„Neue Arbeitswelt“ heißt Verantwortung übernehmen
Die große Überschrift des Architekturkongresses „Neue Arbeitswelten“ nahm durch die Keynote von Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von „VAUDE Sport“, Gestalt einer machbaren Vision an. Sie schilderte die Transformation ihres Unternehmens zu einem mit „kleinstmöglichem ökologischen Fußabdruck“ – in Produktion, Verwaltung, Öffnung zu Standortregionen, Strom, Dach-PV, alternative Mobilität. Nachhaltiges Handeln habe einen „unglaublichen Innovationsprozess angestoßen“, so Antje von Dewitz. In den Finanzkennzahlen werde das jedoch nicht sichtbar. „Es ist wahnsinnig schwer als Unternehmen Verantwortung zu übernehmen: Es kostet mehr und ist schwieriger als es nicht zu tun. Das ist schräg“, verwies sie mittelbar auf die analoge Situation im Gebäudesektor, wo es ebenfalls nicht belohnt wird, wenn man verantwortungsvoll baut. Motivation seien Glaubwürdigkeit, Verantwortung und Resilienz. „Wir verfolgen ökologische Ziele, schaffen aber auch Lebensqualität.“ Ihr Credo: „Die Transformation lässt sich nur stemmen, wenn der eigene Glauben da ist.“
Im Eröffnungsdialog mit AKBW-Präsident Markus Müller stellte Reutlingens Baubürgermeisterin Angela Weiskopf Beispiele für „Neue Arbeitswelten“ vor: den INNOPORT, einem „urbanen und flächensparenden Gewerbegebiet“ mit 60 Prozent Produktion und 40 Prozent Büros. Darüber hinaus berichtete sie von Bosch, am Standort mit 7500 Mitarbeitenden ein großer Player, mit einer völlig veränderten Firmenphilosophie: „Bosch wird Stadt, Stadt wird Bosch“ – also die Öffnung und Vernetzung des Firmengeländes in die Kommune. Solche „neu kuratierten Gewerbegebiete“ wie in Reutlingen seien die Zukunft, sagte Müller. Voraussetzung sei allerdings, dass die Kommunen im Besitz der Flächen sind.
Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz relativierte: „Nichts kommt von allein! Wir wissen, was kommen müsste, und die Realität ist eine andere.“ Kurz stellt eine „Spaltung der Arbeitswelten“ fest in gleichzeitig Fortschritt und Stagnation. Architektur sei eine notwendige Bedingung für eine gute Stadt, aber keine hinreichende. Alle funktionierenden Beispiele hätten gemeinsam: entweder Zugriff auf die Grundstücke oder engagierte Partner. Das Bauplanungsrecht sei ein viel zu stumpfes Schwert. „Wir brauchen ein generelles Vorkaufsrecht für die Kommune, um eingreifen zu können.“ Und die Gesellschaft brauche mehr Bewusstsein dafür, was Stadt bedeute – eindeutig ein Bildungsauftrag.
Der Züricher Architekt und Neurologe Markus Schaefer nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise mit der zentralen Frage: Wie würden wir leben, wenn wir die Gestaltungsaufgabe Nachhaltigkeit ernst nähmen?“ Aktive Stadtentwicklung bedeute die Rückkehr der Industrie in die Stadt, ähnlich wie etwa im Mittelalter. Es muss um Kreislaufwirtschaft und Materialschonung gehen, um eine inklusive, produktive Gesellschaft. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir die Dinge wieder neu zusammendenken müssen.“
Noch bis 18:30 Uhr läuft die Live-Übertragung der Beiträge im Plenum – im Anschluss stehen die Aufzeichnungen unter dem gleichen Link zur Verfügung: www.messe-stuttgart.de/archikon/archikon-live
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