OVG Münster setzt Vorgaben der Gesetzesnovellen für Erneuerbare Energien im Städtebaurecht um
Oberverwaltungsgericht wendet neue Rechtslage unverzüglich an
Nur zwei Tage nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“ (wir berichteten)bot sich für das OVG NRW in einer mündlichen Verhandlung vom heutigen Tag die Gelegenheit dieses auch sogleich anzuwenden.
Konkret ging um den neuen § 249 Abs. 10 BauGB. Nach dieser Vorschrift steht der öffentliche Belang einer optisch bedrängenden Wirkung einem Windenergievorhaben (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) in der Regel nicht entgegen, wenn der Abstand zwischen Anlage und Wohnbebauung mindestens der zweifachen Anlagenhöhe entspricht („2H“). Bisher wurde die Frage der optisch bedrängenden Wirkung bei einem Abstand zwischen der zwei- oder dreifachen Anlagenhöhe einzelfallbezogen über das sog. Rücksichtnahmegebot geprüft.
Gegenstand des Verfahrens vor dem OVG waren drei Klagen von Anwohner:innen gegen geplante Windenergieanlagen im Umland des westfälischen Münster. Sämtliche Anwohnergrundstücke liegen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
Marschrichtung des OVG zeichnete sich schon früh ab
Schon zu Beginn der Verhandlung teilten die Richter:innen mit, dass nach der Vorberatung die Klagen unbegründet seien. Der neue § 249 Abs. 10 BauGB konkretisiere für das Gericht bindend die Anforderungen des sog. Rücksichtnahmegebots. Da hier bei allen Gebäuden ein Abstand von mindestens der 2,7-fachen Anlagenhöhe („2,7H“) vorlag, war nach dem Regelfall keine optisch bedrängende Wirkung anzunehmen.
Anlass ausnahmsweise von diesem gesetzlichen Regelfall abzuweichen, konnte das Gericht nicht erkennen. Denn eine Ausnahme sei nur bei atypischen Konstellationen und dabei nach strengem Maßstäben zu beurteilen. Hier sei insbesondere auch § 2 EEG 2023 zu beachten, nachdem ein überragendes öffentliches Interesse für die Erneuerbaren Energien anzunehmen ist. Nach § 2 S. 2 EEG 2023 stellen die Erneuerbaren zudem einen vorrangigen Belang bei entsprechenden Abwägungen dar. Das Gericht sei daran gebunden. Überraschend klar verwies das OVG auf die zentrale Bedeutung des § 2 EEG 2023.
Das Urteil folgte prompt – Antragsteller:innen sollten nachziehen!
Die Auffassung der Richter:innen wurde im Anschluss ohne Umschweife festgezurrt. Es erging ein sogenanntes Stuhlurteil. Für das OVG war der Fall damit offenkundig so eindeutig, dass die vollumfängliche Klageabweisung sofort verkündet werden konnte. Weitere Beratungen waren nicht nötig.
Anwendbar wurde die hier besonders vorteilhafte Vorschrift des § 249 Abs. 10 BauGB auch im laufenden Verfahren aufgrund des sog. Günstigkeitsprinzips. Danach sind Rechtsänderungen zugunsten des Vorhabenträgers auch noch während des Verfahrens zu berücksichtigen.
Antragsteller:innen, die selbst im behördlichen oder gar im gerichtlichen Verfahren stecken, sollten nun unverzüglich nachbessern und ihre eigenen Anträge voranbringen!
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