Energie- / Umwelttechnik

Haushalte in Grundsicherung geben mehr für Heizung und Strom aus – Sparanreize greifen nicht

DIW-Studie analysiert Energieausgaben von 2010 bis 2019, also vor Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine – Vor allem Stromausgaben sind in grundsicherungsbeziehenden Haushalten deutlich höher als in vergleichbaren Haushalten – Offenbar fehlt es an Anpassungsmöglichkeiten, trotz Sparanreizen – Förderprogramme für mehr Energieeffizienz sowie Informationskampagnen nötig

Haushalte, die Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II) oder Grundsicherung im Alter beziehen, geben Monat für Monat deutlich mehr Geld für Heizung und Strom aus als vergleichbare Haushalte mit geringen Einkommen. Für das Heizen der Wohnung waren es im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 5,30 Euro monatlich mehr, für Strom sogar 9,10 Euro, wie aus einer Studie der Abteilung Staat und der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervorgeht. Dabei gibt es mit Blick auf die Stromausgaben eigentlich einen erheblichen Sparanreiz für grundsicherungsbeziehende Haushalte, denn diese Ausgaben werden im Rahmen des Regelsatzes pauschal und damit unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch abgegolten. Jede eingesparte Kilowattstunde Strom würde sich also positiv im Geldbeutel bemerkbar machen. Demgegenüber werden die Ausgaben für Heizenergie als Teil der Kosten der Unterkunft – die separat zum Regelsatz berechnet werden – in der tatsächlichen Höhe übernommen. Entsprechend gibt es hier keinen direkten finanziellen Anreiz, Energie einzusparen.

„Dass Haushalte in der Grundsicherung trotz starker Sparanreize deutlich mehr Geld für Strom ausgeben als vergleichbare Haushalte, ist nicht nur aus sozialpolitischer Sicht bedenklich, insbesondere vor dem Hintergrund der zuletzt stark gestiegenen Energiepreise“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin und neben Stefan Bach, Lars Felder und Wolf-Peter Schill einer der Studienautoren. „Es ist auch klimapolitisch eine Herausforderung – denn eine Ursache dürften ältere und weniger energieeffiziente Elektrogeräte sein, die die Haushalte mangels finanzieller Spielräume auch nicht so schnell werden ersetzen können“, so Haan. Grundsicherungshaushalte lebten zudem häufiger in älteren und schlechter gedämmten Mietwohnungen, was beim Heizen nachteilig sei.Klimapolitik gerät an Grenzen, wenn Sparanreize nicht greifen können

Für die Studie haben die Autoren bevölkerungsrepräsentative Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) verwendet, die bis zum Jahr 2019 reichen. Effekte der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren somit nicht Teil der Untersuchung. Weil ein einfacher Vergleich der durchschnittlichen Ausgaben für Energie von Haushalten mit und ohne Grundsicherung zu kurz greifen würde, haben die Studienautoren in ihren Berechnungen relevante Unterschiede zwischen den Haushalten berücksichtigt. Dazu zählen etwa das Einkommen, die Wohnungsgröße oder die Zahl der in einem Haushalt lebenden Personen.

„Dass Haushalte in der Grundsicherung trotz starker Sparanreize deutlich mehr Geld für Strom ausgeben als vergleichbare Haushalte, ist nicht nur aus sozialpolitischer Sicht bedenklich, sondern auch klimapolitisch eine Herausforderung.“ Peter Haan

Die Befunde verdeutlichen, dass die Klimapolitik mit anreizgesteuerten Maßnahmen bei ärmeren Haushalten an ihre Grenzen kommen könnte. „Zentrales Steuerungselement der Klimapolitik ist ein künftig steigender Preis für den Ausstoß von CO2, wodurch fossile Heizenergieträger und Strom teurer werden“, erklärt Energieökonom und Studienautor Wolf-Peter Schill. „Wenn manche Haushalte auf Sparanreize aber gar nicht reagieren können, droht die Klimapolitik bei diesen Gruppen ins Leere zu laufen.“

Daher raten die Studienautoren zu Förderprogrammen, die es Haushalten in der Grundsicherung und mit niedrigen Einkommen erleichtern, energieeffizientere Geräte anzuschaffen. Darüber hinaus brauche es gezielte Aufklärungs- und Informationskampagnen, die konkrete Einsparmöglichkeiten aufzeigen. Schließlich müsse auch bei der Förderung der energetischen Gebäudesanierung nachjustiert werden, damit diese effektiver werde.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin)
Mohrenstraße 58
10117 Berlin
Telefon: +49 (30) 89789-250
Telefax: +49 (30) 89789-200
http://www.diw.de

Ansprechpartner:
Sebastian Kollmann
Pressestelle
Telefon: +49 (30) 89789-250
Fax: +49 (30) 89789-200
E-Mail: presse@diw.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel