Fahrzeugbau / Automotive

Elektrisch, Hybrid, Verbrenner – Tipps zum Gebrauchtwagenkauf

Die Zeit zwischen Weihnachten und Ostern ist eigentlich eine gute Zeit für den Gebrauchtwagenhandel. Zum Start 2023 stockt der jedoch. Probleme bei den Lieferketten und dementsprechende Lieferrückstände bei den Neuwagen heizen die Preise für die Gebrauchtfahrzeuge an. Umso wichtiger ist es deshalb, beim Kauf eines Gebrauchten genauer hinzuschauen. Was muss ich beachten? Wie kann ich sicher in Sachen Laufleistung und Wartung sein? Welche Besonderheiten gelten bei Elektroautos? Jetzt ist die richtige Zeit, um sich vor dem Kauf genau über Tipps und Tricks zu informieren.

Ob elektrisch, Hybrid oder Verbrenner: Die Suche nach dem passenden Gebrauchten beginnt häufig im Internet. Dort kann man sich einen guten Überblick über den aktuellen Markt verschaffen. Achtung: Realität und virtuelle Bilderwelt klaffen nicht selten auseinander. Expertentipp: „Bevor Sie einen Gebrauchten über das Internet kaufen, schauen Sie sich – sofern möglich – das Fahrzeug persönlich vor Ort an und wenn Sie zweifeln, so ziehen Sie idealerweise einen Experten oder Sachverständigen hinzu“, sagt Marco Schmickler von TÜV SÜD und ergänzt: „Außerdem sind oft in regionalen Zeitungen oder lokalen Anzeigeblättern faire Angebote von Privatanbietern zu finden. Aber auch hier gilt: Vertrauen ist gut, geprüftes Vertrauen ist besser.“

Und auch der Besuch beim Autohändler um die Ecke birgt Vorteile. Denn der hat ein großes Interesse daran, Neukunden in seinem Einzugsbereich zu gewinnen. Mit einem guten Wagen kann er Kunden langfristig binden. Der Vorteil für den Käufer ist hier das Gewährleistungsrecht. Eine gute Adresse also für den Gebrauchtwagenkauf. „Dagegen 500 Kilometer weit für ein günstiges Angebot zu fahren, lohnt sich nicht immer“, so Schmickler.

UNBESCHÄDIGT

Unbedingt nach Vorschäden und Unfällen fragen. Die Formulierungen „Unfallfreiheit“ und „ohne Vorbeschädigungen durch Unfall oder sonstige Beschädigungen“ schriftlich im Vertrag fixieren. Achtung: Der Hinweis „ohne erkennbare Unfallschäden“ reicht nicht aus. Bei Vorschäden die Reparaturbelege, soweit vorhanden, aushändigen lassen – auch zur Vorlage beim Wiederverkauf. Weicht der Verkäufer beim Unfallthema schon am Telefon aus, Finger weg! Zudem einen Blick auf die Spaltmaße von Türen, Kofferraumklappe und Motorhaube werfen und vergleichen. Sind die Spalte unterschiedlich breit, hat das Auto mit großer Wahrscheinlichkeit einen Unfall gehabt. Geheimtipp: Im Gespräch mit dem Verkäufer die sogenannte Offenbarungspflicht von instandgesetzten Karosserieschäden erwähnen, die sich auch auf geschraubte Bauteile wie beispielsweise Türen, Motorhauben oder Stoßfängerverkleidungen bezieht.

EHRLICH

Auch fragen, warum verkauft werden soll. Wird gedruckst, Angebot hinterfragen! Achtung beim Verkauf im Kundenauftrag. Dabei gibt es in der Regel keine Gewährleistungspflicht – auch beim Händler nicht. Thema Zubehör: Winterreifen sollten mindestens vier Millimeter Profil haben. Auch auf das Produktionsdatum der Reifen schauen. Dieser ist als vierstelliger Zahlencode auf die Reifenflanke geprägt, dabei geben die ersten beiden Ziffern die Kalenderwoche und die beiden weiteren Ziffern das Jahr wieder. Zubehör ist ein guter Einstieg für Verhandlungen und Preisnachlässe. In Sachen Wartung zählt nur das ausgefüllte Serviceheft, das bei aktuellen Fahrzeugen digital im Bordcomputer liegt. Rechnungen der Servicearbeiten sind noch besser. Also unbedingt nach dem Serviceheft fragen. Das gilt auch für den letzten HU-Prüfbericht, der für die Zulassung benötigt wird. Dort können außerdem Mängel aufgeführt sein. Wenn dem so ist, prüfen, ob diese behoben wurden.

AUSGIEBIG

Während der Probefahrt für Ruhe sorgen, um untypische Geräusche zu erkennen. Beleuchtung, Scheibenwischer, Heizungs- und Lüftungsanlage sowie alle Hebel und Instrumente am Armaturenbrett kurz prüfen. Das Lenkrad darf nicht flattern und das Bremspedal nicht pulsieren. Dazu mehrmals hintereinander eine Bremsprobe durchführen. Unbedingt die Funktionstüchtigkeit aller Extras wie Klimaanlage, Schiebedach und Co. prüfen – hier lauern teure Reparaturen. Finger weg bei fehlenden oder ausgelösten Airbags!

BATTERIEELEKTRISCH, PLUG-IN-HYBRID ODER MIT BRENNSTOFFZELLE: SPEZIELLE TIPPS FÜR ELEKTROAUTOS

Umwelt, Verfügbarkeit, ausgereifte Technik, drohende Fahrverbote – viele Gründe sprechen aus Verbrauchersicht für alternative Antriebslösungen wie zum Beispiel Elektroautos. Laufleistung, Ölverlust, Bremse und Lenkung: Die Knackpunkte beim Kauf eines Verbrenners sind Autofahrern geläufig. Gelten fürs Elektroauto dieselben Regeln? Schmickler: „Auch Elektroautos unterliegen Alterung und Verschleiß. Dies gilt für Batterien genauso wie für den sogenannten Antriebsstrang. Tatsächlich haben Elektroautos auch Wartungs- und Serviceintervalle.“

Beim Stromer besonders auf die Bremsen achten. Zwar werden die in der Regel durch die Rekuperation, bei der die „Motorbremse“ Energie in die Batterie zurückführt, geschont. Denn die Verzögerung durch den Motor sorgt schon für einen ordentlichen Bremseffekt – ohne dafür das Bremspedal zu treten. Das Schonen der Bremsen kann aber auch dazu führen, dass die Wirkung nachlässt – ähnlich wie bei einem Fahrzeug, das lange gestanden hat. Komponenten wie das Ladekabel oder die Ladebuchse sollten Kaufinteressenten ebenfalls genauer unter die Lupe nehmen.

UND WAS IST MIT DER BATTERIE?

Der Akkumulator ist die wichtigste und teuerste Komponente im Elektroauto. Sein Zustand steht ganz oben auf der Checkliste beim Kauf eines Gebrauchten. Die Fahrzeugelektronik sorgt zwar grundsätzlich dafür, dass die Batterie vor zu hohen Belastungen geschützt ist. Trotzdem haben beispielsweise Art und Häufigkeit der Ladungen Auswirkungen auf Haltbarkeit und Leistung. Markenhändler können in der Regel einen Zustandsbericht zur Batterie im Fahrzeug generieren. Darin werden zum Beispiel die Anzahl der Schnellladevorgänge gezählt und es wird die Restkapazität ermittelt. Schmickler: „Die Werte geben erste wichtige Hinweise für Interessenten und der Check sollte auf jeden Fall durchgeführt werden. Den wirklichen Gesundheitszustand kann man aber nur durch umfangreiche Messungen ermitteln.“

TÜV SÜD bietet sogenannte SoH-Prüfungen (State-of-Health) für Privatkunden an ausgewählten TÜV SÜD Service-Centern an. Vorteil: Die Tests sind unabhängig und die Bewertung des Batteriezustands ist ein wichtiger Beitrag für die Werthaltigkeit und dient damit beiden – dem Käufer genauso wie dem Verkäufer. Der Test erfolgt im Alltagsbetrieb und benötigt deshalb einige Tage. Für den schnellen Check durch den Käufer ist er deshalb nicht geeignet. Verkäufer hingegen können die SoH-Prüfung jedoch vorab durchführen und mit dem Zertifikat ihr Angebot verbessern. Schmickler: „Unsere Erfahrung ist, dass die Batterien sogar besser halten, als viele Hersteller sagen. Nach mehr als 200.000 Kilometern Laufleistung und sieben bis acht Betriebsjahren sind viele Akkus häufig noch mit bis zu 80 Prozent ihrer Anfangskapazität in Betrieb.“ Daraus ergibt sich eine hohe Zyklenfestigkeit und eine sehr geringe Alterung. Traktionsbatterien (Hochvoltbatterien) mit einer Restkapazität deutlich unter 80 Prozent sind kritisch zu bewerten.

COOL BLEIBEN

Auch wenn das Angebot derzeit knapp ist: Es gilt beim Gebrauchtwagenkauf immer genau hinzuschauen und auch auf die Details zu achten – am besten mit einem Fachmann. Als erstes die Fahrgestellnummer mit den Fahrzeugpapieren vergleichen – das zeugt von Sachverstand und erzeugt Respekt. Ehrliche Verkäufer sorgen für klare Verhältnisse und klären Widersprüche auf. Zu den Kontrollpunkten beim ersten Rundgang gehört auf jeden Fall die Außenhaut – am besten bei gutem Wetter und unter freiem Himmel – idealerweise nicht bei Regen. Auch sollte das Auto, wenn möglich, gewaschen und der Motor nicht warmgelaufen sein. Zum einen sieht man Beschädigungen oder Instandsetzungsspuren von Vorschäden in verschmutzten Zustand häufig nicht und zum anderen machen sich beginnende Motor- und Getriebeschäden im kalten Zustand eher bemerkbar.

GECHECKT

Versierte Käufer sollten sich zudem die Technik genauer anschauen. Im Motorraum zählt der Zustand der Schläuche und der Stand, die Farbe und die Konsistenz der Flüssigkeiten bei Öl, Kühlmittel, Bremse, Servolenkung und Batterie als Gradmesser für Pflege und Wartung. Tipp: Beiger Schaum am Öldeckel oder Ölmessstab, deuten auf einen möglichen Defekt der Zylinderkopfdichtung hin. Ebenfalls einen Blick auf die Reifen werfen. Ein unregelmäßig abgefahrenes Profil kann Schäden am Fahrwerk signalisieren. Risse und Schrammen in den Felgen zeugen von Randstein-Treffern – die ebenfalls dem Fahrwerk nicht zuträglich sind.

NACHVOLLZIEHBAR

Stark verschlissene Pedalgummis, Teppichböden, Einstiegsleisten, Lenkrad oder Türgriffe geben meist einen Hinweis auf eine hohe Laufleistung. Ob der Kilometerstand stimmt, ergibt sich oft auch aus dem Serviceheft. Unbedingt auf die Nachvollziehbarkeit der Einträge achten. Sind die zeitlichen Abstände und die Laufleistungsdifferenzen der einzelnen Einträge im Gesamtbild plausibel? Die Vertragsangabe „abgelesener Km-Stand laut Tacho“ sagt nichts über die „Gesamtfahrleistung“ aus. Besser ist da schon: Gesamtfahrleistung entspricht dem Km-Stand laut Tacho.

BEGUTACHTET

Wer beim Verbrennerkauf auf Nummer sicher gehen will, kann sich fachkundig unterstützen lassen – mit dem Auto Privat Check, der an jedem TÜV SÜD Service-Center angeboten wird. Die Fachleute untersuchen das Auto und fertigen einen umfassenden Zustandsbericht an. Sträubt sich der Verkäufer gegen den Profi-Check: auf zum nächsten Angebot!

Über die TÜV SÜD AG

Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Mehr als 25.000 Mitarbeiter sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. www.tuvsud.com/de

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