Verbraucher & Recht

Nackter Vermieter im Hof ist kein Grund zur Mietminderung

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einem aktuellen Urteil zu einer Fragestellung im Mietrecht entschieden, die durchaus kontrovers diskutiert werden kann: Muss eine Mieterin einen nackten Vermieter im Hof dulden? Er sonnte sich nackt auf einer Liege. Das Gericht kam in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass die Mieterin die Nacktheit des Vermieters im Hof hinnehmen muss, da dieser sich in einem von der Wohnung der Mieterin räumlich getrennten Bereich aufhält und somit keine Beeinträchtigung der Nutzung der Wohnung vorliegt. Die Mietminderung sei daher nicht gerechtfertigt gewesen (Az. 2 U 43/22). Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer zeigt das Urteil vom 18. April 2023, dass eine Mietminderung nicht immer das Mittel der Wahl ist, um gegen mögliche Beeinträchtigungen der Wohnnutzung vorzugehen. Dr. Stoll & Sauer bietet zum Mietrecht eine kostenlose Erstberatung im Online-Check an. Die Kanzlei gehört zu eine der führenden in Deutschland. Mehr Infos zum Miet- und Wohnungseigentumsrecht gibt es auf unserer Website.

Freiheit des Vermieters durch Persönlichkeitsrecht geschützt

In dem konkreten Fall hatte eine Mieterin ihre Miete gemindert, da sie sich durch den Anblick des nackten Vermieters im Hof gestört fühlte. Der Mieterin hatte vom Vermieter eine Büroetage in einem Gebäude im Frankfurter Westend angemietet, welches zum Teil zu reinen Wohnzwecken – auch vom Vermieter – genutzt wurde. Die Mieterin minderte die Miete nach knapp einjähriger Mietzeit. Mit seiner Klage begehrt der Vermieter unter anderem rückständige Mieten. Das Amtsgericht sprach der Mieterin eine Mietminderung zu. Das OLG Frankfurt hob das Urteil des Amtsgerichts jedoch auf und argumentierte, dass die Freiheit des Vermieters, sich in seiner Wohnung oder in seinem Garten aufzuhalten, wie es ihm beliebt, durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sei.

Rein aus ästhetischem Empfinden, das durch den nackten Vermieter verletzt wurde, lässt sich grundsätzlich kein Abwehranspruch ableiten. Außer, das Nacktsonnen richtet sich gezielt gegen den anderen, betonte das Gericht. Eine „grob ungehörige Handlung“ im Sinne des § 118 OWiG liege nicht vor. Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück. Der Ort, an dem der Kläger sich unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Beklagten aus nur dann sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Dies stehe einer gezielten Einwirkung entgegen.

Soweit die Mieterin behaupte, dass der Vermieter sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe, so dass „ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlicher Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit“ konfrontiert würde, sei für das Gericht nicht nachgewiesen worden. Der Vermieter habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.

Das Urteil zeigt, dass eine Mietminderung nicht in jedem Fall gerechtfertigt ist und dass die Freiheit des Vermieters, sich in seinem eigenen Bereich aufzuhalten, gewahrt werden kann. In der Begründung des Urteils wird darauf verwiesen, dass der Vermieter in seinem eigenen Bereich eine hohe Autonomie genieße und sich in der Regel frei bewegen könne. Die Mieterin habe durch die Nacktheit des Vermieters im Hof keine Einschränkungen in ihrer Wohnnutzung erfahren und könne nicht darauf pochen, dass ihr ein Recht auf einen nacktfreien Hof zustehe.

Fazit: Das Urteil zeigt aber auch, dass es im Mietrecht immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen kommen kann und dass nicht alle Fälle eindeutig gelöst werden können. Denn es bleibt abzuwarten, ob das Urteil in ähnlichen Fällen Anwendung finden wird. Es bleibt auch die Frage offen, inwiefern die Grenzen der Autonomie des Vermieters in seiner eigenen Wohnung oder auf seinem eigenen Grundstück gezogen werden können und welche Rechte die Mieterin in diesem Zusammenhang hat. Zudem spielt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Mietrecht eine wichtige Rolle und es immer auf eine Abwägung der Interessen beider Seiten ankommt. Bei Problemen mit Mietern oder auch Vermietern bietet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer eine kostenlose Erstberatung an. Hier geht es zum Online-Check.

Über die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Mit der Expertise von 37 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Erb-, Versicherungs-, Sozial-, Wohn- und Mieteigentums- , Handels- und Gesellschafts- sowie Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.

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