Artenvielfalt fördern: Grünland bewahren
„Der Rückgang der Artenvielfalt ist ein unersetzlicher Verlust, den wir uns nicht leisten können“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Es geht um die Lebensgrundlage der Menschen.“ Nach Bondes Worten ist es zu begrüßen, dass sich die Staatengemeinschaft auf der Weltnaturkonferenz in Kanada Ende vergangenen Jahres darauf geeinigt hat, bis 2030 weltweit mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche zu schützen. „Allerdings beginnt jetzt erst die Arbeit“, so Bonde. „Wir brauchen Regelungen in Deutschland, aber auch eine gezielte, internationale Zusammenarbeit, um Pflanzen, Tiere und Lebensräume zu bewahren. Unsere Nahrung, unser Wohlergehen und auch unsere wirtschaftliche Entwicklung hängen davon ab.“
Klimakrise hat Auswirkungen auf wichtige Grünland-Lebensräume
Zu den in Europa am häufigsten vorkommenden Ökosystemen zählt Grünland, „also landwirtschaftlich genutzte Flächen, die durch Mahd oder Beweidung gepflegt werden und auf denen überwiegend Gräser und Kräuter wachsen“, sagt Dr. Volker Wachendörfer, DBU-Experte für Natur- und Gewässerschutz. Die offenen Grünlandflächen bieten Lebensräume für viele seltene Tier- und Pflanzenarten, „sie sind aber etwa durch eine Umwandlung in Ackerland und mangelnde Pflege bedroht“, so Wachendörfer.
Dass sich darüber hinaus veränderte Temperatur- und Niederschlagsmuster angesichts der Klimakrise bereits im Grünland Mitteleuropas auswirken, hat Dr. Franz Löffler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück, in seiner durch das DBU-Promotionsstipendium geförderten Dissertation festgestellt. „Die Studien zeigten unter anderem, dass sich wärmeliebende Heuschreckenarten in der Eifel durch die Klimaerwärmung in den letzten 30 Jahren ausbreiten konnten“, so Löffler. Da es sich dabei überwiegend um weniger anspruchsvolle Generalisten handelt, könne dies in ohnehin schon degradierten Grünland-Ökosystemen langfristig zu einer Vereinheitlichung der Lebensgemeinschaften führen. Um die Artenvielfalt zu bewahren, gibt Löffler anhand seiner Studienergebnisse Empfehlungen für nachhaltiges Grünland-Management: „Größe, Qualität und eine gute Vernetzung der Lebensräume sind maßgebliche Faktoren, damit insbesondere auch spezialisierte Arten mit Klimaveränderungen Schritt halten können.“ Löfflers Doktorarbeit erlangte internationale Aufmerksamkeit und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie.
Mahdgutübertragung als effektive Methode zur Renaturierung von Grünland
Um Pflanzenarten auf verarmtem Grünland effizient wieder zu etablieren und somit die Biodiversität und naturschutzfachliche Qualität zu erhöhen, arbeitet ein Forschungsteam der Justus-Liebig-Universität Gießen in einem DBU-geförderten Vorhaben an einheitlichen Standards für die sogenannte Mahdgutübertragung – eine für Grünland häufig angewendete Renaturierungsmethode. „Dabei werden artenreiche Flächen gemäht und das samenreiche Pflanzenmaterial auf der zu renaturierenden Fläche aufgebracht“, sagt Prof. Dr. Till Kleinebecker, Leiter der Arbeitsgruppe Landschaftsökologie und Landschaftsplanung der Universität Gießen. Das Problem: „Viele Faktoren, zum Beispiel der Zeitpunkt der Übertragung oder die Qualität des Materials, können den Erfolg der Renaturierungsmaßnahme beeinflussen“, so Kleinebecker. Diese Auswirkungen seien allerdings oftmals erst Jahre später erkennbar, „in der Regel gibt es aber kein Langzeitmonitoring“, sagt Kleinebecker.
Standortbedingungen für erfolgreiche Mahdgutübertragung wichtig – Entwicklung von Standards
Das Team der Universität Gießen hat daher im Rahmen des DBU-Projekts unter anderem Dauerbeobachtungsflächen in Auenwiesen am hessischen Oberrhein eingerichtet, die vor mehr als zehn Jahren renaturiert wurden und Vegetation, Boden und Biomasseaufwuchs untersucht. „Im Vergleich zu Daten wenige Jahre nach der Renaturierung sind die meisten Arten auch nach 15 Jahren stabil geblieben oder haben sogar zugenommen“, sagt Kleinebecker. Positive Effekte einer Bodenbearbeitung vor dem Mahdgutauftrag etwa durch Pflügen konnte das Forschungsteam hingegen nicht mehr feststellen. „Vielmehr sind lokale Standortbedingungen wie das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff im Boden oder die Häufigkeit von Überflutungen entscheidend, wie viele Pflanzenarten sich langfristig etablieren“, sagt Kleinebecker. Ferner könne eine gezielte Einsaat von seltenen Arten in Kombination mit der Mahdgutübetragung sinnvoll sein. Um Erfahrungswissen zu bündeln, hat das Projektteam darüber hinaus Interviews mit Beteiligten aus Planung, Verwaltung, Landwirtschaft und Naturschutz geführt. Aus den Ergebnissen werden nun allgemeingültige Faktoren und Empfehlungen entwickelt, die Ende 2023 veröffentlicht werden sollen. Die DBU fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit rund 212.000 Euro.
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