Wenn der Schoko-Topper aus dem Drucker kommt
Rund 3.200,- Euro hat das Gerät gekostet, gefördert vom Sonderprogramm für Digitalisierung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Auf den ersten Blick sieht es recht unscheinbar aus. Gerade mal 60 auf 60 Zentimeter groß, in etwa ebenso hoch und nur neun Kilogramm schwer. Man kann sich zunächst nicht vorstellen, wie aus diesem Ding ein Schokokunstwerk kommen soll, das nicht nur essbar, sondern auch hübsch anzusehen ist. Wenn sich der Arm dann aber erst mal surrend in Bewegung setzt, wird schnell klar wie es funktioniert: Ein dünner Faden aus Schokolade wird Linie um Linie, Rundung für Rundung und Schicht auf Schicht über der Arbeitsfläche auf der Silikonmatte platziert, bis am Ende das gewünschte Design fertiggestellt ist. So können alle denkbaren Formen entstehen: Schokohüllen für Pralinen oder Konfekt, die nur noch lecker befüllt werden müssen, ganze 3D-Ojekte in realistischen und abstrakt entworfenen Formen, Logos und Textbotschaften in beliebigem Look.
Bei der überbetrieblichen Ausbildung in der Bildungsakademie fangen die Azubis mit dem Einfachsten an: einem Schoko-Schriftzug als Topper für eine zweistöckige Tauftorte. So will es die Projektarbeit an diesem Tag. Nach und nach kommen Jungs- und Mädelsnamen aus dem Drucker, eine Auszubildende lässt „God bless you“ schreiben. Schriftart, Schriftgröße, Höhe und Länge des Schriftzugs sowie seine 3D-Optik – all das lässt sich zuvor über die Druckersoftware voreinstellen, sodass am Ende ein individuelles Ergebnis entsteht. Verarbeitet werden spezielle Schokomassen in verschiedenen Farben, die man wie eine Patrone in die Edelstahlkartusche des Druckers einlegt. Auch Marzipan kann verarbeitet werden. Sogar ganz eigene Rezepturen funktionieren, woraus Hippen, Spritzgebäck und Baiser entstehen.
Stellt sich nur die Frage, ob Handwerk durch den Einsatz der neuen Technologie nicht seine ureigenen Fähigkeiten einbüßt. Nein, sagt Werner Wolf. Er sieht die neue Technologie als eine bereichernde Ergänzung, die neue Möglichkeiten eröffnet, handwerkliches Wissen und Können jedoch nicht ablöst. „Unsere Arbeit ist zu gut 90 Prozent traditionell. Hinzu kommen immer wieder neue Stilblüten“, sagt der Ausbilder. Heißt: Die Buttercreme, mit der die Azubis ihre Tortenböden bestreichen, hat man schon vor 150 Jahren so gemacht. Den Topper, den sie als Schriftzug obenauf setzen, erst heute. Er steht sinnbildlich dafür, wie Innovation die Tradition bereichert und technische Finessen im Handwerk und damit auch in der handwerklichen Ausbildung Einzug halten. „In allen Handwerksbereichen zeichnen sich Veränderungen stetig ab“, so Werner Wolf. Er muss es wissen. Seit 38 Jahren ist er schon Ausbilder an der Bildungsakademie in Mannheim. „Mit diesen Veränderungen muss man sich beschäftigen. Genauso wie man das Anrühren einer Buttercreme oder das Einstreichen einer Torte trainiert, muss man auch den Umgang mit neuen Technologien üben“, verdeutlicht er.
Und so bleibt es dabei, dass schokoladige Schriftzüge während der überbetrieblichen Ausbildung mal aus dem Drucker kommen dürfen, die höchste Kunst des süßen Schreibens aber nach wie vor gelehrt, geübt und geprüft wird: nämlich die von Hand, ganz traditionell mit der Spritztüte aufgebracht. Diese Vielfalt in der Ausbildung legt die Basis für eine berufliche Karriere im Handwerk, die nach der bestandenen Gesellenprüfung noch lange nicht zu Ende sein muss.
Informationen rund um die Ausbildung im Handwerk erhalten Schüler, Azubis, Eltern, Lehrkräfte und Ausbildungsbetriebe auf der Website zur regionalen Ausbildungskampagne der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald unter www.handwerk-das-isses.de.
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