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Mit Elektro-Zäunen gegen den Wolf: Herdentiere sollen bestmöglich geschützt sein

Rund 80 Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter aus dem Vogelsbergkreis waren der Einladung zu einer Informationsveranstaltung des Amtes für Wirtschaft und den ländlichen Raum gefolgt, um sich über das Thema „Wolf“ zu informieren.

Im Mittelpunkt der vierstündigen Veranstaltung stand vor allem der Schutz der Nutztiere vor dem Wolf. Während einer praktischen Vorführung auf dem Parkplatz „An der Bleiche“ in Lauterbach stellte Timo Bleifuß, Mitarbeiter einer Fachfirma, Weidetierzäune und Geräte sowie Zaunüberwachungssysteme und die richtige Erdung der Weidezaungeräte vor, um Herden bestmöglich vor Übergriffen durch Wölfe schützen zu können.

Im Anschluss an die Vorführung versammelten sich die Veranstaltungsteilnehmer im Posthotel Johannesberg.

Zunächst gab die hessische Wolfbeauftragte Susanne Jokisch vom Wolfszentrum Hessen einen Überblick über Situation des Wolfes in Hessen und stellte die Arbeit des Zentrums vor. Zu den Aufgaben des Wolfzentrums gehört unter anderem das Monitoring des Wolfs, was bedeutet, dass nachverfolgt wird, wo sich der Wolf in Hessen aufhält und wo er sesshaft ist.

Wenn Wild – oder Nutztiere durch ein anderes Tier verletzt oder getötet werden, wird – wenn der Verdacht besteht, dass es ein Wolf gewesen sein könnte, überprüft, ob dies zutrifft. Um das beurteilen zu können, entnehmen ausgebildete Wolfsberater, die beim Wolfszentrum angesiedelt sind, Proben vom verletzten oder getöteten Tier, die später in einem Labor untersucht werden. Für Weidetierhalter ist dieser Schritt wichtig, da sie im Falle eines Wolfsangriffs eine Entschädigung für das gerissene Tier erhalten.

Zudem bewerten die Mitarbeiter mögliche Wolfs-Sichtungen und –Nachweise. Alle gemeldeten Hinweise werden zentral beim Wolfszentrum gesammelt, ausgewertet und verifiziert.

Im Anschluss erläuterte Martin Steffens vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen die fachlichen Voraussetzungen für die Installation von elektrischen Weidezäunen, um Wölfe von Nutztieren fern zu halten. „Einen absoluten Schutz vor Wolfsübergriffen gibt es nicht“, machte Steffens in seinem Vortrag deutlich. „Allerdings sollten wir sichergehen, dass der Wolf lernt, dass Weidetiere keine leichte Beute sind und, dass es schmerzt, wenn man ihnen zu nahekommt, weil dann ein elektrischer Schlag bei Berührung des Weidezauns droht.“ Dazu ist in Hessen als Grundschutz für die kleinen Wiederkäuer, also Schafe und Ziegen, ein mindestens 90 Zentimeter hoher Elektrozaun notwendig. Der maximale Bodenabstand des untersten stromführenden Leiters ist 20 Zentimeter. Jederzeit muss mindestens 2500 V Hütespannung und eine Entladeenergie von mindestens 1 Joule vorhanden sein.

Der Grundschutz in Hessen für Festzäune (für Schafe und Ziegen) sieht vor, dass Knotengeflecht-Zäune eine Höhe von mindestens 120 Zentimetern aufweisen, einen elektrifizierten Untergrabschutz von 20 Zentimetern Höhe und 15 Zentimetern Abstand vom Festzaun haben und ein gut gespannter Bodendraht und kein fester oberer Abschluss aufweisen. Holzlatten als oberer Abschluss des Zauns seien ungeeignet, da der Wolf diesen als Kletter- oder Sprunghilfe nutzen könnte. Auch sollten Weidetierbesitzer darauf achten, dass sie dem Raubtier nicht versehentlich eine „Einsprunghilfe“ anbieten, indem dicht am Weidezaun gegebenenfalls eine Bank, Siloballen, ein Holzstapel oder ähnliches zu finden sind.

Steffens führte weiter aus, dass Schafe und Ziegen stärker durch Wolfsübergriffe gefährdet seien als beispielsweise Rinder und Pferden.

Einen Vortrag zum Thema „Fördermöglichkeiten beim Herdenschutz in Hessen“ hielt Valerie Kihm vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Seit Oktober 2021 haben Weidetierbesitzer die Möglichkeit, eine Förderung der Ausgaben für den Herdenschutz zu beantragen. „Dies beinhaltet beispielsweise wolfsabweisende, über den Grundschutz hinausgehende Schutzzäune, wolfsabweisende Einrichtungen, die auf digitaler Technik beruhen oder auch die Anschaffung von Herdenschutzhunde“, führte Expertin Kihm aus. Anspruch auf diese Förderungen hätten Antragssteller, deren Tiere als gefährdet eingestuft werden, weil es beispielsweise bereits einen Wolfsriss innerhalb der Herde oder in der Nähe gegeben hat, oder weil die Weide innerhalb eines Wolfspräventionsgebiet liegt.

Joachim Schönfeld, Mitarbeiter des Sachgebiets Landschaftspflege im Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum des Vogelsbergkreises, erläuterte anschließend weitere Fördermöglichkeiten für den Herdenschutz und gab Tipps für Weidetierhalter, wie beispielsweise ein Weidetagebuch zu führen, um zu belegen welche Flächen mit welcher Anzahl an Tieren beweidet wurde. Weitere Informationen können auch über die Internet-Seite des Vogelsbergkreises unter „Weidetierschutz Vogelsbergkreis“ abgefragt werden.

Zum Schluss erklärte Steffen Wilhelmi vom Regierungspräsidium Gießen, wie genau das Procedere bei einem bestätigten Nutztierriss aussieht.

„Die Tierbesitzer erhalten einen Schadensausgleich, wenn Tiere getötet oder schwer verletzt wurden. Auch Sachverständigen- oder Tierarztkosten werden übernommen“, zeigte Wilhelmi auf. Wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, wie beispielsweise, dass der Wolf als Verursacher mit hinreichender Sicherheit festgestellt wurde, dass Melde- und Kennzeichnungspflichten von den Besitzern sowie bei Schaf- und Ziegenhaltungen der Grundschutz eingehalten wurde, könnte ein Antrag auf Schadensausgleich beim Regierungspräsidium Gießen eingereicht werden. „Ganz wichtig ist, dass ein Riss unverzüglich bei der Wolfshotline unter 0641/20009522 gemeldet wird, damit ein Wolfsberater die Beprobung durchführen und so im Falle eines bestätigten Wolfsrisses schnellstmöglich ein Schadensaufgleich erfolgen kann“, führte Wilhelmi weiter aus.

Immer wieder wurden Fragen aus dem interessierten Publikum gestellt, für deren Beantwortung sich die Experten viel Zeit nahmen.

Zum Schluss bedankte sich Ronny Mohr, kommissarischer Leiter des Amtes für Wirtschaft und den ländlichen Raum bei allen Beteiligten und hob hervor, dass ein Nebeneinander von Menschen, Wolf und Weidetieren möglich sein muss. Die Herausforderung ist, einen Dialog auf Augenhöhe zu führen, denn nur so können die Aufgaben im Natur– und Artenschutz und in der Kulturlandpflege mit einer Weidetierhaltung weiterhin gesichert werden.

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