Finanzen / Bilanzen

China: neues Jahr, neue Chancen

Das für viele Beobachter plötzliche Ende der Corona-Maßnahmen in China führt zu interessanten Investmentchancen. Zu dieser Erkenntnis kommt Frank Schwarz, Portfoliomanager des MainFirst Megatrends Asia. Sowohl Luxusmarken als auch die Reisebranche könnten vom Aufholbedarf der chinesischen Konsumenten profitieren. 

Das chinesische Jahr des Tigers ist zuende, am 22. Januar 2023 hat das Jahr des Hasen begonnen. „Mit den Ferien rund um das chinesische Neujahr ist genau jetzt die Hauptreisezeit der Chinesen. Das Verkehrsministerium rechnet mit einer Erholung auf 70 Prozent des Normalniveaus. Spricht man mit Reiseplattformen, deutet vieles darauf hin, dass diese Zahl übertroffen werden kann“, erklärt Aktienexperte Schwarz. Pünktlich vor dem chinesischen Neujahr ist das Reich der Mitte zur Normalität zurückgekehrt: Die chinesische Regierung hat die Corona-Maßnahmen beendet und gleichzeitig zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen ergriffen, um eine rasche Erholung der Wirtschaft zu gewährleisten. „In Verbindung mit einer historisch niedrigen absoluten und relativen Bewertung des chinesischen Aktienmarktes ist dies eine gute Ausgangsposition für Investoren“, so der Portfoliomanager. Internationale Fonds hätten zudem eine starke Untergewichtung in chinesischen Aktien – auch dies spreche für einen zu erwartenden Aufwärtstrend.

Rasche Zunahme der Reisezahlen erwartet

Dass sich die Lage nach dem Lockdown in den chinesischen Millionenstädten bereits normalisiert, belegt der U-Bahn-Verkehr: Innerhalb einer Woche erreichte er fast wieder das Normalniveau. Gleiches gilt für den Verkehr auf den Autobahnen. Die Inlandsflüge liegen derzeit bei 82 Prozent des Niveaus vor Corona im Jahr 2019. „Während sich der Inlandsverkehr schnell erholt und bereits im zweiten Quartal neue Rekordwerte erreichen kann, dauert es bei internationalen Flügen noch deutlich länger“, weiß Schwarz. Das Potenzial ist groß: Es hat in den letzten drei Jahren einen Rückgang von 95 Prozent gegeben. „Die Buchungen nehmen wieder stark zu, insbesondere für Reisen nach Hong Kong, Macau und Thailand. Bei Zielen wie den USA oder Frankreich wird es wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, bis das Niveau von 2019 wieder erreicht wird.“ 

Interessante Investitionen könnten somit Aktien von Reiseveranstaltern, Hotels, Restaurants und Duty-Free Anbietern sein. „Zu den stark steigenden Volumina auf der Nachfrageseite kommt eine Verknappung des Angebots. Dieses Phänomen war nach dem Wegfall der Corona-Reisebeschränkungen auch in Europa mit Rekordpreisen für Flüge, Hotels oder Mietwagen zu beobachten“, erläutert Schwarz. Mit Blick auf europäische Aktien hat der Experte insbesondere Luxusgütermarken wie LVMH, Richemont oder L’Òréal auf der Liste: „Vor Corona kamen 31 Prozent der Ausgaben bei Luxusgütern von chinesischen Bürgern. Aufgrund der Reisebeschränkungen ist diese Zahl auf derzeit 19 Prozent gesunken“, rechnet Schwarz vor. Dabei habe sich die Vermögenssituation der Chinesen weiter verbessert. „Jetzt erwarten wir, dass es zu einem gewissen ‚Revenge spending‘ kommt, sowohl bei Reisen als auch bei Handtaschen und weiteren Produkten.“ 

Nachholbedarf bei Luxusgüterkonsum 

In der Vergangenheit hätten Chinesen etwa die Hälfte der Ausgaben für Luxusgüter im Ausland auf Reisen und die andere Hälfte im Inland getätigt. „Zum einen, da eine Louis Vuitton-Tasche in Paris etwa 30 Prozent günstiger ist als in China. Zum anderen ist insbesondere bei der Social-Media-Generation das wahrgenommene Einkaufserlebnis in Paris oder Mailand nicht zu unterschätzen“, so Schwarz. „Analysten gehen davon aus, dass die weltweiten Umsätze im Luxussektor in diesem Jahr um fünf Prozent steigen werden – bei einer Erholung in China könnte die Zahl bei elf Prozent liegen. Kommt ein Teil der Auslandsreisen zurück, wäre für Luxusunternehmen im Durchschnitt sogar ein Wachstum von 15 Prozent möglich.“ 

Allerdings mahnt Schwarz auch zur Vorsicht: „Der relativ abrupte Richtungswechsel in der chinesischen Null-Covid-Strategie und die jetzt dort vorherrschende Welle von Omikron-Fällen könnte die Situation wieder verschärfen.“ Er hält mehrere Szenarien für möglich: „Ein weiterer Lockdown hätte massiven Einfluss auf den weltweiten Handel. Sollte China erneut seine Grenzen schließen, hätte dies zudem drastische Auswirkungen auf das Reiseverhalten.“ Seitens einiger Länder existieren bereits Einschränkungen für Reisende aus China: So verlangen unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Südkorea vor der Einreise den Nachweis eines negativen Covid-Tests. Eine rasche Überwindung der Omikron-Welle in China könnte jedoch auch zu einer schnellen Erholung der Reisezahlen führen. 

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