Trotz gedämpfter Erwartungen im Wohnungsbau: Geschäftsklimaindex der E-Handwerke steigt erneut an
Trotz der Herausforderungen im Baubereich durch Inflation, hohe Materialpreise, Kaufkraftverlust sowie steigende Bauzinsen und einen für 2023 prognosti-zierten Rückgang, insbesondere des Wohnungsbaus um etwa 12,5 Prozent, blicken die E-Handwerke mit Optimismus in die Zukunft. Das macht die vom 27. Februar bis zum 3. März durchgeführte Frühjahrskonjunkturumfrage* des Zentralverbandes der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) deutlich. Grund für die positive Einschätzung ist die robuste Nachfrage nach e-handwerklichen Leistungen, die im Zuge von Energiewende, Energiekrise und Digitalisierung weiter zunimmt.
Hoher Geschäftsklimaindex von 83,6 Punkten
Dass sich die wirtschaftliche Situation der e-handwerklichen Betriebe in den vergangenen Monaten – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Umstellung auf Erneuerbare Energien und der damit verbundenen Elektrifizierung – positiv entwickelt hat und der Großteil von ihnen zuversichtlich in die Zukunft blickt, zeigt der aktuelle Geschäftsklimaindex. Dieser stieg gegen-über der im September durchgeführten Herbstkonjunkturumfrage 2022 noch einmal deutlich an (Herbst 2022: 79,5 Punkte) und liegt mit 83,6 Punkten nun wieder auf dem Niveau der Frühjahrsumfrage 2022 (83,9 Punkte), die kurz vor Ausbruch des Ukraine-Krieges durchgeführt worden war.
Neues Auftragshoch
Insgesamt gaben im Rahmen der diesjährigen Frühjahrsbefragung 71 Prozent der Betriebe an, aktuell über ein gutes Geschäftsklima zu verfügen – gegenüber 64,5 Prozent, die sich im Herbst zufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Situation gezeigt hatten. Damit erreicht die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation fast wieder den sehr guten Wert aus dem Frühjahr 2022 (71,3 %). Grund für die gute Stimmung ist unter anderem der weiterhin hohe Auftragsbestand. So verfügen mittlerweile 59,3 Prozent der Betriebe über Auftragspolster von mehr als zwei Monaten, 34,7 Prozent sogar über Auftragspolster von mehr als vier Monaten. Das Allzeithoch aus dem Herbst 2022 (58 % > 2 Monate / 30,8 % > 4 Monate) wurde damit nochmals übertroffen.
Verschiedene Faktoren erklären positive Entwicklung
Die positive Entwicklung ist damit zu erklären, dass die E-Handwerke sehr breit aufgestellt sind und über sehr diverse Tätigkeitsbereiche verfügen. Diese reichen vom Wohnungsbau bis zum industriellen Anlagenbau. Auch die steigende Nachfrage nach Leistungen im Bereich der Erneuerbaren Energie trägt zu der positiven Konjunkturentwicklung bei. Denn mit dem Ukraine-Krieg und der drohenden Energiekrise wurde das Tempo in Sachen Energiewende und Dekarbonisierung deutlich erhöht: Photovoltaik-Anlagen (PV), Wärmepumpen oder auch Speichertechnologien erleben durch die in Folge des Krieges rasant steigenden Energiepreise einen Nachfrage-Boom.
Steigende Umsatzanteile im PV-Bereich
Ein Blick auf die Umsatzkategorien zeigt, dass es hier – ungeachtet der Flaute im Baugewerbe – kaum Änderungen gibt. Mit zusammengerechnet 75,5 Prozent wird nach wie vor der Löwen-anteil am Umsatz über private sowie gewerbliche Auftraggeber generiert. Bei den Geschäfts-feldern zeigt sich indes ein deutlicher Umsatzzuwachs im Bereich der Erneuerbaren Energien. Sie machen mittlerweile 6,7 Prozent am Umsatz der e-handwerklichen Betriebe aus. Im Frühjahr 2022 waren es noch 4,1 Prozent. Am auffallendsten ist die Entwicklung bei den Umsatzanteilen im Bereich „Photovoltaik“. Hier stieg der über Leistungen im PV-Bereich generierte Umsatzanteil innerhalb eines Jahres von 2,5 auf jetzt 4,4 Prozent. Ein Zeichen dafür, dass der PV-Hochlauf Fahrt aufgenommen hat.
Zahl der offenen Stellen als Indikator für Fachkräftelücke
Der erfreulich hohe Auftragsbestand hat allerdings auch eine Kehrseite. Denn mit den durch Energiewende, Digitalisierung und Elektrifizierung kontinuierlich wachsenden Einsatzgebieten der E-Handwerke nimmt auch der Fachkräftebedarf überproportional zu und übersteigt damit das vorhandene organische Mitarbeiter-Wachstum. Die wachsende Fachkräftelücke spiegelt sich dabei in der Zahl der offenen Stellen wider. So gaben 66,4 Prozent der Umfrage-Teilnehmer an, offene Stellen nicht besetzt zu haben. Vor sechs Monaten waren es noch 63,4 Prozent. Allerdings ist anzumerken, dass die Zahl der offenen Stellen im Herbst aufgrund des beginnenden neuen Lehrjahres traditionell niedriger ist. Dass die Zahl der unbesetzten Stellen dennoch kontinuierlich zunimmt, zeigt der Vergleich mit den Umfrage-Ergebnisse aus dem Frühjahr 2022: So hatten vor zwölf Monaten lediglich 63,9 Prozent der Betriebe offene Stellen nicht besetzen können (Frühjahr 2023: + 2,5 Prozentpunkte).
Betriebe wollen weiter wachsen
Was die Zahl ihrer Beschäftigten angeht, zeigen sich die Unternehmen weiterhin optimistisch. So gaben 35,9 Prozent der Befragten an, dass sie in den nächsten sechs Monaten von einer Steigerung der Beschäftigtenzahl ausgehen. Lediglich 9,3 Prozent erwarten einen Rückgang ihrer Beschäftigtenzahl. Auch dies kann im Zusammenhang mit dem Ausbildungszyklus stehen, da im Frühjahr die Suche nach Auszubildenden auf Hochtouren läuft.
Positiver Ausblick für zweites Halbjahr
Bei der großen Zufriedenheit mit der aktuellen Geschäftssituation ist es nicht verwunderlich, dass das Gros der befragten Betriebe sehr positiv auf die nächsten sechs Monate blickt. Gingen im Herbst 2022 noch 27,8 Prozent von einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage aus und nur 16,3 Prozent von einer Verbesserung, hat sich dieses Verhältnis nun umgekehrt: 22,7 Prozent erwarten eine Verbesserung innerhalb der kommenden Monate. Lediglich 13,8 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Damit hat sich trotz des Fortbestehens der eingangs erwähnten Herausforderungen die Situation in den E-Handwerken weiter stabilisiert.
„Aktuell sehen wir widersprüchliche Marktindikatoren. Obwohl der schwächelnde Baubereich für die E-Handwerke als größtes installierendes Gewerk ein wichtiges Standbein ist, haben die dortigen Rückgänge bislang kaum Auswirkungen auf die Stimmung und Geschäftslage in unserer Branche“, so ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser: „Das sich die E-Handwerke als sehr robust erweisen, führen wir auf diversifizierte Geschäftsfelder zurück.“
Der ZVEH-Hauptgeschäftsführer weist jedoch auch auf ein aus seiner Sicht nicht unwichtiges Spannungsfeld hin: „Die Unternehmen können steigende Kosten zum Teil durch höhere Preise kompensieren. Oft entstehen jedoch durch Materialmangel und bürokratisch verursachte Zusatzarbeiten Mehraufwände, die nicht in Rechnung gestellt werden können.“ Eine zu starke Verteuerung handwerklicher Leistungen im Bereich der Grundversorgung birgt nach Ansicht Neuhäusers zudem noch eine ganz andere Gefahr. „Wir müssen mit Augenmaß agieren und darauf achten, dass keine Spirale aus Materialpreis- und Lohnsteigerungen sowie weiteren kostentreibenden Maßnahmen entsteht, damit die so wichtigen handwerklichen Leistungen für den Normalbürger auch weiterhin bezahlbar bleiben.“
Auswertung zu Sonderthema „Erneuerbare Energien“ folgt demnächst
Im Rahmen der ZVEH-Frühjahrskonjunkturumfrage 2023 wurden die elektrohandwerklichen Betriebe auch dieses Mal wieder zu einem Sonderthema befragt. Im Mittelpunkt stand dabei das Wachstum im Bereich der Erneuerbaren Energien, insbesondere aber in den Geschäfts-feldern „Photovoltaik und Speichertechnologien“, „Wärmepumpen“ sowie „Elektromobilität“. Die entsprechende Auswertung wird demnächst über den ZVEH kommuniziert.
* An der Befragung nahmen mehr als 1.200 Betriebe teil.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) vertritt die Interessen von 49.592 Unternehmen aus den drei Handwerken Elektrotechnik, Informationstechnik und Elektromaschinenbau. Mit 518.176 Beschäftigten, davon 45.808 Auszubildende, erwirtschaften die Unternehmen einen Jahresumsatz von 72,2 Milliarden Euro. Dem ZVEH als Bundesinnungsverband gehören zwölf Landesverbände mit 313 Innungen an.
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