Gesundheit & Medizin

Beginnen teils schon mit der Menopause: Probleme im Daumen durch Rhizarthrose

Frauen in der Menopause sind einer Menge Themen ausgesetzt: von Hitzewallungen über Figur- und Gewichtsveränderungen belastet sie einiges – auch emotional. „Den Frauen geht vieles im Kopf umher, sie befinden sich in einem maßgeblichen Übergang“, äußert sich Benjamin Backes, Ergotherapeut im DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.) verständnisvoll. Dennoch betont er, wie wichtig es ist, bereits ab diesem Zeitpunkt auf die Gelenke, speziell das Daumensattelgelenk, zu achten. Sein Rat: Möglichst früh bei ersten Anzeichen wie Schmerzen oder nachlassender Kraft, insbesondere im Daumen, professionelle Hilfe suchen. Dem degenerativen Prozess bei Arthrose oder Rhizarthrose lässt sich mit Training und Bewegung durchaus etwas entgegensetzen.

Oft hören Betroffene zum ersten Mal von Rhizarthrose, wenn sie wegen ihrer Schmerzen – insbesondere bei Greif- oder Haltebewegungen –, nachlassender Kraft, sicht- und spürbarer Entzündungen und Bewegungseinschränkungen einen Arzt aufsuchen. Die Rhizarthrose ist der Gelenkverschleiß, also Arthrose, im Daumensattelgelenk. Die Rhizarthrose ist eine der häufigsten Arthrosen der Hand. Es sind deutlich mehr Frauen von Rhizarthrose betroffen als Männer; das Verhältnis ist ungefähr zehn zu eins. „Ohne Daumen geht nichts, der Daumen hat eine herausragende Stellung“, plädiert der Hand- und Ergotherapeut Benjamin Backes dafür, bei Arthrose oder Rhizarthrose so früh als möglich etwas zu unternehmen. Kaum jemand will wahrhaben, wenn sich Alterungsprozesse spürbar machen. Doch das Positive ist: Wer eine gute Wahrnehmung hat und früh etwas gegen Arthrose oder Rhizarthrose unternimmt, hat ausgezeichnete Chancen, den Schädigungsprozess im Gelenk zu verlangsamen. In einem frühen Stadium lassen sich noch gute Behandlungsergebnisse erzielen, Schmerzen eindämmen und eine Chronifizierung hinauszuzögern. Zudem ist es so möglich, sich die Funktionsfähigkeit des Daumens und damit die eigene Selbstständigkeit lange und bis ins hohe Alter zu erhalten.

Ergotherapeut:innen klären auf: Wie kommt es zu Rhizarthrose, wie wird es besser?

Eine der grundlegenden Aufgaben von Ergotherapeut:innen ist, Patient:innen so zu befähigen, dass sie ihren Alltag (wieder) bewerkstelligen können und zwar möglichst eigenständig. Welche Bedeutung die Hände und speziell der Daumen bei den täglichen Abläufen haben, wird manchem erst klar, wenn es zu Problemen kommt. Ergotherapeut:innen klären daher ihre Patient:innen zunächst auf. Das wird im Fachjargon Edukation genannt. Sie erklären das Krankheitsbild und erläutern, welche Faktoren bei der Entstehung der Rhizarthrose eine Rolle spielen. Das ist wichtig, damit Betroffene verstehen, woher ihre Probleme kommen und wie sie ihr Verhalten künftig besser steuern können. „Die Patient:innen werden so zu Expert:innen für ihre Erkrankung, bekommen dadurch Sicherheit für den Alltag und lernen, mit ihrer Problematik umzugehen“, verdeutlicht der Ergotherapeut seine Vorgehensweise und wendet sich den Ursachen einer Rhizarthrose zu: „Es ist die große Beweglichkeit des Daumens, die aus dem Sattelgelenk kommt; dieses Gelenk wird ständig in besonderem Maße beansprucht.“ Die Belastungen des Daumensattelgelenks summieren sich im Lauf der Jahre und der Bandapparat, der bei den meisten Frauen ohnehin meist weicher und dehnbarer ist, verliert an Stabilität. Wegen der fehlenden Stabilität kommt es vermehrt zu einer ungesunden, weil zu großen Beweglichkeit; die Führung des Gelenks geht verloren. In Folge kommt es zu Fehlbelastungen und die Gelenkfläche, die beim Daumensattelgelenk recht klein ist, nutzt sich verstärkt ab. Es kommt zu einer Rhizarthrose. Zusätzlich zu diesem häufigsten Verlauf, dem Verschleiß, gibt es auch andere Gründe für das Entstehen einer Rhizarthrose. Die Rhizarthrose kann ebenso genetisch bedingt sein, nach Stürzen oder Unfällen oder im Zusammenhang mit Rheuma auftreten.

Ergotherapeut:innen tasten Gelenke und systematisch die Probleme ihrer Patient:innen mit Rhizarthrose ab

Schmerzen in den Gelenken sind ebenso wie Bewegungseinschränkungen oder Kraftverlust ein großes Handycap im Alltag – insbesondere, wenn Betroffene berufstätig sind. Eine früh- oder rechtzeitige handtherapeutische Intervention bei Ergotherapeut:innen ist in einem solchen Fall eine notwendige, adäquate und zielgerichtete Maßnahme, um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden. Wer seine Leistung nicht mehr erbringen oder unter Umständen sogar seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, bekommt existenzielle Sorgen und gerät unnötig unter Druck. Der auf Handtherapie spezialisierte Ergotherapeut Benjamin Backes beschreibt, wie er nach dem edukativen Part zusammen mit seinen Patient:innen deren Alltagsprobleme angeht. Anhand sogenannter Assessments – das sind ausgeklügelte und sehr detaillierte Fragen – findet er den Stand der Dinge heraus und dokumentiert, bei welchen Betätigungen Probleme bestehen. Das Fragenspektrum deckt alle Bereiche des Alltags ab. Das intensive Auseinandersetzen mit allem, was den eigenen Tag ausmacht und wie sich dies auf die persönliche Lebensqualität auswirkt, hat einen Einfluss auf die Bereitschaft, die Therapie anzunehmen und zu befolgen. Auch kristallisiert sich so heraus, welche Ziele die Person erreichen möchte, um ihren Alltag wieder aktiv und schmerzfrei gestalten zu können und sich im eigenen Leben wohlzufühlen. Eine körperliche Untersuchung gehört ebenfalls zu der ergotherapeutischen Anamnese bei Rhizarthrose: Palpieren, also Abtasten und Fühlen, in welchem Stadium sich die Gelenke des oder der Patient:in befinden und feststellen, wie groß die Kontrakturen und Einschränkungen sind.

Ergotherapeut:innen legen Wert auf Gelenkschutz

Meist steht am Anfang einer ergotherapeutischen Intervention bei Rhizarthrose das funktionelle Arbeiten. Gelenk- und Kraftmessungen, manuelle Therapie, Lymphdrainage – das alles gehört zur Behandlung, wenn Ergotherpeut:innen Handtherapie anbieten. „Das hört sich zunächst wie Physiotherapie an“, sagt Benjamin Backes und fährt fort: „Es ist dennoch anders, also wesentlich anders, denn Ergotherapeut:innen grenzen sich dadurch ab, dass sie mit ihren Patient:innen zwar wie in der Physiotherapie funktionell arbeiten, sie die Patient:innen aber nicht funktionell sehen. Es geht darum, dass die Patient:innen ihre Ziele erreichen.“ Was bedeutet das in der Praxis? Bei Ergotherapeut:innen werden die Übungen am Objekt gemacht. Ist das Ziel: Haustüre wieder auf- und zuschließen können, wird genau das trainiert. Oder Haare föhnen, Bügeln, Flasche öffnen. All das exerzieren Patient:innen unter der Aufsicht ihres Ergotherapeuten oder ihrer Ergotherapeutin. So haben Fehl- oder Ausweichhaltungen keine Chance, ebensowenig wie zu starke Belastungen von Daumen und Daumensattelgelenk: Die für diese Aktion oder Betätigung richtige Haltung und Krafteinsatz werden so lange geübt, bis sie in Fleisch und Blut übergehen. Nur so erlangen die Patient:innen die Sicherheit, um ihre Hände und den Daumen im Alltag gelenkschonend einzusetzen und ihre Rhizarthrose nicht weiter zu verschlimmern. Darüber hinaus sorgen Ergotherapeut:innen wie Benjamin Backes dafür, dass vernünftige Materialien für das Eigentraining zuhause bereitstehen. Backes weiß die professionell aufbereiteten Anleitungen der Rheuma Liga oder die der Österreichischen Gesellschaft für Handtherapie zu schätzen und empfiehlt, sich diese downzuloaden. „Die Übungen – auch die, um die Muskulatur zu kräftigen und dann zu lockern – entsprechen denen aus unseren Lehrbüchern und lassen sich wunderbar in den Alltag einbauen“, äußert er sich begeistert. Denn auch das ist eine typisch ergotherapeutische Einstellung: Alles muss alltagstauglich sein, sonst wird es nicht umgesetzt.

Ergotherapeutische Spezialität: individuelle Schienen für Patient:innen mit Rhizarthrose

In den Köpfen der meisten Menschen herrscht die Meinung vor: Besteht eine Überlastung, eine Entzündung oder Schmerz, hilft ruhigstellen. „Das lässt sich so aber nicht pauschalisieren“, stellt der Ergotherapeut Backes klar. Es gehört zum Berufsbild von Ergotherapeut:innen, auf die Bedürfnisse der Patient:innen angepasste, individuelle Schienen anzufertigen. „Schienen sollen so sein, dass die Patient:innen ihre Hand einsetzen können“, betont der Ergotherapeut und legt dar, dass es Problematiken gibt, bei denen es vorteilhaft ist, ausschließlich das Daumensattelgelenk mithilfe einer Schiene zu stabilisieren. Das ermöglicht eine viel größere Bewegungsfreiheit des Daumens. Eine Schiene von Ergotherapeut:innen ist dafür ausgelegt, im Alltag eine Hilfe zu sein.  „Am besten ist es, die Patient:innen mit Rhizarthrose so zu behandeln und zu instruieren, dass sie die Schiene möglichst wenig benötigen“, betont der Ergotherapeut das Ziel, die Immobilisation der Gelenke zu vermeiden. Es ist daher auch Teil einer ergotherapeutischen Intervention, die Betroffenen in ihrer Selbsteinschätzung zu stärken: Sie lernen zu beurteilen, wann das Tragen der Schiene Sinn macht und wie sie gut und gelenkschonend ohne zurechtkommen.

Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeut:innen vor Ort; Ergotherapeut:innen in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche

Anleitungen und mehr: https://www.oeght.at/ und https://www.rheuma-liga.de/

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