Dichtheit und technische Sauberkeit gehören zusammen
Text: Annedore Bose-Munde
Clean & tight – sauber und dicht – dieser zwangsläufige technische Zusammenhang ist die Basis für wasserdichte Verbindungslösungen wie sie beispielsweise im Bereich der Elektromobilität gefordert sind. Die Arnold Umformtechnik GmbH & Co. KG untersucht die Grundlagen für die Gewährleistung von Dichtheit und Sauberkeit, spezifiziert Anwendungen und analysiert die Einflussfaktoren auf das System. „Technische Sauberkeit ist eine der Grundvoraussetzungen für das Erreichen einer geforderten Dichtheit“, sagt Leon Münkel. Er ist seit Anfang April bei Arnold Umformtechnik im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Sein Fokus liegt dabei auf dem Thema Dichtheit. „Die von den Kunden aktuell verlangte Dichtheitsanforderung heißt wasserdicht. Das heißt mit Blick auf die Thematik Clean & tight: Es muss geprüft werden, wie sauber das Bauteil sein muss, um die Anforderung zu erfüllen. So müssen beispielsweise sämtliche Fügeverbindungen bei Batteriekästen wasserdicht sein“, erläutert er. Arnold Umformtechnik ist im Bereich der technischen Sauberkeit seit vielen Jahren aktiv, war quasi einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Daniel Schmidt kennt die Thematik gut. Er ist seit 2010 im Unternehmen und seit 2016 im Bereich Cleancon. Cleancon – so der Markenname für das Konzept der technischen Sauberkeit – orientiert sich an den Anforderungen der Automobilindustrie und an der VDA19.1 zur Prüfung der technischen Sauberkeit. Er weiß: „Technische Sauberkeit ist für viele Betriebe oft noch ein Novum. Häufig fehlt es an Berührung mit diesem Themengebiet. Aber man merkt, dass es für die Unternehmen immer wichtiger wird.“
Ziel ist die Bewertung der Dichtigkeit der Produkte
Für die gezielte Entwicklung von passgenauen wasserdichten Verbindungslösungen sind neben der Erfahrung und einem passgenauen Mess- und Auswerte-Equipment fundierte Anwendungskenntnisse und mitunter auch individuelle Prozesse nötig. Nico Künkel kennt die Fragen und die Anforderungen der Kunden genau. Seit fünf Jahren arbeitet er im Projektmanagement Fastening Solutions bei Arnold Umformtechnik. Hier ist er für die Bewertung von Kundenanfragen, für Fragen zur Herstellbarkeit von Verbindungslösungen, die Kostenkalkulation, Kapazitätsabschätzungen sowie die Neuteilbetreuung bis hin zur Erstfertigung zuständig. „Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass eine bestimmte Dichtheitsanforderung auch einen definierten Sauberkeitsgrad erfordert. Und wir müssen die Auswirkungen auf die Dichtheit verdeutlichen“, betont er. Zudem sei es wichtig, die Dichtheitsmedien zu untersuchen, so Künkel weiter. Sind für die in der geplanten Anwendung genutzten mechanischen oder chemischen Dichtheitsmedien die gleichen Reinigungsprozesse wie bisher ausreichend oder müssen mit Blick auf die individuelle Kundenlösung spezielle Reinigungsprozesse eingeführt werden?
Zielgruppe und Regelwerke für Sauberkeits-Betrachtung
„Reinheit bedeutet die Abwesenheit von Partikeln bis zu einem gewissen Grad“, sagt Daniel Schmidt. Ziel sei daher mit Blick auf die Kundenanwendung immer das Herstellen eines gewissen Sauberkeitsgrades. Das heißt: Es muss gewährleistet werden, dass die Partikelbelastung einen definierten Grad nicht überschreitet. Bei Arnold habe man über die Jahre einen breiten Erfahrungsschatz aufgebaut. „Wir können dem Kunden recht genau sagen, was technisch machbar ist und wo derzeit die Grenzen des Machbaren sind. Hauptaufgabe ist es dabei immer, die Produkte zu reinigen, zu analysieren und den Sauberkeitsgrad bis zum Kunden zu konservieren.
Neben Sauberkeitsanalysen ist bei Arnold beispielsweise auch die Betrachtung des Rest-Magnetismus möglich. Mit einem Verfahren können die Bauteile vor der Reinigung entmagnetisiert werden. Dadurch wird der Reinigungsgrad erhöht und Restmagnetismus-Anforderungen werden erfüllt. Diese werden oft auch auf den Bauteilzeichnungen genannt.
Die Anforderungen an die technische Sauberkeit wurden in der Automobilindustrie geboren. Heute legen allgemeingültige Regelwerke einen standardisierten Rahmen für die Realisierung der technischen Sauberkeit fest, so die VDA19.1 zur Prüfung der technischen Sauberkeit, die VDA 19.2 zur technischen Sauberkeit in der Montage; außerdem die ISO 16.2.3.2 sowie ein Leitfaden zur technischen Sauberkeit für die Elektronikbranche vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI.
Ein Großteil der Arnold-Kunden stammt aus der Automobilindustrie. Daher fokussiert das Unternehmen mit dem Cleancon-Konzept auch auf diese Branche.
Prüfequipment zur Ermittlung von Dichtheit und Sauberkeit
Bei Arnold Umformtechnik steht für die Untersuchungen zur Dichtheit und zur technischen Sauberkeit umfangreiches Equipment zur Verfügung. Dies sind für den Bereich Dichtheit zum einen zwei Dichtheitsprüfstände, die mit Prüfgas messen: eine Massenspektrometrie, welche Helium als Prüfmedium nutzt und eine Differenzdruckmethode, welche Luft als Prüfmedium nutzt. Mit einem weiteren Dichtheitsprüfstand, der Wasser als Prüfmedium nutzt, kann zudem ergänzend ein IPX7-Nachweis erbracht werden. Dieser verlangt, dass Bauteile, die 30 Minuten lang einen Meter in Wasser getaucht werden, funktionstüchtig bleiben und keine Leckagen auftreten.
Für die Sauberkeitsanalyse ist es wichtig, die konkret vorhandene Partikelbelastung der Bauteile zu erfassen. In einem Extraktionskabinett werden bei Arnold die Schmutzpartikel vom Bauteil abgelöst und aufgefangen. Für die anschließend erforderliche Auswertung gibt es verschiedene Herangehensweisen. Möglich ist zum Beispiel die Auswertung mit einem Lichtmikroskop, mit dem Länge und Breite der Schmutzpartikel ermittelt und diese nach metallisch glänzend und nicht metallisch glänzend klassifiziert werden können. Mit einer Laborwaage können Aussagen zur Masse der Partikel getroffen werden. Neu bei Arnold ist ein Rasterelektronenmikroskop. Damit kann genau ermittelt werden, aus welchen chemischen Elementen sich ein Schutzpartikel zusammensetzt. Außerdem lassen sich Rückschlüsse auf die Fehlerquelle ziehen. Zudem steht ein Restmagnetismus-Prüfgerät zur Verfügung. Die Schmutzpartikel, von denen wir sprechen, sind so klein, dass sie mit dem bloßen Auge in den meisten Fällen nicht zu erkennen sind. Außerdem sieht man den Bauteilen nicht an, ob sie magnetisch sind“, erklärt Daniel Schmidt.
Passgenaue Lösung für individuelle Kundenanwendungen entwickeln
Das Thema Clean & tigth spielt für viele Verbindungselemente eine wichtige Rolle. Insbesondere stehen Dichtheitsapplikationen wie Batteriekästen, End- oder auch Anschlussmontagen im Fokus. Auch in der Elektronikbranche hat es große Bedeutung, zum Beispiel, wenn Leiterbahnen eng aneinander liegen. Für ölführende Systeme sowie die Sensortechnik für autonomes Fahren sind saubere Verbindungselemente ebenfalls unabdingbar. Und auch komplexe Multifunktions- und Mehrstufenbauteile – die bei Arnold gefertigten Conform Next-Teile – können in diese Sauberkeitsbetrachtungen einbezogen werden. Ziel der Clean & tight-Untersuchungen bei Arnold Umformtechnik ist es, eine verlässliche Bewertung der Dichtheit der Verbindungselemente in Bezug auf Kundenapplikationen zu gewährleisten. Neben der Aussage dazu, wie dicht die Bauteile sind, sollen Langzeiteinflüsse wie Korrosion oder Umwelteinflüsse bewertet werden. Aus all diesen Untersuchungen lässt sich im Ergebnis ableiten, welche Verbindungslösung welche Dichtheitsanforderungen erfüllt.
„Während des gesamten Entwicklungsprozesses wird der Kunde begleitet. So ist eine frühzeitige Abschätzung der Machbarkeit möglich und wir können bei Bedarf auch eine alternative Verbindungslösung vorschlagen“, beschreibt Leon Münkel die Herangehensweise. Für jede individuelle Kundenanfrage könne so eine passgenaue Lösung entwickelt werden.
Ganzheitlicher Blick auf dem gesamten Prozess ist wichtig
Doch wie viel Sauberkeit ist für eine verlässliche Verbindung gut genug? „Die Sauberkeit wird bereits im Konstruktionsprozess festgelegt“, sagt Daniel Schmidt. Die saubere Schraube allein ist jedoch nicht alles. Auch die Verarbeitung, der innerbetriebliche Transport und das Teilehandling müssen betrachtet werden. Das heißt: Ein ganzheitlicher Blick auf dem gesamten Prozess ist wichtig.
Arnold hat mit Cleancon ein mehrlagiges patentiertes Verpackungskonzept zum Erhalt des Sauberkeitsgrades der Verbindungselemente entwickelt, welches alle Prozessschritte von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Auslieferung abdeckt. Mit Blick auf die Verpackung entwickelt das Unternehmen derzeit zudem eine umweltfreundliche Lösung.
Gesamtpaket bietet alles aus einer Hand
Grundsätzlich geht es immer um eine gezielte Verbesserung der Kundenapplikation durch eine Leckage-Lokalisierung beziehungsweise die Vermeidung von Leckagen. Für den Kunden bedeutet dies im Ergebnis eine höhere Prozesssicherheit. Die Aussagen über den Sauberkeitsgrad der Produkte, die Arnold liefert, können so die Basis für eine saubere Weiterverarbeitung sein.
„Unsere Kunden können nicht nur das Arnold-Equipment für die Untersuchungen zur Dichtheit und Sauberkeit nutzen. Es ist das komplette Paket, beginnend von der Entwicklung über Funktionsmuster und Servicedienstleistungen bis hin zur Fertigung und Auslieferung der Teile nach einem klar definierten Sauberkeitsgrad“, beschreibt Nico Künkel die Leistungen des Forchtenberger Verbindungselemente-Herstellers.
Fest steht jedoch: Technische Sauberkeit ist ein Qualitätsmerkmal, welches mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.
Die Arnold-Gruppe ist eine 100prozentige Tochter des global agierenden Würth-Konzerns, der mit über 65.000 Mitarbeitern und mit 420 Gesellschaften weltweit über 8 Milliarden Euro erwirtschaftet.
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