Die Zukunft is(s)t pflanzenbasiert
„Pflanzenbasierte Ernährung im Sinne einer vegetarischen oder auch veganen Ernährungsweise und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit ist schon seit längerem ein Thema für die Wissenschaft. In der aktuellen Debatte spielen zunehmend die Umweltauswirkungen des Agrar- und Ernährungssystems eine elementare Rolle“, sagen die Wissenschaftlichen Leiter*innen des Kongresses, Prof. Dr. Ute Nöthlings und Prof. Dr. Ute Weisz vom IEL. „Die Arbeiten der letzten Jahre lassen überhaupt keinen Zweifel daran, dass eine Transformation zu einer pflanzenbasierten Ernährung ein notwendiger Schritt für eine nachhaltigere Zukunft ist. Gleichzeitig gibt es noch viele offene Fragestellungen, wie diese Transformation genau umgesetzt werden soll. Hier sind u. a. interdisziplinäre Ansätze entlang der Wertschöpfungskette gefragt“, betonen die Kongresspräsidentinnen.
Die drei Plenarvorträge sowie zahlreiche Beiträge der Vortragsreihen und Postersessions vertiefen das Schwerpunktthema aus verschiedenen Blickwinkeln. Insgesamt beinhaltet das 2 ½-tägige Kongressprogramm 190 Vorträge und Poster sowie 12 Minisymposien und Workshops zu aktuellen Forschungsergebnissen aus den Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften sowie angrenzenden Disziplinen.
Tierische Lebensmittel und Nachhaltigkeit: Retten wir die Welt, wenn wir nur noch pflanzlich essen?
Prof. Dr. Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) in Bonn unterstreicht, dass der derzeitige hohe Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten in vielen Teilen der Welt nicht mit dem Ziel global nachhaltiger Entwicklung vereinbar ist. Dennoch sollten tierische Produkte nicht grundsätzlich abgelehnt werden. In vielen Situationen tragen sie zur Verringerung von Armut und weit verbreiteten Ernährungsdefiziten bei. Da die meisten Umwelt- und Klimaprobleme während des Produktionsprozesses auftreten, können technologische Innovationen – wie züchterische Ansätze, neue Futterkomponenten und Haltungskonzepte – zur Verringerung der negativen Effekte eine wichtige Rolle spielen. Auch Fleisch und Milchprodukte aus dem Labor können zukünftig an Bedeutung gewinnen und zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Um eine nachhaltigere Ernährung voranzutreiben, ist es allerdings erforderlich, den Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten zu verringern – vor allem in Ländern, in denen das Konsumniveau sehr hoch ist und geeignete pflanzliche Alternativen das ganze Jahr über verfügbar sind.
Was ist bei der Entwicklung von pflanzlichen Proteinzutaten zu berücksichtigen?
Die Herausforderungen für pflanzliche Proteinzutaten erläutert Prof. Dr. Peter Eisner vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising. Proteine erfüllen in verarbeiteten Lebensmitteln zahlreiche technologische Funktionen und tragen damit zum Genusswert bei, z. B. erzeugen sie spezifische Texturen und Strukturen in Brot, Pasta und Süßwaren. Seit einigen Jahren werden zusätzlich zu tierischen Rohstoffen wie Ei, Milch, Fleisch oder Gelatine und etablierten pflanzlichen Zutaten wie Soja und Weizen zunehmend neue pflanzliche Rohstoffe wie Leguminosen und Ölsaaten für die Proteingewinnung genutzt. Besonders vielversprechende Rohstoffe sind industrielle Nebenströme wie Prozessabwässer aus der Kartoffel- oder Erbsenstärkeproduktion sowie Presskuchen aus der Sonnenblumen- und Rapsölgewinnung. Auch der Grad der Verarbeitung und die daraus resultierende Reinheit der Proteine beeinflussen die funktionellen, ernährungsphysiologischen und sensorischen Eigenschaften. Hohe Anforderungen bestehen auch an Lagerstabilität, Verarbeitbarkeit und den Preis sowie den regulatorischen Rahmen im Hinblick auf die Zulassung neuartiger Zutaten.
Pflanzenbasierte Ernährung und langfristige Gesundheit
Anhand der Ergebnisse aus der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Oxford-Studie gibt Dr. Keren Papier, Nuffield Department of Population Health (NDPH), Oxford, einen Überblick über die Gesundheit von Erwachsenen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Insgesamt zeigen die Daten dieser großen britischen prospektiven Kohorte von ca. 65 000 Erwachsenen, dass eine vegetarische oder vegane Ernährung sich positiv auf die Gesundheit auswirken, aber auch einige Risiken haben kann: Zu den gesundheitsfördernden Aspekten gehören ein hoher Anteil an Ballaststoffen und ein geringer Anteil an gesättigten Fettsäuren, während eine niedrige Zufuhr bestimmter Nährstoffe wie Vitamin B12 und Jod, insbesondere bei veganer Ernährung, kritisch sein kann. Inwieweit diese Risiken durch eine optimale Lebensmittelauswahl, Anreicherung und Supplementierung minimiert werden können, müssen weitere Studien untersuchen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist ein gemeinnütziger Verein mit 4 000 Mitgliedern, Sitz in Bonn und Sektionen in sechs Bundesländern. Sie feiert in diesem Jahr ihr 70. Jubiläum und arbeitet seit ihrer Gründung 1953 unabhängig und der Wissenschaft verpflichtet. Erkenntnisse und Entwicklungen der Ernährungswissenschaft übergreifend auszuwerten und die Informationen zur gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Ernährung an Multiplikator*innen, Medien, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und interessierte Verbraucher*innen zu transportieren, ist satzungsgemäße Aufgabe. Als Vertreterin der deutschen Ernährungswissenschaft agiert die DGE auch international. Die Finanzierung erfolgt durch Bundesmittel, Mitgliedsbeiträge und Eigeneinnahmen.
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