44 Millionen für erfolgreiche Sonderforschungsbereiche der Medizinischen Fakultät Heidelberg
- Drei Sonderforschungsbereiche unter Heidelberger Federführung gehen in die Verlängerung
- Chronische Schmerzen: Wie können Veränderungen in Nervenzellen und -bahnen verhindert oder rückgängig gemacht werden?
- Immunsystem: Welche Rolle spielen Immunzellen der Haut bei Autoimmunerkrankungen?
- Bösartige Hirntumore: Wie lässt sich die Therapieresistenz überwinden?
Ein großer Erfolg für die Forschung an der Medizinischen Fakultät Heidelberg: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert drei bereits bestehende Sonderforschungsbereiche (SFB) mit insgesamt rund 44 Millionen Euro für jeweils eine weitere Periode von vier Jahren. „Ich gratuliere allen beteiligten Forschenden herzlich, und danke für das herausragende Engagement. Die Entscheidung der DFG würdigt Ihre exzellente wissenschaftliche Arbeit und ist eine Auszeichnung für den Medizinstandort Heidelberg", sagt Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät. An der Medizinischen Fakultät sind insgesamt sieben SFBs und SFB-Transregios angesiedelt, die Heidelberger Wissenschaftler sind an weiteren zwölf SFBs beteiligt.
Der SFB 1158 „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz: Struktur-Funktions-Merkmale neuraler Bahnen und deren Reorganisation" untersucht, wie aus akuten Schmerzen chronische werden, welche molekularen und zellulären Mechanismen dahinterstecken und wie diese Erkenntnisse für Therapien genutzt werden können. Sprecherin des mit rund 17,5 Millionen Euro für eine dritte Periode geförderten SFBs ist Professor Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Als Projektpartner in diesem SFB sind das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI), die Universität Würzburg, die Universität Bonn, die Universität des Saarlandes, die Universität Hamburg, Ludwig Maximilian Universität München sowie das Deutsche Zentrum für Diabetes in Düsseldorf beteiligt.
Im SFB-Transregio 156 „Die Haut als Sensor und Initiator von lokaler und systemischer Immunität" erforschen die Wissenschaftler seit acht Jahren in einem überregionalen Forschungsverbund die Rolle der Haut bei der Abwehr von Krankheitserregern. Sprecher ist Professor Dr. Alexander Enk, Geschäftsführender Direktor der Universitäts-Hautklinik Heidelberg. Projektpartner im mit rund 14 Millionen Euro für die dritte Periode geförderten SFB-Transregio sind die Universitäten Tübingen und Mainz.
Nach vier, trotz Corona-Einschränkungen sehr erfolgreichen Jahren zum ersten Mal verlängert wird der SFB 1389 „Überwindung der Therapieresistenz von Glioblastomen – UNITE GLIOBLASTOMA ", in dem Therapie-Resistenzen bei diesen bösartigen Hirntumoren verstanden und gezielt bekämpft werden sollen. Sprecher des SFB, der mit rund 12,5 Millionen Euro gefördert wird, ist Prof. Dr. Wolfgang Wick, Geschäftsführender Direktor der Neurologischen Klinik und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuroonkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Projektpartner sind neben dem DKFZ, die Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, die Hochschule Mannheim und die Universität Augsburg.
Chronische Schmerzen besser verstehen und zu beeinflussen lernen
Was passiert, wenn Schmerzen bleiben, obwohl der ursprüngliche Schmerzauslöser, z.B. eine Verletzung, längst verheilt ist? Dieser Frage geht der SFB 1158 an der Medizinischen Fakultät Heidelberg nach. Im Fokus steht, wie sich Nervenzellen und -bahnen verändern, wenn Schmerzen chronisch werden. „Das Wissen um die Veränderungen der neuralen Netzwerke und deren Relevanz für die Schmerztherapie ist bislang noch sehr lückenhaft. In den letzten acht Jahren haben wir diese Lücke verkleinert, indem wir einige wichtige molekulare und zelluläre Mechanismen aufgeklärt haben", sagt Kuner. Denn ein umfassendes Verständnis aller Aspekte der Chronifizierung – von der molekularen Ebene bis zur subjektiven Wahrnehmung – ist Voraussetzung für die gezielte Entwicklung dringend benötigter neuer Therapien.
Die interdisziplinären Teams beschrieben nicht nur neue molekulare Mechanismen, sondern auch wie verschiedene Zelltypen des Nervengewebes – von den Nervenzellen selbst, über die sogenannten Gliazellen bis zu den Blutgefäßen – sowie Umwelt- und soziale Reize wie frühkindliche Erfahrungen oder Stress zur Schmerzchronifizierung beitragen. In der nun bewilligten dritten Förderperiode steht die Entwicklung von Interventionen im Mittelpunkt, die an diesen neu entdeckten Mechanismen ansetzen. Ziel ist es, zukünftig die Chronifizierung von Schmerzen rückgängig zu machen oder sie im Rahmen der Wundheilung direkt vorzubeugen. „Wir wollen eine Art Werkzeugkasten für die Behandlung und Vorbeugung chronischer Schmerzen entwickeln, der nicht nur neue Medikamente enthält, sondern auch neuromodulatorische, kognitive, digitale und soziale Interventionsmöglichkeiten", so die Pharmakologin. Beispiele sind die Neurostimulation, Verhaltenstherapien oder Smartcell-basierte Verfahren. Sie sollen je nach beteiligtem Mechanismus und Veränderung in den neuronalen Schaltkreisen gezielt ausgewählt und eingesetzt werden können.
Die Haut als erste Abwehr gegen Krankheitserreger
Die Haut ist das größte menschliche Organ und bildet zusammen mit Lunge und Darm den Schutzschild des Körpers gegen Krankheitserreger. Bekannt ist, dass Immunzellen in der Haut nicht nur eine lokale Reaktion auf bestimmte Reize auslösen, sondern auch eine Antwort des gesamten Immunsystems veranlassen können. Die molekularen Details sind jedoch noch weitgehend unerforscht und stehen im Fokus des überregionalen Sonderforschungsbereichs.
„Einzelne Forschungsprojekte konzentrieren sich bislang meist nur auf einen bestimmten Zelltyp innerhalb dieses komplexen Systems, der größere physiologische Kontext fehlt dann", erklärt Professor Dr. Alexander Enk. Im Rahmen des SFB untersuchen die Forscher, wie Abwehrzellen der Haut sowohl miteinander als auch mit anderen Zelltypen der Haut interagieren. Außerdem wollen die Forscher neue Einsichten gewinnen, wie die verschiedenen Zelltypen der Haut weitere Immunzellen und damit die vielschichtige Krankheitsabwehr des Körpers beeinflussen. „Die Zusammenarbeit von Dermatologen und Grundlagenforschern verschiedener Fachrichtungen wie Immunologie und Mikrobiologie bietet optimale Voraussetzungen, um die komplexen Zusammenhänge der Immunantwort zu begreifen. Ein besonderer Fokus der dritten Förderperiode wird es nun sein, die Forschungsergebnisse der letzten acht Jahre in die klinische Anwendung zu bringen. Hierzu sollen unter anderem klinische Studien z.B. zu menschlichen Autoimmunerkrankungen dienen."
Gemeinsam gegen Hirntumore
Das Glioblastom ist bei Kindern und Erwachsenen eine schwere und meist tödliche Erkrankung. Ziel von UNITE ist die Entwicklung neuartiger, personalisierter Therapien. Bisher erfolgt die Behandlung sowohl durch Bestrahlung, alkylierende Chemotherapie als auch durch experimentelle, zielgerichtete immuntherapeutische Behandlungsstrategien. Früher oder später kommt es jedoch zur Therapieresistenz, deren molekulare Mechanismen selbst bei den meisten als Standardtherapien angesehenen Verfahren noch vollständig oder zumindest teilweise unverstanden sind.
„Unser SFB-Konzept ist von der klaren Überzeugung getragen, dass Glioblastome behandelbar sein werden", sagt Prof. Wick. Diese Behandelbarkeit zu erreichen, benötigt einen umfassenden Ansatz, der durch Innovation, starke strukturelle und inhaltliche Kooperationen sowie den Fokus auf klinische Entwicklung getragen wird. Kernstück des aus 20 Projekten bestehenden SFBs ist die „UNITE Core Sammlung", für die einheitliche, integrierte Datensätze aus allen Projekten zusammengeführt werden. Sie stammen aus Hochdurchsatzverfahren für molekulare Analysen, präklinischen Modellen, Bildgebung und klinischen Daten Betroffener. „In der zweiten Förderperiode werden wir verstärkt die klinische Umsetzung der Ergebnisse vorantreiben und neben der Neuerkrankung auch die Phase der Progression intensiver untersuchen", so Wick. Wichtiger Bestandteil der SFB-Förderung ist zudem die zentrale „UNITE School of Neurooncology", die inhaltlich selbständig, aber konzeptionell in das Karriereförderungskonzept der Medizinischen Fakultät integriert ist. Stellvertretende Sprecher von UNITE sind die renommierten Neuroonkologen Professor Dr. Michael Platten, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim, Professor Dr. Stefan Pfister, Direktor für "Präklinische Kinderonkologie" am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg, Leiter der Abteilung Pädiatrische Neuroonkologie am DKFZ und Dr. Christiane Opitz, Leiterin der Abteilung Metabolomuntersuchungen bei Krebserkrankungen am DKFZ.
Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Ziel von Sonderforschungsbereichen ist es, innovative, aufwendige und langfristig konzipierte Forschungsvorhaben über die Grenzen von Fachdisziplinen und Institutionen hinaus zu fördern. Neben wissenschaftlichen Aspekten tragen auch Nachwuchsförderung und die Gleichstellung von Forscherinnen und Forschern zum erfolgreichen Abschneiden im anspruchsvollen Auswahlverfahren der DFG bei.
Weitere Informationen im Internet
SFB 1158 „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz: Struktur-Funktions-Merkmale neuraler Bahnen und deren Reorganisation": Heidelberg Pain Consortium (sfb1158.de)
SFB-Transregio 156 „Die Haut als Koordinator lokaler und systemischer Immunantworten"
SFB 1389 „Understanding and targeting resistance in glioblastoma – UNITE GLIOBLASTOMA "
Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de
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