunfälle mit Flurförderzeugen zukünftig reduzieren. Dafür stellte BASF gleich zwei Gabelhubwagen zur Verfügung. »In unseren Betrieben und Lagerhallen am BASF-Standort Ludwigshafen sind täglich hunderte Flurförderfahrzeuge im Einsatz. Unser Interesse ist es, durch die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Anwendungszentrum eine Sicherheitstechnik in die Fahrzeuge zu integrieren, die unsere Mitarbeitenden noch besser schützen kann«, betont Dr. Christian Fischmann, Betriebsleiter Fahrzeugtechnik bei BASF SE in Ludwigshafen. Gemeinsam mit Kinotex steht er im Projekt als Auftraggeber beratend zur Seite. »Unser System dient dazu, den Nutzer vor Quetschungen vor allem im Fußbereich zu schützen«, erklärt Prof. Dr. Peter Hartmann, Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums. »Dafür entwickelte unser Forschungsteam einen speziellen Näherungssensor. Dieser erkennt, wenn sich der Bediener zu nah im Gefahrenbereich vor dem Fahrzeug befindet und bremst dieses ab.«

Kombination von Laserpulsen und Sensorik

Durch die Aussendung von Laserpulsen mit definierter Länge und Abständen zueinander entsteht bei deren Reflektion an Hindernissen eine Entfernungsinformation. Als besondere Neuerung kombiniert das entwickelte System die Information aus mehreren Raumrichtungen und überwacht kontinuierlich ein fächerförmiges Areal um die von BASF zur Verfügung gestellten Gabelhubwagen. In Kooperation mit Kinotex wird dazu das Signal eines zweiten optischen Sensors, der auf Druck reagiert, mit der Entfernungsinformation verarbeitet. Der taktile Sensor kann das Fahrzeug stoppen, es automatisch ein kurzes Stück zurückfahren und dadurch den Bediener vor Quetschungen schützen. Dass der Gabelhubwagen reversierend auf einen Annäherungssensor reagiert, ist ein Alleinstellungsmerkmal der neuen Sicherheitstechnik, die durch Mitarbeitende bei BASF getestet wurde. Ihr Feedback fließt in weitere Optimierungsarbeiten der Technik mit ein. Auch die Berufsgenossenschaft steht den Forschenden als beratendes Organ zur Seite.

Hersteller zeigen bereits Interesse

BASF stellte beide Prototypen bereits auf Fachtagungen und Messen aus. Das Interesse von Nutzern und Herstellern ist groß. »Die Technik kann bei nahezu allen Transportfahrzeugen eingesetzt werden. Insbesondere ist sie für autonom fahrende Transportfahrzeuge interessant«, berichtet Dr. Christopher Taudt, Gruppenleiter Oberflächenmesstechnik im Fraunhofer AZOM. Daher arbeitet er mit seinem Team weiter an der technischen Optimierung der Sicherheitstechnik. »Aktuell arbeiten wir an der Idee, die Sensoren in eine Art nachrüstbare Sensorleiste zu integrieren, anstatt sie fest im Fahrzeug einzubauen. Damit könnte jeder Fahrzeugtyp unterschiedlicher Hersteller nachgerüstet werden«, ergänzt Taudt.

Neues System schließt Sicherheitslücke

Prellungen, Quetschungen oder Knochenbrüche sind laut einer Statistik der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung DGVU die häufigsten Verletzungen durch Gabelhubwagen oder Gabelstapler, sogenannte Flurfördermittel. Diese fahren sechs bis sieben Kilometer pro Stunde und wiegen ohne Zuladung teilweise über 500 Kilogramm. Bisher gibt es für diese Fahrzeuge keine Sicherheitstechnik, die vor Unfällen im Fußbereich schützen kann. Hier schließt das System eine Sicherheitslücke.

Über das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Oberflächentechnologien und Optische Messtechnik (AZOM)

Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS betreibt in Kooperation mit der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Optische Messtechnik und Oberflächentechnologien (AZOM). Dort erforschen und entwickeln Forschende die neuesten Ansätze der optischen Messtechnik, Bildverarbeitung, Prozesskontrolle und Oberflächencharakterisierung. Ziel ist es, die Forschungsergebnisse schnell und direkt in applikationsspezifische Lösungen für industrielle Prozesse zu transferieren. Das Fraunhofer AZOM bildet eine Schnittstelle zwischen angewandter Wissenschaft und Industrie in den Feldern Medizintechnik, Kraftfahrzeugtechnik, dem Maschinenbau und der Halbleitertechnologie.

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