Bauen & Wohnen

Ewigkeitschemikalien PFAS auch bei Matratzenschutzbezügen in Hotels im Einsatz

Die Preisträger des Green-Sleeping Awards von 2021 und 2022 betonen die Dringlichkeit, sich den Herausforderungen im Rahmen der Nachhaltigkeit aktiv zu stellen. Inga Ali vom Wildland Resort bei Celle und Hannes Lichtmannegger vom Berghotel Rehlegg in Ramsau waren hier früh aktiv. Die Hoteliers haben viel auf sich genommen, um in Bezug auf nachhaltiges Engagement ihre Häuser an die Spitze zu führen. Für beide hätten sich jedoch alle Investitionen gelohnt, da sie sich auszahlen. Wie viele Hotels insbesondere bei dem Hotelbett jedoch in Passivität verharren, zeigt eine aktuelle Studie über Hotelbettentests auf, die kürzlich in dem Schweizer Online-Magazin „Hotel Inside“ veröffentlicht wurde. Diese fehlenden Anstrengungen seitens des Gastgewerbes wirken sich auch auf die Hygiene aus: Nach Aussage der Studie haben hier rund 50% der Hotels ein Problem. Bei einem Großteil der getesteten Betriebe war im Kontext der Hotelbetten darüber hinaus das Thema Nachhaltigkeit wenig relevant: „Fast etwas versteckt lauert in der Studie die erste unangenehme Wahrheit, dass viele Hotels ihr wichtigstes Ausstattungselement – das Hotelbett selbst – aus den Augen verloren haben. Die eine Hälfte macht in Sachen Hygiene einen guten Job, aber die andere Hälfte eben nicht. Grund dafür sind unter anderem fehlende Hygienestandards. Und so orientiert sich eben nur gut die Hälfte der bislang getesteten Hotels in Deutschland und der Schweiz am technischen Stand des Möglichen. Es ist aber nicht nur ein Problem mit dem Personalschlüssel, sondern vielmehr eines wie und wo Prioritäten gesetzt werden. So wird das Hotelbett von vielen eher als lästiges Übel wahrgenommen, statt als Chance zur Profilierung gegenüber dem Gast“, so Jens Rosenbaum, Chefredakteur von Schlafen Spezial, Autor, Bettenexperte und Leiter der neuen Studie. Der Matratzenschutz wurde bei den Hotels im Rahmen der Studie ebenfalls genauer unter die Lupe genommen. Das sogenannte Encasing verbleibt zum Teil offensichtlich über Jahre auf der Matratze, ohne je richtig gereinigt zu werden. Die Matratze darunter wird häufig ebenfalls gleich mit vergessen, obwohl diese selbst mit Encasing über die Zeit auch stark verschmutzt.

Bei 90% aller getesteten Hotelbetten ist dieser Matratzenschutz zum Einsatz gekommen. Hier verbirgt sich jedoch eine potenzielle Umwelt- und Gesundheitsgefährdung, die den Gedanken der Nachhaltigkeit ausschließt. Seit Jahren weist Jens Rosenbaum als Autor dieser Studie in seinen Beiträgen darauf hin, dass viele dieser Encasings mit einer Membranfunktion ausgestattet sind. Dies erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, da so ein Luftaustausch möglich ist, was für den Schlafkomfort unerlässlich ist. Erkauft wird diese Eigenschaft oftmals über den Einsatz von Chemikalien in der Textilie: „Genau da entsteht das Problem. Denn es handelt sich dabei meist um einen Cocktail an synthetisch hergestellten, organischen Stoffen, die so in der Natur aber nicht vorkommen. Diese Stoffgruppe der per- und polyfluorierten Tenside war früher unter dem Namen PFT bekannt, heute wird die Bezeichnung PFAS genutzt, die für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen steht. Dabei handelt es sich um organische Verbindungen, bei denen die Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind“, fügt Jens Rosenbaum hinzu. Der Vorteil ist aber auch deren Nachteil: die Langlebigkeit. Deshalb werden sie auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet und lassen sich weltweit bereits im Wasser, in Tieren, Lebensmitteln und auch im Menschen nachweisen. Diese Stoffe zersetzen sich nicht mehr. Die rund 90% der Hotels, die ein Encasing mit einer entsprechenden Membranfunktion im Einsatz haben, setzen sich, sofern PFAS zum Einsatz gekommen sind, potenziell der Gefahr aus, dadurch nachhaltig die Umwelt zu schädigen. Deshalb sind PFAS auch in den Fokus der EU gerückt und es wird aktuell ein Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur ECHA diskutiert, den Einsatz von PFAS generell zu verbieten.

Generell mangelt es am bewussten Umgang mit der Bettausstattung mit Blick auf die Nachhaltigkeit. So waren gerade einmal knapp 20% der geprüften Matratzen mit einem Reißverschluss für den Bezug ausgestattet. Dieser ist aber notwendig, um den Bezug – im Idealfall auch den Matratzenkern – zu waschen. Denn dadurch wird die Nutzungs- und damit Lebensdauer der Matratze verlängert. Bislang werden Matratzen nach durchschnittlich fünf bis acht Jahren aus hygienischen Gründen entsorgt und durch neue Matratzen ersetzt. Lassen sich aber die Teile einer Matratze wie der Bezug und Kern waschen respektive reinigen, entfällt die Notwendigkeit, eine Matratze vor Ablauf ihrer maximalen Nutzungszeit zu entsorgen. So wird auch im Gütesiegel „Blauer Engel“ in seiner neuesten Fassung die Verwendung abnehmbarer und waschbarer Matratzenbezüge vorgeschrieben, um durch Waschbarkeit die Hygiene zu erhöhen und einen nachhaltigeren Umgang mit dem Produkt Matratze zu ermöglichen. Was bei dem privaten Konsumenten längst angekommen ist und so auch praktiziert wird, ist gemäß der Studie in der Hotellerie kaum bekannt. Denn im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 80% der Hotels gar nicht in Erwägung ziehen, die Bezüge ihrer Matratzen jemals waschen zu lassen, um deren Nutzungsdauer zu verlängern.

Wie komplex das Thema der Nachhaltigkeit für die Hotellerie ist, wird auch bei dem Talk der „Green Lobby“ im Rahmen der ITB in Berlin deutlich werden. Am 8. März 2023 werden in Halle 4.1 um 12:30 Uhr Jens Riemann sowie Prof. Dr. Sandra Rochnowski, Leitung des Instituts für Nachhaltigkeit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, mit ihren Gästen die Herausforderungen für die Hotellerie beleuchten, aber auch die Chancen aufzeigen, die sich aus aktivem Handeln ergeben können. Die Studie zum Thema Hotelbett ist kostenfrei und online unter https://hotelinside.ch jederzeit abrufbar. 

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