„Ein ausgezeichnetes Frauenporträt“ – Bildnis von Therese Karl für das Städel wiedererworben
Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt am Main, über die erfolgte Restitution: „Es ist wichtig, die historische Verantwortung der Stadt Frankfurt zu benennen und Ergebnisse der Provenienzforschung zu teilen und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im letzten Jahr konnten wir ein Gemälde von Fritz von Uhde aus dem Bestand der Städtischen Galerie des Städel Museums an die Erben Gustav Rüdenbergs restituieren. Ich danke den Erben und dem Holocaust Claims Processing Office in New York aufs Herzlichste für ihr Vertrauen.“
Dr. Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums, sagt: „Die Provenienzforschung gehört zu den Kernaufgaben der Museumsarbeit am Städel. Es ist unser Ziel, für jedes Objekt, das nach 1933 in die Sammlung aufgenommen wurde und vor 1946 datiert werden kann, eine möglichst lückenlose Provenienz nachzuweisen. Unser ‚Damenbildnis‘ des Malers Fritz von Uhde befand sich einst im Besitz des Unternehmers und Kunstsammlers Gustav Rüdenberg, bis dieser es unter dem Druck der NS-Diktatur veräußern musste. An sein Leben und Schicksal zu erinnern und es im Museum sichtbar zu machen, ist unsere historische und gesellschaftliche Verantwortung. Mein tief empfundener Dank geht an die Erben nach Gustav Rüdenberg, die dem Wiederankauf des Gemäldes zustimmten, und an das Holocaust Claims Processing Office für die Vermittlung. Durch das großzügige Entgegenkommen der Erben bleibt dieses herausragende Porträt für das Städel Museum erhalten.“
Das Damenbildnis stellt Therese Karl dar, die Uhdes Lieblingsmodell und Tänzerin am königlichen Hoftheaterballett in München war. Es handelt sich dabei um eines der wenigen Porträts, die der eher für seine religiösen und genrehaften Szenen bekannte Künstler Fritz von Uhde (1848–1911) malte. Er hatte sich 1880 in München niedergelassen und mit Max Liebermann angefreundet, der ihn zur Freilichtmalerei und dem Anfertigen von Porträts animierte. Uhde zeigt sich in diesem Werk auf der Höhe der Bildniskunst seiner Zeit. Souverän erfasst der zwischen Realismus und Impressionismus stehende Künstler mit lockerem Duktus die verschiedenen Stofflichkeiten, die dem Gemälde seine Leichtigkeit verleihen. Das Porträt erhielt bereits kurz nach seiner Entstehung lobende Kommentare in der zeitgenössischen Presse und trug zu Uhdes Popularität entscheidend bei. So bezeichnete die Zeitschrift „Kunst für alle“ das Gemälde schon im Entstehungsjahr 1890 als „ein ausgezeichnetes Frauenporträt“.
Ergebnis der Provenienzforschung
Im Oktober 1916 wurde das Gemälde aus der Sammlung des Dresdener Unternehmers Carl Hugo Schmeil durch den Kunstsalon Paul Cassirer versteigert und von Gustav Rüdenberg (1868–1942) erworben, in dessen Privateigentum es nahezu zwei Jahrzehnte verblieb. Gustav Rüdenberg war Inhaber eines Versandhandels für Fotografie und optische Apparate in Hannover. Der erfolgreiche Unternehmer baute zudem eine Kunstsammlung auf, vornehmlich mit Werken des deutschen Impressionismus und Expressionismus. Die Sammlung umfasste ca. 30 Gemälde, darunter Werke von Lovis Corinth, Ferdinand Hodler, Wilhelm Trübner, Heinrich von Zügel und Albin Egger-Lienz, sowie 400 Grafiken, Bronzen und eine Bibliothek von ca. 800 Bänden. Neben Hermann Bahlsen, Herbert von Garvens-Garvensburg, Fritz Beindorff sen., August Sprengel und anderen war Gustav Rüdenberg unter den 22 Gründungsstiftern der Kestner-Gesellschaft.
Im Zuge der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise geriet Gustav Rüdenberg in finanzielle Schwierigkeiten. Unter dem Druck der NS-Diktatur wie der im April 1933 einsetzende Boykott jüdischer Geschäfte verschärfte sich die Situation des bereits geschwächten Unternehmers. So sah er sich gezwungen, seine Wohnung zu verkleinern und ausgewählte Stücke seiner Kunstsammlung zu veräußern. Im August 1936 bot er das Damenbildnis dem Städel Museum an, das zunächst ablehnte. Im März 1937 kam der Ankauf durch die Stadt Frankfurt für die Städtische Galerie des Städelschen Kunstinstituts schließlich doch zustande.
Da Rüdenberg gesundheitlich und finanziell angeschlagen war, konnte er eine Flucht ins rettende Ausland nicht mehr bewältigen. Im Dezember 1938 musste er seine Hannoveraner Villa verkaufen, um damit die vom NS-Staat auferlegte „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können. Sein Geschäft durfte er nicht mehr ausüben. Das Ehepaar zog in eine Mietwohnung um. Im Herbst 1941 wies man sie schließlich einem sogenannten „Judenhaus“ zu. Ihr restlicher Besitz verfiel an das Reich. Am 15. Dezember 1941 wurden beide in das Rigaer Ghetto verbracht und dort ermordet.
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