BGH spricht kinderbetreuenden Partner*innen mehr Unterhalt zu – djb fordert Umsetzung in der Praxis
„Leider ist diese Rechtsprechung in der Praxis noch nicht angekommen, insbesondere haben die meisten Oberlandesgerichte sie auch zum Jahreswechsel 2022/2023 nicht in ihren Unterhaltsleitlinien umgesetzt“, sagt die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig. „Das widerspricht jedoch dem Grundgedanken solcher Leitlinien“, so Wersig weiter.
Der BGH hält ausdrücklich fest, dass der finanzielle Aufwand eines betreuenden Elternteils für ein Kind im eigenen Haushalt gerade nicht vollständig durch den von dem anderen Elternteil gezahlten Barunterhalt abgedeckt wird. Deswegen ist für die Berechnung des Unterhalts für ehemalige Partner*innen, die zugleich betreuender Elternteil sind, der nicht vom barunterhaltspflichtigen Elternteil abgegoltene Aufwand zu berücksichtigen.
Obwohl durchaus zu erwarten wäre, dass sich die betreuenden Elternteile im Unterhaltsprozess auf diese Rechtsprechung berufen, berechnen Gerichte wie Rechtsanwält*innen weiterhin zu oft den Unterhalt für Ex-Partner*innen ohne Berücksichtigung des Naturalunterhalts. Diesen leisten betreuende Elternteile, indem sie höhere Beträge für Verpflegung und Unterkunft, Spiel- und Schulsachen oder Taschengeld aufwenden, als ihnen aus den als Barunterhalt überlassenen Mitteln möglich wäre. Auch wenn die Berechnung des Naturalunterhalts für die Kinder selbst nicht sehr schwierig ist, nimmt die Praxis die Umsetzung in die Berechnung des Unterhalts für Ex-Partner*innen wohl wegen des notwendigen weiteren Rechenschritts aktuell als Erschwerung wahr. Das darf jedoch nicht zulasten der Unterhaltsberechtigten gehen. Deshalb appelliert der djb an die Oberlandesgerichte, die Rechtsprechung zum Naturalunterhalt baldmöglichst in alle Unterhaltsleitlinien einzuarbeiten, wie es bei dem Oberlandesgericht Celle und Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht bereits der Fall ist. Nur so werden die betreuenden Elternteile den ihnen zustehenden Unterhalt realisieren können.
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