Fotoausstellung zeigte Tiny-House-Bewohnende hautnah
Egal ob allein lebend, zu zweit oder im Familienbund – Tiny-House-Bewohnende sind so verschieden wie ihre Häuser. Was Menschen, die sich für ein Leben im Minihaus entschieden haben, unterscheidet und wo sie sich ähnlich sind, hat Ludolf Dahmen herausgearbeitet – in Form von Fotografien. Während der NEW HOUSING vom 30. Juni bis 2. Juli wird der Kölner Fotograf seine Porträts erstmals ausstellen.
„Der Zeitmillionär“
„Es gab vor einiger Zeit eine Aktion unseres Berufsverbands mit dem Titel ‚Ein Tag Deutschland‘. An diesem Tag waren 500 Fotografen zeitgleich losgezogen, um zu fotografieren. Über einen Bekannten bekam ich den Tipp, einen Tiny-House-Bewohner abzulichten“, sagt Dahmen. Die Geschichte lief unter dem Titel „Der Zeitmillionär“. „Es gibt mir zuerst um einen reduzierten, minimalistischen Lebensstil an sich. Durch die Geschichte wurde ich aber letztlich aufmerksam auf das Thema Tiny Houses“, so Dahmen weiter.
Das „reduzierte Leben in der Natur“ habe den 49-Jährigen seither nicht losgelassen. Und als die Coronazeit kam und die Aufträge gingen, nahm sich Dahmen die frei gewordene Zeit und startete das Projekt Tiny-House-Porträts.
„Die größte Herausforderung bestand zunächst darin, an Menschen zu gelangen, die auch wirklich permanent in den Minihäusern leben. Der Durchbruch kam letztlich nach einer Rundmail, die ich an Freunde, Kollegen und andere Menschen geschrieben hatte“, erzählt der diplomierte Fotodesigner und Bildjournalist.
Unterwegs in ganz Deutschland
Fortan reiste Dahmen durch Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen und auch in den Schwarzwald und besuchte Tiny-House-Bewohnende. Mit am meisten beeindruckt war er von einem bestimmten Minihaus: „Der Bewohner ist ein genialer Kopf und Tüftler. Sein Haus ist sechs Meter hoch und hat eine Glasfront. Und das Haus kann sich drehen. Wenn er möchte, dreht er es immer nach der Sonne. Sich so etwas auszudenken und ganz alleine zu bauen war sehr beeindruckend.“
Das Bild dieses Minihäuslebauers ziert auch das Titelbild des Magazins, in dem Dahmen seine Fotoreportage veröffentlicht hat. „Eigentlich wollte ich ein Buch herausbringen. Ich kam mit dem Kleiner-Wohnen-Magazin in Kontakt und wir beschlossen aus meinen Fotos eine Spezialausgabe des Magazins mit dem Titel ‚Inside Out‘ zu machen“, erzählt der Fotograf weiter.
Spannend fand es Dahmen auch herauszufinden, wie Familien in Tiny Houses leben. Eine solche fand er: „Der Vater baut beruflich Minihäuser. Für seine Familie hat er ein solches konzipiert. Es ist 45 Quadratmeter groß, hat zwei Stockwerke und wurde auf einem alten Schausteller-Trailer erbaut. Es war interessant herauszufinden, wie eine ganze Familie auf engstem Raum lebt.“
Erste Ausstellung
Wie diese Familie, der Mann mit dem drehbaren Haus und weitere Bewohner von Tiny Houses in ganz Deutschland leben, können Besuchende der NEW HOUSING von 30. Juni bis 2. Juli selbst in der Messe Karlsruhe herausfinden. „Es wird das erste Mal sein, dass ich die Bilder ausstelle“; sagt Dahmen. Für eine Ausstellung hatte er noch nicht den richtigen Ort gefunden – bis jetzt. Der Fotograf selbst wird voraussichtlich am Wochenende des Festivals vor Ort sein.
Einen Teil der Fotos können Sie HIER ansehen. Weitere Informationen zur NEW HOUSING finden Sie unter: www.new-housing.de.
Mehr zu Tiny Houses
Gegenentwurf: In einer Welt des Übermaßes, in der Ressourcen verbraucht werden und sich das Klima immer stärker aufheizt, sind Tiny Houses der Gegenentwurf. Die kleinen Häuschen von 15 bis 50 Quadratmetern bieten alles, was ein Mensch braucht – aber nicht mehr, als notwendig ist.
Platzwunder: Wegen ihrer geringeren Größe müssen Tiny Houses und deren Einrichtung gut durchdacht sein. Originelle, individuelle und raffinierte Möbelkonstruktionen sind daher fester Bestandteil der kleinen Häuser. Diese werden so zu echten Platzwundern und Meistern der Multifunktionalität.
Ökologischer Fußabdruck: Während für den Bau eines Tiny Houses weniger Ressourcen verwendet werden als für den eines konventionellen Hauses, bleibt auch in der Folge der ökologische Fußabdruck von Tiny-House-Bewohnern geringer. Auch muss für Tiny Houses weniger Fläche versiegelt werden – wenn überhaupt. Bei kleinen Häusern auf Rädern reduziert sich die Versiegelung nochmal deutlich. Klar ist: Weniger Fläche bedeutet weniger Belastung für die Umwelt. A propos Umwelt: Die Natur gehört selbstverständlich zu Tiny Houses dazu. Bewohner leben im Einklang mit ihrer Umwelt, der Garten ist quasi ein natürlicherTeil der Tiny-House-Fläche.
Kosten: Während der Bau eines konventionellen Hauses in Deutschland derzeit durchschnittlich zwischen 320.000 und 360.000 Euro kostet, müssen Häuslebauer für Tiny Houses wesentlich weniger ausgeben. Aufgrund der niedrigeren Fläche sind auch die Grundstückspreise sowie die Unterhaltskosten in der Folge geringer.
Mobilität und Flexibilität: Wer ein konventionelles Haus besitzt, seinen Arbeitsplatz aber wechseln möchte oder diese tut, muss mehr Aufwand oder Einschränkungen hinnehmen. Entweder, die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz ist örtlich stark begrenzt, oder aber der Weg zur Arbeit wird zur regelmäßigen Geduldprobe. Tiny-House-Bewohner kennen das nicht. Vor allem Houses on wheels, aber auch Modulhäuser bestechen durch ihre Flexibilität und Mobilität. Allerdings: Noch gibt es rechtliche Fragen zu klären.
Die Grundstücksfrage: Wie bei konventionellen Häusern auch, brauchen TinyHouse-Besitzer ebenso ein Grundstück mit Anschluss an das öffentliche Straßen-, Wege-, Ver- und Entsorgungsnetz. Voraussetzung dafür: der Bebauungsplan. Und hier liegt die Herausforderung, denn Bebauungspläne sind für konventionelle Wohnhäuser vorgesehen. In Bebauungsplänen legen Gemeinden fest, wie hoch ein Haus sein darf oder wie die Dachform oder Fensterart aussehen dürfen, um sich in den Ort einzufügen. Auch die Mindestgrundfläche ist zumeist Teil eines Bebauungsplans. Wer mehr als vier Monate im Jahr in einem Tiny House wohnt, muss sich außerdem an das Gebäudeenergiegesetz mit Auflagen zur Gebäudedämmung und Heizung halten. Manche Bundesländer bieten Möglichkeiten für andere Wege. In BadenWürttemberg etwa gibt es den Paragraphen 56, der „experimentelles Bauen“ zulässt. So konnte etwa in Waldbronn im Kreis Karlsruher eine Tiny-House-Siedlung entstehen. In Mühlacker wird derzeit Deutschlands bislang größte Siedlung mit 62 kleinen Häusern geplant. Und auch die Gemeinde Au am Rhein im Landkreis Rastatt liebäugelt mit einer solchen Siedlung.
Verbandsarbeit: Seit Oktober 2019 kümmert sich der Tiny-House-Verband darum, über das Thema zu informieren, als Netzwerk zu dienen, Forschung und Bildung zu unterstützen und Hilfestellung zu rechtlichen Themen zu geben. Die Messe Karlsruhe gehört zu den Gründungsmitgliedern des Verbands und engagiert sich seither.
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