Insolvenz: Krisensignale rechtzeitig erkennen
Der rasante Anstieg der Energiepreise befeuert die Inflation. Für viele Unternehmen kommt das zu einer besonders kritischen Zeit. Denn die befürchtete massive Insolvenzwelle nach der Corona-Pandemie blieb zwar glücklicherweise aus, auch wenn die Insolvenzen langsam wieder steigen. Dafür müssen jetzt, rund drei Jahre nach den ersten Lockdowns, viele Unternehmen die in den ersten Corona-Jahren gewährten Hilfskredite zurückzahlen.
Gleichzeitig aber müssen sie teurere Darlehen, steigende Energiekosten, höhere Beschaffungspreise und gestörte Lieferketten bewältigen und/oder zögernde Investoren und Kunden von ihren Produkten und Dienstleistungen überzeugen. „Das alles wird in den kommenden Wochen und Monaten das eine oder andere Unternehmen ins Wanken bringen“, ist sich Nils Krause, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei Ecovis in Hamburg, sicher.
Der Krise frühzeitig die Stirn bieten
Was also sollen Unternehmerinnen und Unternehmer jetzt tun? „Das Wichtigste ist, Krisensignale frühzeitig zu erkennen. Und nicht erst dann, wenn Ebbe in der Kasse ist“, sagt Krause. Und wie genau funktioniert das? „Es geht schlicht um die Frage: Ist mein Unternehmen im Bestand gefährdet, bin ich mittelfristig liquide genug, um alle fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen?“, erklärt Alexander Waschinger, Unternehmensberater bei Ecovis in Dingolfing. Denn nur wer einen solchen Liquiditätsengpass frühzeitig erkennt, der kann auch rechtzeitig gegensteuern. Dafür aber müssen die Kostenstrukturen im Betrieb bekannt sein. „Unternehmen sollten immer – und gerade jetzt – ein engmaschiges Controlling betreiben. Ohne Frühwarnsystem laufen sie sonst Gefahr, Krisen zu verkennen, zu verschleppen und so ihre Gestaltungsmöglichkeiten zu verspielen“, warnt Krause.
Einsparpotenziale suchen
Und wie kann dann ein Gegensteuern aussehen? Das kommt ganz auf das Unternehmen an, erklärt Waschinger an zwei Beispielen. Für eine Logistikfirma, die einen Auftragsrückgang verbucht, könnte die entscheidende Frage also sein: Kann ich Kosten reduzieren, indem ich meine Lkw-Flotte besser auslaste und Leerfahrten vermeide? Und einem stahlverarbeitenden Unternehmen, das mit horrend steigenden Energiekosten kämpft, könnte eine vorübergehende Betriebsschließung die notwendige Verschnaufpause verschaffen.
Das Beispiel Stahlverarbeiter zeigt aber auch: Bei externen Faktoren, wie den derzeitig rapide steigenden Energiepreisen, kann es für manche Unternehmen schwierig sein, einen Weg aus der Krise zu finden. Angesichts solcher Verschiebungen der Rahmenbedingungen muss sich die eine oder andere Firma jetzt ernsthaft fragen, ob es sich weiterhin lohnt, am derzeitigen Geschäftsmodell festzuhalten. „Für einige Unternehmen lohnt sich die außergerichtliche Restrukturierung oder Sanierung, bei anderen kann auch eine Sanierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG, oder eine Insolvenzsanierung neue Möglichkeiten eröffnen“, erklärt Unternehmensberater Waschinger. So oder so: Es gibt Anzeichen für eine drohende Krise, die es zu erkennen gilt. „Die geltenden Regeln sind eindeutig. Wer sich nicht daran hält, macht sich strafbar“, betont Rechtsanwalt Krause.
Diese Regeln gelten für Zahlungsunfähigkeit
Bei Zahlungsunfähigkeit haben Unternehmerinnen oder Unternehmer – laut Urteil des Bundesgerichtshofs bezogen auf zehn Prozent oder mehr aller fälligen Verbindlichkeiten, die Betriebe nicht bedienen können – eine Frist von
• drei Wochen, um Insolvenz anzumelden oder
• acht Wochen bei Überschuldung.
Darüber hinaus wird zwischen diesen Verfahren unterschieden:
• Regelverfahren,
• Eigenverwaltungsverfahren und
• Schutzschirmverfahren.
„Welches dieser Verfahren für welches Unternehmen infrage kommt, lässt sich nicht pauschal beantworten“, sagt Krause, der auch selbst als Insolvenzverwalter tätig ist. „Das kommt auf den jeweiligen Betrieb an, auf seine Substanz, seine Reserven und nicht zuletzt auf seine Zukunftsaussichten.“ Ecovis-Unternehmensberater Waschinger ergänzt: „Alle Verfahren sind hochkomplex und aufwendig. Lassen Sie sich also in jedem Fall von Experten unterstützen.“
Gefahren, die von Zombie-Unternehmen ausgehen
Unternehmen, die derzeit noch weniger hart von der Wirtschaftskrise betroffen sind, müssen jetzt umsichtig sein und aufpassen, dass sie nicht in den Strudel angeschlagener Firmen geraten.
Auch das Insolvenzaussetzungsgesetz hat mit dazu beigetragen, dass sich mehr Zombie- Unternehmen als sonst am Markt befinden. „Das sind Unternehmen, die eigentlich schon längst tot sein müssten, sich aber mit Überbrückungsgeldern über Wasser halten konnten“, erklärt Waschinger. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber das Insolvenzaussetzungsgesetz geschaffen, um Unternehmen über die ersten Corona-Jahre hinwegzuhelfen.
Und woran lassen sich Zombie-Unternehmen erkennen? „Prüfen Sie bei neuen Geschäftspartnern immer die Bonität, beispielsweise über eine Bank-an-Bank-Auskunft. Aber auch bei größeren Deals mit altbekannten Partnern raten wir in diesen Zeiten zu besonderer Vorsicht. Setzen Sie auf Bürgschaften, zögern Sie nicht mit Mahnbescheiden und passen Sie Ihre Zahlungsmodalitäten an“, gibt Waschinger Unternehmen mit auf den Weg.
Tipp: Wenn Unternehmen in Schieflage geraten
Sie müssen sich mit den Themen Sanierung, Restrukturierung oder Insolvenz beschäftigen? Lesen Sie diese Beiträge. Hier bekommen Sie einen Überblick, was Sie tun können und tun müssen, wenn der Unternehmensmotor stottert:
Restrukturierung ohne Insolvenz: Was das für Unternehmen bedeutet
Jahresabschluss und Buchhaltung: Insolvenz rechtzeitig erkennen
Insolvenz und Sanierung: Das müssen Geschäftsführer beachten
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