Zikaden beim Saugen zuschauen, um Pflanzen zu schützen
„Alle Xylem-saugenden Zikaden-Arten haben die prinzipielle Fähigkeit, das Bakterium aus dem Pflanzensaft aufzunehmen und zu übertragen“, erklärt Anna Markheiser vom Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Ihre Forschungsgruppe mit Partnern aus Italien und Spanien hat einen Standard zur Analyse des Fraßverhaltens von Xylemsaugern mittels Elektropenetographie (Electrical Penetration Graph, EPG) entwickelt und damit den bereits bekannten Vektor an Olive, die Wiesenschaumzikade Philaenus spumarius, sowie potenziell neue Überträger an Weinreben untersucht. Über die EPG-Wellenmuster lässt sich das Saugverhalten der verschiedenen Arten vergleichen – von der Häufigkeit, mit der die Insekten mit ihrem Saugrüssel (Stilett) die Pflanze anstechen, bis zur Intensität des Fraßes im Xylem. Dies ermöglicht einen tieferen Einblick in die Übertragungsbiologie und -ökologie von X. fastidiosa und seinen Vektoren. Die Ergebnisse wurden kürzlich im „Journal of Applied Entomology“ publiziert: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jen.13098.
Es zeigte sich, dass die in Europa vorkommenden Schaumzikaden und Schmuckzikaden, welche hier zu den am meisten verbreiteten Xylemsaugern zählen, eine unterschiedliche Fraßdynamik an Reben aufweisen. Das legt ein unterschiedliches Übertragungsrisiko des Bakteriums durch diese Gruppen nahe. In Europa wurde bisher nur P. spumarius als Vektor an Rebe bestätigt. Diese Art ist auch in Deutschland weit verbreitet. Allerdings sind hier keine Vorkommen von X. fastidiosa bestätigt. Deutschland gilt somit zurzeit als befallsfrei.
Zikaden übertragen neben X. fastidiosa auch andere Erreger von Pflanzenkrankheiten. Daher wird die Methodik am JKI-Fachinstitut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau dazu genutzt, die Vektor- Wirtspflanzen-Assoziation von Phloemsaugern zu verstehen. Dazu zählt etwa die Schilf-Glasflügelzikade Pentastiridius leporinus, die das Syndrome Basses Richesses (SBR) an Zuckerrüben und Kartoffeln überträgt.
Elektropenetographie
An Pflanzen saugende Insekten wie Zikaden oder Blattläuse stechen mit ihrem Stilett wie mit einem Strohhalm die Pflanze an, um an Wasser und Nährstoffe zu gelangen. Bei der Elektropenetographie werden die Insekten an einen elektrischen Schaltkreis angeschlossen, der sich schließt, sobald das Stilett den leitfähigen Pflanzensaft erreicht. Bei der Messung des elektrischen Stroms entstehen charakteristische Wellenmuster, die den unterschiedlichen Aktivitäten des Saugvorgangs wie dem Anstechen verschiedener Gewebearten, Abgabe von Speichel oder Schlucken zugeordnet werden können. Da die Insekten dabei Pflanzenkrankheiten übertragen können, wird das Verfahren zur Untersuchung der Interaktion zwischen Wirtspflanze, Vektor und Pathogen eingesetzt
Publikation
Markheiser, Anna; Santoiemma, Giacomo; Fereres, Alberto; Kugler, Sanela; Maixner, Michael; Cornara, Daniele (2022): DC-EPG assisted comparison of European spittlebugs and sharpshooters feeding behaviour on grapevine. Journal of Applied Entomology. 1-13. DOI: https://doi.org/10.1111/jen.13098
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