Kunst & Kultur

Literatur-Klassiker „Die Schachnovelle“ in der Bühne

Am Samstag präsentierte die Bühne am Schardthof mit „Die Schachnovelle“ ein spannendes, teilweise düsteres und nachdenkliches Theaterstück mit Musik. Die von der hohen Emozionalität der Aufführung gefesselten Zuschauer beschäftigten sich gemeinsam mit der Hauptfigur Dr. B. mit den Fragen: Was ist grausamer: körperliche oder seelische Folter? Wie viel Einsamkeit erträgt ein Mensch? Stefan Zweigs Meisternovelle ist dabei subtil ein gelungenes Plädoyer für Selbstbestimmung und für Kreativität. Die Schachnovelle lotet auf engstem Raum die Abgründe der menschlichen Seele aus. „Snapeldorium“, bestehend aus dem Musiker Bernd und der Schauspielerin und Sängerin Nora gelang es im 2-Personen-Stück mit Musik vor allem das psychologisch Abgründige, Rätselhafte und Beklemmende auf der Bühne zu erzeugen, um es für das Publikum erlebbar werden zu lassen. Durch gezielte, einfache Raumdarstellungen nutzte Snapeldorium geschickt die Black-Box-Bühne des Essenbacher Kleinkunsttheaters, als wäre diese extra für das Kammerstück „Die Schachnovelle“ geschaffen worden. Dunkle Seiten- und Rückwände, einfaches kaltes Licht ohne jegliche Farbe und die spärliche Raumausstattung „Bett, Tisch, Stuhl, Waschüssel“. So konnte die Spannung des Psychospiels durchgängig aufrecht erhalten werden und das Publikum erlebte, wie Dr. B.  im Österreich der 1930er Jahre von der Gestapo verhaftet und in ein Hotelzimmer gesperrt wurde. Um Einzelheiten über den Verbleib der von ihm verwalteten Vermögensposten zu erlangen, sperrten sie Dr. B. über Monate in Einzelhaft in einem Zimmer des Hotels Metropol in Wien, das zur Gestapozentrale umgebaut wurde. In diesem ist ihm jede Ablenkung verwehrt, selbst der Ausblick aus dem Zimmer ist auf eine Feuermauer. Nach mehrwöchiger völliger Isolation begann man, ihn zu verhören. Aufgrund des totalen geistigen Entzugs verschlechterte sich Dr. B.s Geisteszustand. Während der Wartezeit auf ein Verhör gelang es ihm, ein Buch zu entwenden. Zu seiner Enttäuschung handelte es sich dabei jedoch nicht – wie erhofft – um anregende Literatur, sondern um eine Sammlung berühmter Schachpartien. Um trotzdem einer geistigen Betätigung nachzugehen, begann Dr. B., der nur während seiner Gymnasialzeit Schach gespielt hatte, in seiner Isolation die Partien nachzuspielen, zuerst auf einem karierten Betttuch, später nur noch rein geistig – was ihm nach einigen Monaten vollständig gelang. Dann begann er, neue Partien gegen sich selbst zu spielen, wozu er zwei unabhängige geistige Instanzen erschuf und dadurch schließlich eine Persönlichkeitsspaltung erlitt. Der Umstand, dass das jeweils unterlegene „Ich“ – er bezeichnet seine beiden Persönlichkeiten als „Ich Schwarz“ und „Ich Weiß“ – nach einer Partie sofort und vehement Revanche forderte, führte bei Dr. B. zu einem Zustand, den er als „Schachvergiftung“ bezeichnet. Er geriet in eine wahnartige Verfassung, erledet einen Nervenzusammenbruch und erwacht im Krankenhaus. Es zeigt sich, dass Dr. B. sich zwar mit Hilfe seines Intellekts vor dem Irrsinn und der Gefangenschaft retten konnte, jedoch Gefangener seiner Rettungsmethode (manisches Schachspielen) geworden ist. Verflochten wurden diese Szenen der Folter mit Dr. Bs Reise auf dem Schiff gen Amerika, wo ein Schachspiel gegen den Schachweltmeister Mirko Czentovic seine inneren Dämonen wieder zu Tage fördert. Die Zuschauer erlebten auch Dank der überzeugenden schauspielerischen Leistung von Nora einen Psychothriller, dermitreißend gespielt wurde.
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