Nachhaltigkeits-Check wird für produzierende Unternehmen unumgänglich sein
?? Frau Rave, Sie sind als Chemie-Ingenieurin und langjährige Leiterin des Anwendungslabors bei Oemeta inzwischen für Business Vision zuständig und damit mitverantwortlich für das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen. Wie ist es gelungen, das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich im Alltag des Unternehmens zu implementieren?
Nun als wir uns dem Thema widmeten, war sehr schnell klar, dass wir uns nicht nur ein Etikett zu Marketingzwecken umhängen dürfen. Von Anfang an wollten wir das Thema Nachhaltigkeit sehr breit und ganzheitlich betrachten und als strategisches Ziel im Unternehmen verankern. Der Gedanke an Nachhaltigkeit soll als geistige Haltung das gesamte Unternehmen mit allen Beschäftigten durchdringen. Wir wollen als nachhaltiger Unternehmer und Arbeitgeber wahrgenommen werden. Dazu haben wir ein Team gegründet, zu dem der Produktionsleiter, der technische Leiter, Einkäufer und Anwendungsberater gehören. Ich habe vor allem meine berufliche Erfahrung aus der analytischen Arbeit im Anwendungslabor und Impulse aus der Außenwelt eingebracht sowie das Team koordinierend unterstützt.
?? Wie sieht die Arbeit dieses Teams aus?
Nachhaltigkeit ist der wichtigste Megatrend dieser Dekade. Damit Nachhaltigkeit eines unserer vier strategischen Ziele werden konnte, war uns von Beginn an bewusst, dass wir auch Dinge berücksichtigen müssen die nichts mit der Produktion und dem Produkt zu tun haben. So haben wir uns die Frage gestellt, wo unsere Hebel sind.
Drei wichtige Felder wurden identifiziert: Erstens Energie und Umwelt zweitens soziale Nachhaltigkeit und drittens ökonomische Nachhaltigkeit. Diese drei Felder adressieren direkt drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, die die UN in ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die so genannten Sustainable Development Goals (SDG), (siehe Infokasten) definiert hat, nämlich Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit. Heruntergebrochen auf einen produzierenden Betrieb stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit folglich nicht nur im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten, sondern beispielsweise auch mit der Beschaffung und Logistik von Rohstoffen, der Bewertung durch Märkte, Lieferanten, Banken, Versicherungen und Behörden sowie der direkten Nachbarschaft unseres Betriebs. Und schließlich geht es um die Sicherung der Arbeitsplätze.
Die Schmierstoffindustrie geht diesen Weg mit der „Initiative für nachhaltige Schmierstoffe“. Dabei sollen alle Stakeholder in der Lieferkette, sowie Industrieverbände, wie der Verband Schmierstoffindustrie (VSI), Politik und NGOs bei der Lösungsfindung integriert werden, um maximale Akzeptanz zu erreichen, denn es ist davon auszugehen, dass über kurz oder lang die Planung und Durchführung von Produktionsprozessen ohne Nachhaltigkeits-Check nicht mehr möglich sein wird.
?? Aber als Chemisches Werk und Hersteller von Kühlschmierstoffen spielen Produkte und Produktion doch sicher eine zentrale Rolle?
Ja, selbstverständlich spielen Produkte, Prozesse und Produktion eine wichtige Rolle. Das ist aber für uns nichts Neues. Wir haben uns schon immer um die Umweltverträglichkeit unserer Produkte Gedanken gemacht. So haben wir bereits in den 1980iger Jahren einen mineralölfreien esterbasierten Hochleistungs-Bearbeitungsschmierstoff entwickelt und Nachhaltigkeitsaspekte beim Einsatz von Bearbeitungsmedien für das Umformen oder die zerspanende Bearbeitung definiert und berücksichtigt. Schon immer haben wir Prozesse im Auge gehabt: die Prozesse für die Herstellung unserer Produkte, darüber hinaus aber auch schon immer die Prozesse bei unseren Kunden in denen unsere Produkte eingesetzt werden. Das ist bei Oemeta also schon immer eine ganzheitliche Betrachtung des kompletten Produktlebenszyklus.
?? Sie erwähnten, dass Produkte und Prozesse nur einen Teil der Anstrengungen erfordern. Was kommt darüber hinaus noch dazu?
Genau, heute geht es weit über Produkte und Prozesse hinaus und erfordert einen strategischen Ansatz in der Unternehmensführung. Denn der Druck auf produzierende Unternehmen, „nachhaltig“ zu sein, wird auch ausgehend vom direkten und indirekten Umfeld stetig größer. Da sind wir erst am Anfang. So kommt Druck von unseren Geschäftspartnern, den Lieferanten und Kunden, also dem Markt im weitesten Sinne, wir werden bewertet und müssen uns regelmäßig entsprechenden Audits stellen. Relativ neu kommt jetzt auch Druck von Banken, Versicherungen und Behörden, die ebenfalls Nachhaltigkeits-Bewertungen erstellen. Wir haben uns früh darum gekümmert, auf alle Fragen dieses Umfelds auch entsprechende glaubwürdige Antworten zu haben. Dazu beziehen wir im Unternehmen zunehmend auch das Personalwesen und das Controlling mit ein. Speziell beim Controlling ist es wichtig, für nicht monetarisierbare Ereignisse entsprechende Kennzahlen zu entwickeln und diese mit in die Unternehmensbewertung und bestenfalls sogar in die Bilanz einzubeziehen. Also beispielsweise Kennzahlen dafür, was ein Image-Verlust durch einen die Umwelt schädigenden Unfall im Unternehmen kosten könnte.
Des Weiteren befinden wir uns in Schleswig-Holstein in einem Netzwerk regionaler Unternehmen, die sich regelmäßig austauschen. Bundesweit unterstützen Initiativen wie der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) den Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie und bieten einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die regelmäßige Berichterstattung macht dann die Entwicklung des Unternehmens im Zeitverlauf sichtbar. Um den DNK zu erfüllen, erstellen Anwender in der Datenbank eine Erklärung zu zwanzig DNK-Kriterien und den ergänzenden nicht finanziellen Leistungsindikatoren.
?? Das klingt nach viel mehr Anstrengungen, als nur eine Solaranlage aufs Dach zu installieren.
Eben. Und wir sind dabei schon viel tiefer eingestiegen als nur, um die einfachen Fragen nach Nachhaltigkeit beantworten zu können. Dazu zählt zum Beispiel die Frage nach einer Solaranlage auf dem Dach. Ich glaube jedoch, dass Erfassung der gesamtheitlichen Bedeutung von Nachhaltigkeit eines Unternehmens in der Öffentlichkeit erst am Anfang steht. Das stellt auch unser Personalwesen fest, wenn junge Leute im Bewerbungsgespräch die Frage nach Nachhaltigkeit im Unternehmen stellen. Wenn wir dann zurückfragen, was sie unter Nachhaltigkeit verstehen, kommt beispielsweise genau diese Frage nach einer Solaranlage. Wir betreiben Energiemanagement und kaufen unseren Strom ausschließlich aus regenerativen Quellen. Wir achten auf Ressourcenschonung, wir pflanzen Apfelbäume und wir haben natürlich die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien im Fokus.
?? Und wie bringen Sie dann die Strategie tatsächlich in jeden Bereich des Unternehmens?
Um als nachhaltiger Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, was unser Ziel ist, werden diese augenscheinlichen Dinge in Zukunft nicht mehr genügen. Auch ökonomische Nachhaltigkeit wird zur Sicherung von Arbeitsplätzen immer wichtiger. Deshalb haben wir das Thema Nachhaltigkeit als tragende Säule in die Unternehmens-Strategie hineingenommen und nicht nur in einzelne Bereiche. Und das unabhängig von gesetzlichen Vorschriften wie z.B. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, welches für uns zwar noch nicht gilt, aber das ist ja nur eine Frage der Zeit. Von der Rohstoffauswahl bis zur Endauslieferung greifen wir überall da ein, wo wir das können, und zwar global in allen Werken. Heruntergebrochen auf die einzelnen Abteilungen heißt das, dass jede Abteilung innerhalb ihrer Road-Map etwas zur Nachhaltigkeit zu sagen hat. So muss zum Beispiel das Labor intensiv über den Einsatz der Chemikalien nachdenken. Die Marketingabteilung kann über den Einsatz und den Verbrauch von Papier nachdenken. Selbst bei reinen Büroarbeitsplätzen sind die Beschäftigten aufgefordert, sich über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Das kann bei einem Einkäufer zum Beispiel sein, dass er nachhaltige Lieferanten auswählt. Jede Abteilung muss darüber nachdenken, was sie zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit beitragen kann. Zur sozialen Nachhaltigkeit gehört beispielsweise die Frage, wie wir die Belastung durch Lkw-Fahrten in unserer Umgebung reduzieren können. Und das obwohl das Wohngebiet mit Kindergärten, Schulen und Kirchen zu uns gekommen ist. Als Oemeta sich hier ansiedelte, gab es weit und breit nichts dergleichen. Dennoch sehen wir es als unsere Pflicht an, uns im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit darum zu kümmern. Und dann ist schließlich noch ganz wichtig, dass alles auch untereinander kommuniziert wird.
?? Aber dennoch sind und bleiben Sie ja ein produzierendes Unternehmen?
Ganz genau. Deshalb müssen wir uns im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensführung stets darum kümmern, wo die Hebel sind, mit denen wir Nachhaltigkeit leben können. Und wenn diese Hebel, wie in unserem Fall, definiert sind, dann lassen Sie sich auch auf jeden Bereich des Unternehmens herunterbrechen. Und so bleiben wir ein produzierendes Unternehmen, das nachhaltig arbeitet und dies auch belegen kann.
?? Herzlichen Dank, Frau Rave, für diese ausführlichen Informationen.
Es gilt, die SDGs der UN herunterzubrechen und umzusetzen
Bei SDG 3 geht es um „Gute Gesundheit und Wohlbefinden“, also bei Bearbeitungsmedien um den Schutz der Personen die mit diesen Stoffen zu tun haben. Als Ziel gilt, insbesondere durch den Einsatz von humanverträglichen Bearbeitungsmedien die Gefährdung durch den Arbeitsprozess zu minimieren,
Für SDG 12 „Verantwortungsvoll produzieren und konsumieren“ sollen Produktionsprozesse ressourcenschonend und materialoptimiert gestaltet werden. Dies kann mit langlebigen und recycelbaren Prozessmedien angegangen werden. So können der Verbrauch von Prozessmaterialien minimiert, Abfall vermieden und die Wiederverwertung hochgefahren werden.
SDG 13 hat „Maßnahmen zum Klimaschutz“ zum Ziel. Dabei stehen energieeffiziente und abfalloptimierte Herstellungsprozesse im Vordergrund. Umgesetzt bedeutet das, Bearbeitungsmedien zu verwenden, die recycelbar sind oder aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen bestehen.
SDG 14/15 fokussieren auf das „Leben unter Wasser und das „Leben an Land“. Das können umweltneutrale Produktionsverfahren sicherstellen. Emissionen sind zu minimieren und es sollen Bearbeitungsmedien mit geringem Gefährdungspotenzial für die Umwelt eingesetzt werden.
Qualität aus Tradition – Vorsprung durch Innovation: Oemeta ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen in der vierten Generation. Seit über 100 Jahren werden Industrieschmierstoffe für die Bearbeitung von Metall, Glas und Keramik entwickelt und weltweit geliefert. Die Fokussierung auf Kühlschmierstoffe sowie ein breites Anwendungs-Know-how haben die Norddeutschen zum Technologieführer in diesem Spezialgebiet gemacht. Hohe Qualität und Zuverlässigkeit zeichnen die Produkte aus, die meist durch große Marktnähe und enge Kundenkontakte entstehen. In enger partnerschaftlicher Zusammen-arbeit werden intelligente, individuelle und wirtschaftliche Lösungen entwickelt. So entstehen moderne, innovative und technologisch ausgereifte Hochleistungsprodukte. Von Oemeta entwickelte Produkte haben sich immer wieder als Standard der Industrie durchgesetzt. Erfindungen wie der Zweikomponentenkühlschmierstoff oder das Multifunktionsöl verbessern die Prozesse bei namhaften Herstellern der Automobil- und metallbearbeitenden Industrie nachhaltig und reduzieren Kosten. Durch sieben ausländische Tochterunternehmen und über 30 Vertriebspartner ist Oemeta mit seiner Produkt- und Dienstleistungsphilosophie in den wichtigsten Industrienationen präsent.
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