Forschung und Entwicklung

Ozonschicht erholt sich – und verlangsamt Erderwärmung

Die Ozonschicht dürfte sich innerhalb von vier Jahrzehnten erholen. Und: Der weltweite Verzicht auf ozonabbauende Stoffe hilft zudem, den Klimawandel einzudämmen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Expertengremium, an dem auch der Empa-Forscher Stefan Reimann beteiligt ist. Die Ergebnisse wurden am Montag an der Jahrestagung der «American Meteorological Society» präsentiert. Das Gremium hat zudem erstmals die Einflüsse neuer Technologien wie «Geoengineering» untersucht und warnt vor unbeabsichtigten Auswirkungen auf die Ozonschicht.

Mit Unterstützung der UN veröffentlicht das wissenschaftliche Expertengremium des Montreal-Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, alle vier Jahre einen Zustandsbericht. Dieser bestätigt nun die Abschaffung von beinahe 99% aller verbotenen ozonabbauenden Stoffe. Das Montreal-Protokoll hat die Ozonschicht somit erfolgreich vor einem weiteren Abbau geschützt und zu einer deutliche Erholung der Ozonschicht in der oberen Stratosphäre geführt, wodurch die Menschen weniger schädlichen ultravioletten (UV) Strahlen der Sonne ausgesetzt sind.

Auf dem Weg zur vollständigen Erholung

Bleiben die derzeitigen Massnahmen bestehen, dürfte sich die Ozonschicht über der Antarktis bis etwa zum Jahr 2066, über der Arktis bis 2045 und in der übrigen Welt bis 2040 auf die Werte von 1980 – also vor dem Auftreten des Ozonlochs – erholen. Die Schwankungen in der Grösse des antarktischen Ozonlochs, insbesondere zwischen 2019 und 2021, sind weitgehend auf meteorologische Bedingungen zurückzuführen. Insgesamt haben sich sowohl Fläche als auch Tiefe des antarktischen Ozonlochs seit dem Jahr 2000 indes langsam verbessert.

«Dass die Erholung der Ozonschicht laut dem letzten Vierjahresbericht auf dem richtigen Weg ist, ist eine wunderbare Nachricht. Die Auswirkungen des Montreal-Protokolls auf die Eindämmung des Klimawandels können gar nicht genug betont werden. In den letzten 35 Jahren hat sich das Protokoll zu einem wahren Champion für die Umwelt entwickelt», sagt Meg Seki, Exekutivsekretärin des Ozon-Sekretariats des Umweltprogramms der UN (UNEP). «Die vom wissenschaftlichen Expertengremium durchgeführten Beurteilungen und Überprüfungen sind nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des Protokolls, der dazu beiträgt, Politik und Entscheidungstragende zu informieren.»

Positive Auswirkungen auf den Klimawandel

Die zehnte Ausgabe des Zustandsberichts bekräftigt ausserdem die positiven Auswirkungen, die das Abkommen auf das globale Klima hat: Ein Zusatzabkommen aus dem Jahr 2016, das so genannte «Kigali Amendment» zum Montreal-Protokoll, schreibt die schrittweise Einstellung der Produktion und des Verbrauchs vieler Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) vor. FKW führen nicht direkt zum Abbau von Ozon, sind aber starke Treibhausgase. Nach Angaben der wissenschaftlichen Expertengruppe wird durch diese Änderung schätzungsweise eine Erderwärmung von 0,3 bis 0,5°C bis zum Jahr 2100 vermieden.

«Die Massnahmen zum Schutz der Ozonschicht sind ein Präzedenzfall für den Klimaschutz. Unser Erfolg bei der schrittweisen Abschaffung ozonschädigender Chemikalien zeigt uns, was getan werden kann und muss – und zwar dringend –, um von fossilen Brennstoffen wegzukommen, Treibhausgase zu reduzieren und so den Temperaturanstieg zu begrenzen», sagt Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO).

Warnung vor unbeabsichtigten Folgen von «Geoengineering»

Zum ersten Mal untersuchte die wissenschaftliche Expertengruppe die potenziellen Auswirkungen der absichtlichen Zufuhr von Aerosolen in die Stratosphäre – die so genannte stratosphärische Aerosolinjektion (SAI) – auf die Ozonschicht. SAI wird als mögliche Methode zur Verringerung der Klimaerwärmung durch verstärkte Reflexion des Sonnenlichts vorgeschlagen. Das Gremium warnt jedoch davor, dass unbeabsichtigte Folgen von SAI «auch die Temperaturen in der Stratosphäre, die Zirkulation und die Ozonproduktions- und -zerstörungsraten sowie den Ozontransport beeinflussen könnten».

Der Bericht basiert auf umfangreichen Studien, Forschung und Daten, die von einer grossen internationalen Gruppe von Experten aus Institutionen wie der WMO, dem UNEP, der US-amerikanischen «National Oceanic and Atmospheric Administration» (NOAA), der «National Aeronautics and Space Administration» (NASA) und anderen zusammengestellt wurden. Der Empa-Forscher Stefan Reimann war einer der Hauptautoren des neuen UNEP-Ozonberichts, der alle vier Jahre den Zustand der Ozonschicht beschreibt. Reimann war zuständig für den Teil des Berichts über weitere mögliche Verbesserungen, die es ermöglichen könnten, dass sich das Ozonloch über dem Südpol eventuell schneller schliesst als erst bis zum Jahr 2066, was die derzeit beste Prognose ist. Dabei gerieten ungewollte Emissionen von ozonabbauenden Substanzen bei der Herstellung von Kühlmitteln und Kunststoffen in den Fokus des diesjährigen Berichts. Da die Herstellung dieser Stoffe weltweit zunimmt, gelangen auch immer mehr ozonabbauende Stoffe als Nebenprodukte in die Atmosphäre. «Hält der Trend der letzten Jahre an, dann würde das die Erholung der Ozonschicht um einige Jahre zurückwerfen», so Reimann.

Das Montreal-Protokoll

Das Montreal-Protokoll ist ein weltweites Abkommen, das zum Ziel hat, die Ozonschicht der Erde durch Verzicht auf ozonabbauende Stoffe zu schützen. Das wegweisende Abkommen trat 1989 in Kraft und ist eines der erfolgreichsten weltweiten Umweltabkommen. Dank den gemeinsamen Bemühungen von Nationen auf der ganzen Welt ist die Ozonschicht auf dem Weg der Besserung, und es wurden ausserdem viele ökologische und wirtschaftliche Vorteile erzielt.

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