Plädoyer für eine Dokumentation der Hauptverhandlung in Strafsachen per Tonaufnahme!
Im Detail besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf. Es ist zudem höchste Zeit für eine im Wesentlichen vom Bund getragene Entwicklung einer Software zur Verschriftlichung von Vernehmungen und Verhandlungen bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und allen Gerichten!
Eine inhaltliche Dokumentation von Hauptverhandlungen in Strafsachen verbessert die Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung. Sie trägt dazu bei, Fehler zu vermeiden. Die Richter:innen werden von der Beschäftigung mit einer handschriftlichen Dokumentation der Hauptverhandlung befreit und können sich ohne Ablenkung mit erhöhter Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung des Geschehens in der Hauptverhandlung konzentrieren. Die Gefahr eines Informationsverlustes und einer Fehlinterpretation von Aussagen durch das Tatgericht werden reduziert. Zudem schafft eine Dokumentation Akzeptanz bei allen Prozessbeteiligten und vermeidet den Vorwurf aus der Anwaltschaft, es gebe Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen Beweisaufnahme und deren Wiedergabe in den Urteilsgründen. Die Justiz in Deutschland sollte sich deswegen einer Dokumentation der Hauptverhandlung öffnen, so wie es fast überall in Europa schon lange Standard ist. Die deutsche Justiz muss sich wirklich nicht verstecken.
Es dürfte aber völlig ausreichen, eine gute Tonaufzeichnung (und Transkription) zu erstellen. Der Mehrwert einer den Aufwand potenzierenden Videoaufzeichnung wird im Gesetzentwurf nicht dargelegt. Dass sich etwas technisch umsetzen lässt, ist für sich allein noch kein Grund, es auch zu machen. Die damit einhergehenden rechtlichen Probleme sind enorm. Demgegenüber hätte der „Verzicht“ auf eine Bilddokumentation keine erhebliche Auswirkung auf die Qualität der Wahrheitsfindung.
Einzelne Regelungen müssen nach Auffassung der NRV allerdings dringend verbessert werden:
Die Löschfrist in § 273 Abs.4 StPO-E ist viel zu rigide. Die Formulierung, nach der in § 273 Abs.5 StPO-E eine Verwendung in anderen Verfahren erlaubt sein soll, ist missverständlich. Soweit § 273 Abs. 6 u. 7 StPO – E eine uneingeschränkte Zurverfügungstellung des Hauptverhandlungsinhaltes an jeden vorgeblich Verletzten (oder seinen Vertreter) vorsieht, unabhängig davon, ob dessen Zeugenvernehmung bereits abgeschlossen ist, erscheint im Hinblick auf § 406b StPO problematisch.
Ulf Thiele, Sprecher der Fachgruppe Strafrecht der NRV „Sinnvoll ist das alles nur, wenn auch die (technische) Ausstattung der Gerichte flächendeckend mit den Anforderungen Schritt halten kann. Bund und Länder müssen zur Optimierung der notwendigen technischen Entwicklungen konstruktiv zusammenarbeiten und nicht wie bisher den Weg der Konkurrenz einschlagen.“
Ulf Thiele, Sprecher der Fachgruppe Strafrecht der NRV
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