Energie- / Umwelttechnik

„Wir wollen echten Mehrwert generieren“

Die zunehmende Kunststoffproduktion stellt die Gesellschaft vor Probleme – besonders bei Lebensmittelverpackungen sind Kunststoffe immer noch das bevorzugte Material. Untersuchungen des Deutschen Instituts für angewandte Ökologie belegen, dass durch die Verwertung von Verpackungen aus Gelbem Sack und Gelber Tonne, Glas und Papier/Pappe/Karton jährlich 1,95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in Deutschland eingespart werden. Diese Zahl entspricht in etwa den Emissionen, die eine Stadt wie Bonn mit ihren 318.000 Einwohnern in einem ganzen Jahr verursacht. „Das beweist, dass Mülltrennung wirklich funktioniert und sich für die Umwelt auszahlt“, erklärt Uwe Echteler, Vorstand der Landbell AG, einem führenden Betreiber von Rückhol-Systemen. Zur Verwertung von Verpackungen aus dem Gelben Sack/Gelber Tonne hat sich seit Jahren das mechanische Recycling etabliert – doch das stößt an seine Grenzen. „Das chemische Recycling bietet für schwer zu recycelnde Kunststoffverpackungen eine bis dato nicht vorhandene effektivere Lösung, um den Kreislauf zu schließen“, weiß Uwe Echteler.

Herr Echteler, Kreislaufwirtschaft ist elementar, um Klimaschutzziele zu erreichen. Woran hapert es in der Mülltrennung heute noch?

In unserer Wahrnehmung stellt die unzureichende Aufklärung der Verbraucher einen wesentlichen Aspekt dar. Die richtige Trennung des Mülls ist ein bedeutender Beitrag, um aus Müll Wertstoffe zu gewinnen und damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Initiative „Mülltrennung wirkt“, an der Landbell beteiligt ist, zielt mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne für Verbraucher in diese Richtung.

Wie lassen sich Unternehmen für das Thema sensibilisieren?

Unternehmen sind sich inzwischen ihrer Verantwortung viel stärker bewusst als noch vor einigen Jahren. Eindeutige Verpackungskennzeichnung unterstützt die Verbraucher bei der korrekten Mülltrennung, darüber hinaus gelingt es in vielen Bereichen besser, gut recyclingfähige Verpackungen einzusetzen.

In Zusammenarbeit mit Ihren Partnern bieten Sie chemisches Recycling von Kunststoffen an. Was sind die Vorteile bei dieser Methode?

Komplexe Kunststoffverpackungen, die uns im Lebensmittelbereich häufig begegnen, lassen sich heute zu einem erheblichen Anteil nicht hochwertig mechanisch recyceln. Und genau hier setzt das chemische Recycling an. Durch die weitergehende Zerlegung der Kunststoffe ist es möglich, qualitativ hochwertige Endprodukte in Neuwarequalität herstellen zu können, die sogar zu 100% lebensmittelgeeignet sind. Damit werden sehr viele neue Anwendungsmöglichkeiten geschaffen, die bis dato verschlossen sind.

Wie funktionieren die Abläufe beim chemischen Recycling?

Durch das sogenannte Pyrolyse-Verfahren kann unser Partner SABIC gebrauchte Mischkunststoffe aus dem Gelben Sack auf molekularer Ebene wiederverwerten. Die Kunststoffabfälle werden in einer sauerstofffreien Umgebung auf hohe Temperaturen erhitzt und aufgespalten, wodurch Pyrolyse-Öl entsteht. Mit dem gewonnenen Pyrolyse-Öl können neue Verpackungen und Produkte erzeugt werden, die strengste Qualitätsanforderungen erfüllen.

Die weitergehende Zerlegung beim chemischen Recycling führt zu einem erhöhten Energiebedarf. Wann lohnt sich der Einsatz dieses Verfahrens?

Der Energiebedarf im chemischen Recycling ist erheblich und nicht von der Hand zu weisen. Entscheidend ist es daher, Abfallströme auszuwählen, die für das chemische Recycling geeignet sind, im mechanischen Recycling jedoch nur per Downcycling oder thermisch verwertet werden können. So können wir mit chemischem Recycling Kreisläufe hochwertig schließen – und damit das mechanische Recycling sinnvoll ergänzen und echten Mehrwert generieren.

Gemeinsam mit SABIC und Mars konnten Sie den Kreislauf für Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff schließen. Welche Herausforderungen hatten Sie dabei zu meistern?

Zunächst war herauszufinden, in welchen Sortierfraktionen relevante Mars-Verpackungsmengen anfallen. Im nächsten Schritt war die Eignung dieser Outputfraktion für die direkte Zuführung zum Pyrolyse-Prozess zu prüfen. Im letzten Schritt galt es, das Pyrolyse-Öl passend in die Erzeugung der Verpackungsanwendung zu integrieren. Diese Schritte erforderten einen intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten entlang der Prozesskette.

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