Fahrzeugbau / Automotive

Brüssel stellt die Weichen – Perspektiven und Rahmenbedingungen alternativer Kraftstoffe

Im Mittelpunkt des 9. Fachseminars des Bundesverbandes Bioenergie e. V. (BBE) und der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) stehen die Ergebnisse der am 30. März 2023 im Trilogverfahren beschlossenen Änderungen zur Novellierung der Erneuerbaren Energien-Richtlinie – RED III sowie weitere EU-Richtlinien und Regelungen, die die Zukunft alternativer Kraftstoffe bestimmen. Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe müssen mit ihrem Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz im Verkehr zusammengedacht werden in einem Umfeld mit zunehmender Elektrifizierung der Antriebe.

Das Seminar beginnt mit einer aktuellen Bestandsaufnahme und Ausblick auf die internationalen Biokraftstoffmärkte, gefolgt von Vorträgen zu Änderungen und Neuregelungen im EU-Recht (u. a. RED III, EU-Lastenteilungs-Verordnung), die Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe betreffen. Die Anrechnung auf Verpflichtungsvorgaben, energetisch oder zur THG-Minderung, setzt allerdings Dokumentations- und Nachweispflichten voraus, die erfüllt bzw. von den Unternehmen in der Warenkette, beginnend auf der Fläche bei Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse, bzw. bei Sammelunternehmen für Abfallöle und -fette, nachgewiesen werden müssen. Die aktuelle Diskussion über fragwürdige Importe von Biokraftstoffen mit dem Ziel Doppelanrechnung unterstreichen die Sorgfaltspflichten aller Akteure in der Warenkette. Der Nachweis der Rückverfolgbarkeit ist Voraussetzung, dass Biokraftstoffe bzw. alternative Kraftstoffe die erforderliche förderpolitische Unterstützung verdienen. BBE und UFOP betonen: Biokraftstoffe sind deshalb im besonderen Maße „Vertrauensgüter“.

Vor diesem Hintergrund ist der Tagungschwerpunkt mit den Vorträgen zur Umsetzung der RED II, aktuelle Fragen zur Datenbank „Nabisy“, einschließlich der bis Ende 2023 zusätzlich zu schaffenden Unionsdatenbank („onboarding“-Prozess) sowie zum erforderlichen Anpassungsbedarfs des Zertifizierungssystems REDcert zu sehen. Diese Vorträge betreffen die gesamte Warenkette, beginnend auf der Stufe Erfassungs- bzw. Agrarhandel, Sammelunternehmen, Verarbeitung bis zur letzten Schnittstelle, die die Nachhaltigkeitsnachweise für die quotenverpflichteten Unternehmen der Mineralölwirtschaft erstellt.

Die Tagung schließt mit Vorträgen zu den zukünftigen strategischen Herausforderungen, die Biokraftstoffe und innovative alternative Kraftstoffe insgesamt betreffen. Dies betrifft insbesondere die für die THG-minderungspflichtigen Unternehmen wichtige Option der THG-Quotenübertragung bzw. –„handel“. Treiber dieses Anreizsystems ist die mit 600 EUR/t CO2 gesetzlich verankerte Strafzahlung im Falle der Nichterfüllung. Österreich hat kürzlich eine analoge nationale Regelung verankert bei gleicher Höhe der Strafzahlung. BBE und UFOP erwarten, dass weitere Mitgliedsstaaten folgen werden, weil sich dieser CO2-preisgetriebene THG-Effizienzwettbewerb durchsetzen wird. Die Höhe der Strafzahlung bestimmt als Eckpreis den Quotenhandelspreis, aber auch in diesem „Markt“ gilt das Gesetz: „Angebot und Nachfrage“ bestimmen den Preis. Dieser Wettbewerb wird verschärft, wenn Ware mit der Option zur Doppelanrechnung verstärkt angeboten wird. Wirtschaftlich betroffen ist auch die E-Mobilität. Die gesetzliche Regelung des THG-Quotenhandels ist mit Blick auf die Netzbetreiber gezielt als Beitrag zur Finanzierung der neu zu schaffende Ladeinfrastruktur ausgerichtet. Dieser Hintergrund ist von Bedeutung für die Vorträge zum Abschluss des Semianrs. Mit den Teilnehmenden sollen u.a. folgende Fragen diskutiert werden: Mit welchen am Quotenmarkt preiswirksamen Treibern kann die Entwicklung neuer synthetischer Kraftstoffe gefördert werden? Ist der Quotenhandel auch hierfür geeignet? Welche regulativen Anpassungen sind infolge bestehender Erfahrungen erforderlich? Betrachtet wird die physische Herausforderung der Dekarbonisierung fossiler Energiemengen durch erneuerbare Energieträger und -quellen mit Blick auf den zu beschleunigen Ausbau erneuerbarer Energien. Dies schließt den erforderlichen internationalen Netzausbau im weitesten Sinne ein: als grenzüberschreitende Ausgleich für die Stromnetzstabilität und den physischen Import von Biomasserohstoffen, Biokraftstoffen und zukünftig synthetischen Kraftstoffen aus der EU bzw. Drittstaaten. Der erneuerbare Energien-Markt wird, bei zunehmender Vielfalt der Energieträger, ein globaler Markt sein müssen, so könnte ein Fazit des Fachseminars lauten.

Programm und Anmeldung: https://www.bioenergie.de/fachseminare/bbe-ufop

Über Bundesverband Bioenergie e.V. (BBE)

Der Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE) ist der Dachverband des bundesdeutschen Bioenergiemarktes. Er wurde 1998 gegründet, um der Vielfalt des Bioenergiemarktes mit all seinen Erscheinungsformen und Technologielinien im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor gerecht zu werden. Im BBE sind die Marktakteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette des biogenen Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarktes organisiert: vom Biomasseanbau und ihrer Bereitstellung über den Maschinen- und Anlagenbau bis hin zu der Planung und dem Betrieb von Bioenergieanlagen in den unterschiedlichen Sektoren. Forschungseinrichtungen und Universitäten ergänzen das Kompetenzfeld des Netzwerkes und tragen zu einem kontinuierlichen Know-how Transfer bei.

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