eurocom-Positionspapier: Ausnahmeregelung der UDI-Kennzeichnung schaffen und Sammlung klinischer Daten erleichtern
Forderungen der eurocom:
1. Es müssen Ausnahmeregelungen geschaffen werden für die Anforderungen zur Direktkennzeichnung im System der eindeutigen Produktidentifikation (Unique Device Identifier – UDI) bei Hilfsmitteln zur Versorgung eines einzigen Patienten (single patient, multiple use).
2. Die Sammlung klinischer Daten bei etablierten Hilfsmitteln der Klasse I muss erleichtert werden.
Pflicht zur Direktkennzeichnung der UDI bei wiederverwendbaren Hilfsmitteln zur Versorgung eines einzigen Patienten ist überzogen
Das mit der MDR eingeführte UDI-System fordert zusätzlich, neben den sonstigen Kennzeichnungsvorschriften für Medizinprodukte, die Anbringung der UDI. Der sogenannte UDI-Träger (also die Darstellung der UDI in maschinen- und menschenlesbarer Form) ist grundsätzlich auf der Verpackung sowie auf dem Produkt selbst anzubringen. Diese Pflicht führt bei bestimmten Produkten, die für eine qualitativ hochwertige und preisgünstige Hilfsmittelversorgung unerlässlich sind, zu aufwendigen Eingriffen in die Fertigungsverfahren der Produkte. Beispielhaft zu nennen sind Kompressionsstrümpfe oder Bandagen. Gemäß der MDR kann die direkte Kennzeichnung hier nicht einfach durch einen Aufkleber am Produkt vorgenommen werden, denn typischerweise werden diese Klasse I-Produkte von einem einzigen Patienten über einen längeren Zeitraum verwendet und sollen dabei vor allem aus hygienischen Gründen regelmäßig gereinigt werden. Ein Aufkleber würde sich durch die Reinigung oder sonst im täglichen Gebrauch schnell lösen. In der Praxis müssen Hersteller solcher Hilfsmittel aufwendige technische Lösungen entwickeln, um die UDI dauerhaft am Produkt, das nur von einer Person genutzt wird, lesbar zu machen. Wohlgemerkt zusätzlich zur UDI auf der Verpackung, die dem Patienten ebenfalls zur Verfügung gestellt wird. Die Folgen liegen für die eurocom-Geschäftsführerin auf der Hand: „Durch die Anforderung der Direktkennzeichnung bei etablierten Hilfsmitteln der Klasse I steigen die Kosten für Verbraucher und die Solidargemeinschaft, ohne die Sicherheit der Hilfsmittel zu verbessern. Relevante Vorfälle, die eine verbesserte Rückverfolgbarkeit über eine direkte UDI-Kennzeichnung bei einem einzigen Patienten erfordern würden, bestehen nicht. Eine gewünschte Nachverfolgbarkeit von Aufbereitungszyklen scheidet bei den beschriebenen Hilfsmitteln für einen einzigen Patienten ebenfalls aus. Im Gegenteil: Das Ziel der Patientensicherheit wird durch unnötig steigende Verbraucherkosten und einen dadurch drohenden Abbau hochwertiger Hilfsmittelversorgung sogar gefährdet, da diese zu den bislang von den Krankenkassen erstatteten Preisen nicht mehr kostendeckend produziert werden können.“
Klinische Prüfungen bei etablierten Hilfsmitteln der niedrigsten Risikoklasse I verzögern und verteuern Innovationen
Bei Hilfsmitteln der Klasse I handelt es sich häufig um Bestandsprodukte, die sich bereits lange in der hochwertigen und durch industrielle Serienproduktion kostengünstigen Patientenversorgung bewährt haben. Die MDR fordert auch für solche Hilfsmittel die Sammlung und Bewertung von deutlich mehr klinischen Daten, als dies unter dem Richtlinienrecht und dem Medizinprodukte-Gesetz der Fall war. Die in der eurocom organisierten Unternehmen haben sich den gestiegenen Anforderungen bei der Umstellung ihrer Klasse I-Produkte auf MDR-Konformität zum 26.05.2021 gestellt. Allerdings zeigen die praktischen Erfahrungen, dass der enorme Aufwand zur Sammlung klinischer Daten zu erheblichen Mehrkosten für die Verbraucher führt. Dies gilt auch für Bestandsprodukte, die künftig für neue Indikationen bewertet werden sollen, sowie für Innovationen im Hilfsmittelbereich.
In der Praxis erweist sich insbesondere die gegenüber dem bisherigen Richtlinienrecht deutlich restriktivere Äquivalenzbetrachtung als ein Hemmnis ohne erkennbaren Mehrwert für die Patientensicherheit.
Aufgrund der deutlich restriktiveren Voraussetzungen für eine Äquivalenzbetrachtung müssen auch bei Produkten der Klasse I vermehrt klinische Prüfungen durchgeführt werden. Abgesehen vom personellen und finanziellen Aufwand ist diese Anforderung praktisch kaum umsetzbar, allein schon deswegen, weil Patienten bei den der Hilfsmittelversorgung zugrundeliegenden Indikationen meist nicht in Kliniken, wo zügig Patienten für klinische Studien rekrutiert werden können, behandelt werden. Dementsprechend schwer ist es, überhaupt geeignete Prüfzentren zu finden. „So werden Innovationen bei Hilfsmitteln der Klasse I verzögert und verteuert. Manche Innovationen dürften durch die – gemessen am Risikoprofil der Produkte – unnötig hohen Hürden sogar verhindert werden. Eine hochwertige und bezahlbare Versorgung wird so eher gefährdet statt gefördert“, schließt Hagemeier.
eurocom ist die Herstellervereinigung für Kompressionstherapie, orthopädische Hilfsmittel und digitale Gesundheitsanwendungen. Der Verband versteht sich als Gestalter und Dialogpartner auf dem Gesundheitsmarkt und setzt sich dafür ein, das Wissen um den medizinischen Nutzen, die Wirksamkeit und die Kosteneffizienz von Kompressionstherapie und orthopädischen Hilfsmitteln zu verbreiten. Zudem entwickelt eurocom Konzepte, wie sich die Hilfsmittelversorgung aktuell und in Zukunft sicherstellen lässt. Dem Verband gehören nahezu alle im deutschen Markt operierenden europäischen Unternehmen aus den Bereichen Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel an.
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