Kohlekraftwerk Lünen: Rechtsstreit nach 15 Jahren beendet
Der BUND hatte gegen den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid sowie die 1. und 7. Teilgenehmigung, jeweils von November 2013, für das Steinkohlekraftwerk geklagt. Seit Dezember 2013 ist das Kraftwerk in Betrieb. Am 13. Januar 2023 – drei Tage vor Beginn der mündlichen Verhandlung – reduzierte die Bezirksregierung Arnsberg per Änderungsbescheid den erlaubten Ammoniakausstoß des Kraftwerks nochmals um 80 Prozent. Der wichtigste Ansatzpunkt der Klage war damit erledigt.
„Auch wenn wir das Kraftwerk letztlich nicht stoppen konnten, haben wir gegen den jahrelangen Widerstand der Landesbehörden viel für die Umwelt erreicht“, sagte der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper. „Allerdings verhindert der Gesetzgeber, dass selbst rechtswidrige Genehmigungen auf der Basis von manipulierten Gutachten effizient beklagt werden können. Anstatt endlos mit gewaltigem Aufwand weiter zu prozessieren, haben wir auf entsprechende Hinweise des Gerichtes deshalb entschieden, dieses Verfahren zu beenden. Zudem ist das Ende der Kohleverstromung absehbar.“
Mit der Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im Jahre 2017 ist es fast unmöglich geworden, Genehmigungen umweltschädlicher Anlagen per Klage aufheben zu lassen. Zudem werden rechnerisch ermittelte Schadstoffeinträge inzwischen durch ein sogenanntes Abschneidesystem der Betrachtung entzogen. Im Ergebnis steigen die Gesamtbelastungen in den betroffenen Schutzgebieten wieder an. Die Berücksichtigung der Schadstoffeinträge endet beim Kraftwerk Trianel damit teilweise schon wenige Meter vom Betriebsgelände entfernt. Allerdings hatte das Bundesverwaltungsgericht in der Revisionsinstanz eben dieses Vorgehen abgesegnet. An diese aus BUND-Sicht nicht nachvollziehbaren Vorgaben fühlte sich das Oberverwaltungsgericht jetzt offenbar gebunden.
„Durch solche Regelungen wird ein effektiver Schutz von Natur und Umwelt verhindert“, konstatiert der BUND-Anwalt Dirk Teßmer. „Das Umwelt- und Prozessrecht ist leider auf die Realisierung von Vorhaben und nicht die Durchsetzung des Schutzes der Umwelt ausgerichtet.“
Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts ließ in der mündlichen Verhandlung durchblicken, dass die Erfolgsaussichten der BUND-Klage aufgrund der erneuten Emissionsminderung jetzt nur noch gering seien. Dabei waren im Zuge der Verhandlung wieder zahlreiche Genehmigungsmängel deutlich geworden. Vom Gericht bestellte unabhängige Gutachter bestätigten, dass offenbar vorsätzlich eingebaute Fehler bei der Berechnung der Schadstoffbelastung der FFH-Schutzgebiete u.a. in den Cappenberger Wäldern gemacht wurden.
Auch wenn durch die Einstellung des Verfahrens jetzt zahlreiche Fragen ungeklärt blieben, hat sich der jahrelange juristische Einsatz nach Ansicht des BUND gelohnt. Über den Umweg zum Europäischen Gerichtshof konnte Umweltverbänden europaweit der Zugang zu Gericht zur Überprüfung von Plänen und Genehmigungen erkämpft werden. Zudem setzte der BUND eine drastische Senkung des genehmigten Schadstoffausstoßes des Kraftwerkes durch: beim Ammoniak um 90 Prozent, bei Schwefeldioxid und Stickoxiden um rund 60 Prozent sowie beim Quecksilber um fast 70 Prozent. Entscheidend für diesen Erfolg war auch die wiederholte gründliche und aufmerksame Prüfung durch den 8. Senat. Diese Absenkung der Schadstoffbelastung zu betreiben, wäre allerdings eigentlich die Aufgabe der Umweltbehörden des Landes NRW. Hier verfahre man aber offenbar weiterhin nach der Devise „Durchwinken was kommt“. Natur- und Umweltschutz hätten insbesondere bei der Bezirksregierung Arnsberg einen geringen Stellenwert.
Aktenzeichen: 8 D 99/13.AK
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