Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Je nach Vorbehandlung hat der G-BA die Betroffenen in vier Gruppen unterteilt und unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt. Nur für eine der Gruppen hat der Hersteller in seinem Dossier geeignete Daten aus einer Studie vorgelegt. In dieser wurde Zanubrutinib mit Ibrutinib verglichen, einem BTK-Inhibitor der ersten Generation. Das Ergebnis der IQWiG-Bewertung: Für unter 65 Jahre alte Betroffene, die noch keinen BTK- oder BCL2-Inhibitor erhalten haben, gibt es einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen gegenüber Ibrutinib. Für ältere Betroffene gibt es ebenfalls einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen, dessen Ausmaß aber gering ist. Für Patientinnen und Patienten, die bereits einen BTK- oder einen BCL2-Inhibitor oder gar beides erhalten haben, ist ein Zusatznutzen von Zanubrutinib gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie mangels geeigneter Studiendaten nicht belegt.
Behandlung einer der häufigsten Formen der Leukämie deutlich verbessert
Bei der CLL, einer der häufigsten Formen der Leukämie, bringt das Knochenmark große Mengen abnormer B-Zellen hervor, die nach und nach das Blut, das Knochenmark selbst und verschiedene Organe überschwemmen. Meist tritt sie in höherem Alter auf. Sie gilt als unheilbar; Therapien können ihr Fortschreiten aber verlangsamen. Der Verlauf hängt von genetischen Risikofaktoren ab. So geht die sogenannte 17p-Deletion in den abnormen B-Zellen mit einem kürzeren Überleben einher. Solche Mutationen sind bei refraktärer CLL besonders häufig.
Bis vor wenigen Jahren galt eine Chemoimmuntherapie als Behandlungsstandard. Diese Therapie könnte aber dazu beitragen, dass sich B-Zellen mit 17p-Deletionen durchsetzen. Daher haben sich mittlerweile sogenannte BTK-Inhibitoren wie Ibrutinib als neue Standardbehandlung etabliert. Ibrutinib erhöht die mittlere Überlebenszeit, geht aber oft mit schweren Nebenwirkungen einher. Deshalb wurden weitere BTK-Inhibitoren entwickelt, die spezifischer wirken und dadurch besser verträglich sein sollen. Daneben kommen auch B-Zell-Lymphom-2-Inhibitoren wie Venetoclax zum Einsatz, die das Absterben der abnormen B-Zellen beschleunigen.
Vorbehandlung in Studie anders als in der deutschen Versorgung
Nur für vorbehandelte Betroffene mit einem Rezidiv oder einer refraktären CLL, die bislang weder einen BTK- noch einen BCL2-Inhibitor erhalten haben, hat der Hersteller in seinem Dossier geeignete Daten vorgelegt, und zwar aus der noch laufenden randomisierten kontrollierten Studie ALPINE. Die Vorbehandlung war bei gut drei Viertel der Betroffenen eine Chemoimmuntherapie, und ein großer Teil wies genetische Risikofaktoren wie die 17p-Deletion auf.
Aktuelle Leitlinien empfehlen die Chemoimmuntherapie bei einer CLL entweder gar nicht mehr oder nur noch bei Patientinnen und Patienten ohne genetische Risikofaktoren. Daher dürfte es in Deutschland in den kommenden Jahren nur noch wenige Betroffene mit einem Rezidiv oder einer refraktären CLL geben, die nicht mit einem BTK- oder BCL2-Inhibitor vorbehandelt wurden. Dies schränkt die praktische Relevanz der Bewertungsergebnisse ein.
Die Studiendaten zeigen für Zanubrutinib im Vergleich zu Ibrutinib ausschließlich positive Effekte: Betroffene unter 65 Jahren überlebten länger. Zudem waren bestimmte schwere Nebenwirkungen wie Herzerkrankungen seltener, und die Behandlung wurde seltener abgebrochen. Männer hatten mit dem BTK-Inhibitor der 2. Generation zudem weniger Muskelspasmen als mit dem älteren Vergleichswirkstoff.
In der Gesamtschau gibt es für Patientinnen und Patienten mit rezidivierter / refraktärer CLL, die noch keinen BTK-Inhibitor und / oder BCL2-Inhibitor erhalten haben, einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen von Zanubrutinib gegenüber Ibrutinib, wenn sie unter 65 Jahre alt sind, und einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen, wenn sie 65 oder älter sind. Wurde in der Vorbehandlung bereits ein BTK- und / oder ein BCL2-Inhibitor eingesetzt, so ist ein Zusatznutzen mangels geeigneter Studiendaten nicht belegt.
G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G‑BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G‑BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens. Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.
Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.
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