Erfolgreiche Prozessfinanzierung und positives Grundurteil des OLG München: Freistaat Bayern muss für unverhältnismäßige Verbraucherwarnung haften
Das Oberlandesgericht München hat im Berufungsverfahren geurteilt, dass der Freistaat Bayern zwei Drittel des Schadens zu tragen hat, der durch eine Verbraucherwarnung vor allen Produkten des mittelständischen Metzgereibetriebs Sieber und anschließenden Anordnungen zum Rückruf aller Produkte und der Einstellung der Produktion entstanden ist. Die Firma Sieber musste wenige Tage danach den Betrieb einstellen und Insolvenz anmelden. Das Oberlandesgericht hob damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts München auf, das den Freistaat von jeglicher Haftung freigesprochen hatte.
Das OLG München hat den Beklagten bereits zu Zahlung eines Teilbetrags i.H.v. Ca. 28.600 Euro verurteilt. Hinsichtlich der weiter eingeklagten rund 11 Mio. Euro wurde die Sache an das Landgericht München zur Ermittlung der konkreten Schadenshöhe zurückverwiesen.
Der Kläger und Insolvenzverwalter Dr. Josef Hingerl bewertet das Urteil als wichtigen Schritt, um die Insolvenz endgültig im Sinne der Gläubiger abzuwickeln:
„Das Urteil beruht darauf, dass völlig undifferenziert vor allen Produkten der Firma Sieber gewarnt wurde, obwohl Produktkategorien wie in in der Packung nachpasteurisierte Produkte weiter hätten vertrieben werden können. Hätte sich der Freistaat Bayern richtig verhalten, hätte die Insolvenz verhindert werden können.“
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der renommierte Lebensmittelrechtler Prof. Andreas Meisterernst, sieht das Urteil als klare Niederlage für den Freistaat Bayern:
„Im Prozess hat sich der Freistaat Bayern auf den Standpunkt gestellt, er hätte nicht klären müssen, welche Produkte die Firma Sieber überhaupt herstellt und vertreibt. Das OLG München hat dies hingegen als klare Amtspflichtverletzung eingestuft. Es ist nicht zulässig, unbesehen vor allen Produkten einer Firma zu warnen, ohne wenigstens einmal zu fragen, um was für Produkte es sich überhaupt handelt.“
Bereits vor Verkündung des Urteils konnte Insolvenzverwalter Dr. Hingerl mithilfe der Prozessfinanzierungsplattform AEQUIFIN (www.aequifin.com) die Finanzierung des weiteren Verfahrens einschließlich einer möglichen Revision beim Bundesgerichtshof sicherstellen. In einem öffentlichen Internet-Bieterverfahren konnten Sponsorings i. H. V. mehr als 370.000 Euro für den Rechtsfall eingesammelt werden. Im Gegenzug für ihre Finanzierungszusage erhalten die rund 60 Sponsoren einen prozentualen Anteil an einem möglichen Prozesserlös.
Für viele der Sponsoren, darunter auch zahlreiche Juristen, steht jedoch vor allem die gerichtliche Klärung der Rechtsfrage im Vordergrund, dass staatliche Behörden bei aller berechtigter Sorge um die Gesundheit der Menschen auch zu gründlicher Prüfung und Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegenüber betroffenen Unternehmen verpflichtet sind. Geschieht bei dieser Abwägung ein Fehler, ist der Staat zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.
Frank-Martin Binder, Geschäftsführer von AEQUIFIN, sieht in der Unterstützung von Rechtsklärung die zentrale Aufgabe der Prozessfinanzierungsplattform:
„Vertrauen in das Rechtssystem ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Stabilität und den Fortbestand einer freien und demokratischen Gesellschaft. Prozessfinanzierung über eine Plattform wie AEQUIFIN trägt dazu bei, indem sie die gerichtliche Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen ermöglicht. Dafür war das äußerst sorgfältige und faire Berufungsverfahren am OLG München ein hervorragendes Beispiel.“
Über Dr. Josef Hingerl:
Dr. Josef Hingerl ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter in Wolfratshausen. Seine langjährige Tätigkeit im Zusammenhang mit gescheiterten Steuersparmodellen, wie Bauherrenmodellen und Immobilienfonds mündete in die Sanierung von Unternehmen in Insolvenzplanverfahren. Im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit begleitet Herr Dr. Hingerl u.a. Vermögensnachfolgen im privaten und unternehmerischen Bereich. Gemeinsam mit seinen Partnern betreibt in Wolfratshausen die gemeinwohlzertifizierte Insolvenzkanzlei Dr. Hingerl & Müller sowie die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hingerl & Partner.
Meisterernst Rechtsanwälte PartG mbB:
Meisterernst Rechtsanwälte PartG mbB ist eine im Schwerpunkt auf Lebensmittel- und Pharmarecht spezialisierte Kanzlei. Mit 12 auf das Lebensmittelrecht spezialisierten Rechtsanwälten berät und vertritt sie seit über 10 Jahren nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des Lebensmittelrechts, bspw. bei Fragen der Kennzeichnung, Herstellung, Krisen, Verpackung, Zoll, NEM, Biozide, Marken, Kosmetika, Produkthaftung, etc., und vertritt ihre Mandanten mit langjähriger Prozesserfahrung auch vor Verwaltungs- und Zivilgerichten. Das pharmarechtliche Team berät und vertritt in allen Angelegenheiten des Arzneimittel- und Medizinprodukterechts sowie damit zusammenhängender datenschutzrechtlicher Fragen, u.a. heilmittelwerberechtliche Beratung, Betreuung von Wettbewerbsprozessen, Regulatorische Angelegenheiten (u.a. Händlerpflichten für Medizinprodukte, Großhandelserlaubnisse für Arzneimittel), Gestaltung von Verträgen, wie z.B. Distributions- und Abnahmevereinbarungen.
AEQUIFIN ist ein innovativer Online-Marktplatz für Prozessfinanzierung. Unter www.aequifin.com verbindet AEQUIFIN Betroffene (Privatpersonen oder Unternehmen), Rechtsanwälte und Sponsoren miteinander, um rechtliche Anliegen – sowohl mit als auch ohne finanzielles Klageziel – zu finanzieren und durchzusetzen. Auf der AEQUIFIN-Plattform stellt der Rechtsanwalt des Betroffenen oder ein betroffenes Unternehmen den Rechtsfall sowie die zu erwartenden Kosten detailliert dar. Sponsoren können dann über die Plattform anbieten, in welchem Maße und zu welchen Bedingungen sie sich an der Finanzierung des Rechtsanliegens beteiligen möchten. Wird der Prozess gewonnen oder ein vorteilhafter Vergleich abgeschlossen, kann entsprechend der vereinbarten Konditionen eine Erfolgsbeteiligung an die Finanzierer gezahlt werden.
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