Was tun, damit Wald nicht verbrennt?
Im ersten Vortrag stellte Christian Friedrich vor, wie die Brandbekämpfung von der Orts- bis zur EU-Ebene organisiert ist. Der Sachbearbeiter im Niedersächsischen Innenministerium zählte überörtliche Einheiten auf, die auf Landeseben angefordert werden können. Neben Hubschraubern gehörten auch Spezialfahrzeuge wie Wasserwerfer der Polizei dazu. Auf Ebene der Kreisfeuerwehren nannte Friedrich als Beispiel den neu aufgestellten Fachzug Vegetationsbekämpfung und den Fachzug Wassertransport. Bundesländer würden im Katastrophenfall länderübergreifend Hilfe ersuchen, wie die Brände am Brocken gezeigt hätten. Das Land Niedersachsen könne im Ernstfall auf einen eigenen und einen Hubschrauber eines privaten Dienstleisters zurückgreifen, um aus der Luft zu löschen. Das Land habe laut Friedrich bei der EU einen Antrag zur Förderung einer Flugzeug-Löschstaffel eingereicht.
Löschen aus der Luft braucht Training über Wald
Hinsichtlich der Qualifizierung der Piloten brauche es Training im waldreichen Gelände. Das Wasser dürfe nicht vorbeigeworfen werden sondern müsse punktgenau landen, ergänzte Oliver Glaschke. Der Forstbeamte ist für den Landkreis Göttingen Kreiswaldbrandbeauftragter. „Die Piloten in Südeuropa sind dafür geschult und die Teams, die seit Jahrzehnten die Waldkalkungen fliegen, treffen auf den Meter genau“, kommentierte der Verwaltungsdezernent des Forstamtes Reinhausen.
Wie wichtig das Wegenetz für die Bekämpfung von Waldbränden vom Boden aus ist, wurde am Beispiel der Waldbrandeinsatzkarte deutlich. Die Einsatzkarten würden derzeit überarbeitet und zeigten solche Waldwege, die ganzjährig mit Löschfahrzeugen befahrbar seien. Uwe Fricke nannte als Beispiel für Hindernisse auf Waldwegen das Lichtraumprofil. „Hängen Äste weit herunter, können die zu Schäden an den Löschfahrzeugen führen“, machte der Kreisbrandmeister des Landkreises Goslar auf ein Problem aufmerksam, das für Forstmaschinen oder robuste Holz-LKWs so nicht relevant sei.
Damit die Mitglieder der Ortfeuerwehren die befahrbaren Waldwege kennenlernen und Ortskenntnis sowie Orientierung im Wald erlangen, soll das Fahren im Revier trainiert werden. Besonders Steilhanglagen gelten mit voll betankten Löschfahrzeugen als schwierig zu befahren. Als erstes Ergebnis des Münchehofer-Erfahrungsaustausches wollen Revierleiter und Ortswehren künftig solche Geländefahrschulen vermehrt üben.
Einen Rückblick auf die sommerlichen Brände am Brocken hielt Kai Bauer vom Nationalpark Harz im zweiten Vortrag. Der Mitarbeiter des Schutzgebietes schilderte die Schwierigkeiten, während der Löscharbeiten an zahlreiche kleine Brandherde zu gelangen. Im steilen und von Felsbrocken überlagerten Gelände hätten sich Glutnester lange Zeit gehalten. Auch sei der Wasserabwurf aus größer Höhe erfolgt und konnte nicht die volle Wirkung entfalten. Als eine Konsequenz aus den Brockenbränden nannte Kai Bauer die Beschaffung von Löschrucksäcken für alle Dienstfahrzeuge des Nationalparks.
Anschließend berichtete Uwe Fricke vom Landkreis Goslar in seinem Vortrag über die Arbeit der Waldbrand-Lenkungsgruppe Harz. Bei einer Großübung im Forstamt Clausthal im Juli 2022 wurde erstmalig der Einsatz von Löschhubschraubern getestet. Der Waldbrandeinsatzzug und neue Abrollbehälter zum Speichern von Löschwasser wurden ebenfalls erprobt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen waren besonders hilfreich bei der Koordinierung der Löscharbeiten aus der Luft beim Brand am Brocken. Weiterhin stellte Kreisbrandmeister Fricke ein neues Trackingsystem vor, mit dem Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Gerätschaften geortet werden könnten. „Mit LoRa Wan weiß die Leitstelle künftig, wo sich welche Feuerwehrkräfte aufhalten und an welchen Standorten Fahrzeuge und Geräte parken“, erläuterte Fricke das Ortungssystem, das derzeit getestet werde.
Als jüngste Anschaffung zum Brandschutz nannte Fricke das Pick-Up-Löschfahrzeug. „Der Landkreis Goslar hat jüngst für die Kreisfeuerwehr, insbesondere für den Fachzug Waldbrand, den ersten von acht geländegängigen Pick-Ups mit maßgeschneiderter Ausstattung für die Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden in Dienst gestellt. Zum Fahrzeug gehört eine drei Mann Besatzung, Löschrucksäcke und ein Wasservorrat von 480 Litern“, sagte der Kreisbrandmeister.
Forstprofessor aus Tharandt forscht zu Waldbränden
Als vierter Referent war Prof Michael Müller von der TU Dresden angereist. Seine Professur für Waldschutz ist in Tharandt angesiedelt, wo Müller wissenschaftlich das Thema Waldbrände erforscht. Prof. Müller vertiefte in seinem Vortrag die Umstände und Bedingungen, die bei Waldbränden in Gebirgslagen und Felsformationen herrschen. Die Ergebnisse seiner jüngsten Studien fußen auch auf den großflächigen Bränden in den Nationalparken Sächsische Schweiz und Harz.
„Waldbrände sind in Deutschland nur sehr selten Naturereignisse, sondern werden fast ausschließlich von Menschen verursacht – am häufigsten durch fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung. Für die natürliche Entwicklung von Waldökosystemen in Deutschland haben sie keine Bedeutung“, zitierte Prof. Michael Müller aus verschiedenen Forschungsquellen und erinnerte die Anwesenden an die negativen Auswirkungen. „Waldbrände setzen Unmassen an Feinstaub, Treibhausgasen und Giften frei. Sie homogenisieren in Deutschland Ökosysteme und verursachen damit Massenvermehrungen von Organismen, die von den extremen Bedingungen nach dem Feuer und dem Verdrängen von Konkurrenten profitieren, natürlicherweise jedoch relativ selten wären“.
Waldbrandüberwachung in Deutschland gehört zur besten der Welt
Laut Professor Müller würden in Deutschland 99 % aller Waldbrandereignisse etwa zehn Minuten nach Entstehung entdeckt und die Brandbekämpfung rund 15 Minuten nach Alarmierung beginnen. Und innerhalb von maximal zwei Stunden unter Kontrolle gebracht. „Das ist so, weil die Waldbrandüberwachung in Deutschland zur besten der Welt gehört. Aber auch die sich verändernden Waldstrukturen mindern zunehmend die Brandempfänglichkeit der Wälder“, betonte der Referent aus Tharandt. Durch den Umbau von Nadel- in Mischwälder werde die Brandbekämpfung zunehmend erleichtert, insbesondere die sehr motivierten und schlagkräftigen Feuerwehren trügen dazu bei, so Professor Müller. Der Experte empfahl die Überprüfung des Netzes der Rettungs- und Waldbrandschutzwege und gab Empfehlungen zu Kommunikationsstrategien und Öffentlichkeitsarbeit. Aufklärung zur Vermeidung von Waldbränden sei besonders wichtig, weil fast ausschließlich Menschen die Auslöser seien. „Bereits in der DDR war Waldbrandschutzerziehung weit entwickelt und das Waldbrandeichhörnchen in Form von „Rudi Rotschopf“ aus den 1990er Jahren ein Informationsträger“, lautete eine seiner Vorschläge zur Prävention. Für die Brandbekämpfung empfahl Michael Müller dringend Methoden zu entwickeln, die es erlauben, sehr wassersparend zu löschen und für die Zukunft Waldbrand-ExpertenInnen heranzubilden.
Verein Waldbrandteam unterstützt bei Bekämpfung im In- und Ausland
Diesem Thema widmete sich auch Detlef Maushake als Vorsitzender des Vereins „Waldbrandteam e.V.“. Der Angehörige der Berufsfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr arbeitet mit in der Expertenkommission Waldbrand des Niedersächsischen Innenministeriums. Der Verein unterstützt bei der Waldbrandbekämpfung und schult in zweitägigen Kursen sogenannte Fachberater. Maushake berichtete von den Schulungen und zeigte anschaulich die Möglichkeiten auf, ein taktisches Feuer zu legen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass bei Offenlandbränden die meisten Unfälle passierten. Anhand von Fotos aus praktischen Einsätzen im In- und Ausland beschrieb der Feuerwehrmann wie sich Wind, Hangneigung und Hangausrichtung verstärkend oder vermindernd auf ein Landschaftsfeuer auswirkten.
Am Ende der Fortbildung in Münchehof zogen beide Kreiswaldbrandbeauftragen aus Sicht der Landesforsten eine positive Bilanz. Ralf Krüger bewertete den mittlerweile zweiten Austausch zwischen Forstangehörigen, Feuerwehr-Fachleuten und Behördenvertretern auf regionaler Ebene als hilfreich für die Zusammenarbeit. Der Clausthaler Forstamtsleiter dankte auch im Namen von Oliver Glaschke den Teilnehmenden und den Referenten für das Engagement, unsere Wälder vor dem Feuer zu schützen. Die ökologisch ausgerichtete Waldbewirtschaftung und der Umbau der Fichtenwälder in Mischwälder sei auch künftig der richtige Weg, den Wald vor dem Feuertod zu schützen, so das Resümee von Ralf Krüger.
Hintergrund:
Nach dem Niedersächsischen Waldgesetz (NWaldLG) treffen die Waldbrandbeauftragten in Abstimmung mit den Landkreisen und Gemeinden des jeweiligen Gefahrenbezirks vorsorgliche Maßnahmen gegen Waldbrände. Sie organisieren einen Feuerwarndienst für die Waldbesitzenden und führen regelmäßig Befahrungen mit den örtlichen Feuerwehren durch. Bei der Bekämpfung eines Waldbrandes unterstützen die Waldbrandbeauftragten die Einsatzleitung der Löschkräfte. Hier ist insbesondere ihre gute Ortskenntnis eine wertvolle Hilfe für die Feuerwehren.
Die Kreiswaldbrandbeauftragten fördern die Zusammenarbeit der Waldbrandbeauftragten mit der Kreisbrandmeisterin oder dem Kreisbrandmeister und den Feuerwehren, beraten den Landkreis fachlich, sorgen für die Unterrichtung und Fortbildung der Waldbrandbeauftragten in allen die Waldbrandbekämpfung betreffenden Fragen, sind Mitglied im Katastrophenschutzstab und wirken, wenn im Katastrophenfall Waldbrände zu bekämpfen sind, in der Technischen Einsatzleitung mit.
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