Photovoltaik-Strategie 2035: Welche Änderungen die Bundesregierung plant
Hintergrund
Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttostromverbrauch auf 80 Prozent steigen. Der Stromsektor nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Die Förderung von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ist dazu erforderlich. Um deren Ausbau zu beschleunigen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nun verschiedene Aspekte in einem Strategie-Entwurf zusammengetragen.
Schon jetzt trägt die Stromerzeugung mithilfe von Photovoltaik (PV) zur Energiewende bei. Da gleichzeitig die Abkehr von fossilen Brennstoffen gefordert ist, sollen bis 2030 insgesamt 215 Gigawatt (GW) Anlagen-Leistung als Zwischenziel installiert sein. Dies hat die Bundesregierung im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) auch gesetzlich festgeschrieben.
Wie die folgende Statistik des BMWK verdeutlicht, übertraf der PV-Ausbau im Jahr 2022 bereits den im EEG 2021 angestrebten Ausbau von 63 GW. Deutschlandweit standen 142 GW Leistungskapazität aus erneuerbaren Energiequellen zur Verfügung, von denen PV-Anlagen damit rund 47 Prozent einnahmen.
Eckpunkte der Strategie 2035
Die Photovoltaik-Strategie 2035 des BMWK beschreibt insgesamt elf Maßnahmen, um den Zubau von Anlagen kontinuierlich zu steigern.
- Freiflächenanlagen: Der Zubau von Anlagen soll sich stetig erhöhen. Die Hälfte aller neuen Anlagen ist auf Freiflächen vorgesehen. Deshalb ist es notwendig, Änderungen in Baunutzungsverordnung sowie dem Baugesetzbuch umzusetzen.
- Anlagen auf Dachflächen: Angestrebt ist ein Zubau bei Dachanlagen von insgesamt elf GW pro Jahr ab dem Jahr 2026. Persönliche und bürokratische Hemmnisse sind zu beseitigen, sodass sich PV-Anlagen einfach und schnell errichten lassen.
- Mieterstrom: Die Verbindung von Stromerzeugung und Vermietung bringt einen zusätzlichen Anreiz, auf bestehenden Immobilien neue PV-Anlagen zu installieren.
- Balkonkraftwerke: Dezentrale Anlagen im Privatbereich sollen die Bürgerinnen und Bürger selbstständig installieren, aufbauen und in Betrieb nehmen. Ebenso will die Koalition das Meldeverfahren verschlanken.
- Netzanschluss beschleunigen: Den noch mühsamen Netzanschluss gilt es mithilfe von flächendeckender Standardisierung sowie Prozessdigitalisierung zu beschleunigen, ohne Abschläge bei der Netzsicherheit in Kauf nehmen zu müssen.
- Akzeptanz stärken: Bekannt ist, dass PV-Anlagen für die Energiewende zwingend notwendig sind. Bürokratieabbau und Fördermaßnahmen sollen Interessierte bestärken, eine eigene Anlage zu installieren.
- Energie- und Steuerrecht wirksam verzahnen: Der Anlagenbetrieb sowie die Stromeinspeisung bringen steuerrechtliche Pflichten mit sich. Es liegt nun am Bundesfinanzministerium, die Regeln zu vereinfachen.
- Europäische Produktion ausbauen: Kurze und transparente Lieferketten sowie die Förderung der innereuropäischen Produktion würde sich in mehrfacher Hinsicht positiv auf den Wirtschaftsstandort Europa auswirken.
- Fachkräfte sichern: Mit dem Zubau von PV-Anlagen muss die Anzahl qualifizierter Fachkräfte entsprechend ansteigen. Dafür sind Ausbildungsangebote und Fortbildungen zu schaffen.
- Technologieentwicklung: Im Rahmen einer europäischen Produktion sollen deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen als Technologieführer entlang der gesamten Wertschöpfungskette agieren.
- Europaweiter Ausbau der Photovoltaik: Neben Deutschland verfolgt auch die Europäische Union die Förderung erneuerbarer Energiequellen. Die EU-Solarstrategie beinhaltet verschiedene Initiativen. Mit diesen will die EU bestehende Herausforderungen adressieren.
Steuerliche Auswirkungen
Auch wenn die Aussagekraft des Strategie-Entwurfs aus steuerlicher Sicht gering ist, lassen sich aus den erarbeiteten Maßnahmen verschiedene Rückschlüsse ziehen.
Neben den Gesetzesänderungen im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 bei Einkommensteuer und Umsatzsteuer plant das BMWK folgende Neuregelungen:
- Stromerzeugung aus PV soll keinen Einfluss auf die Gemeinnützigkeit von Körperschaften haben.
- PV-Kleinunternehmen sollen nicht mehr zur Umsatzsteuer-Jahreserklärung verpflichtet sein.
- Es soll keine Gewerbesteuer aufgrund einer gewerblichen Infizierung von Vermietungseinkünften im Zusammenhang mit Stromlieferungen anfallen.
- Freiflächen mit PV-Anlagen sollen sich zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuordnen lassen.
- Anlagenbetreiber sollen von Anmelde-, Anzeige- und Meldepflichten befreit werden, soweit deren Strommengen steuerfrei bleiben.
Die steuerrechtliche Umsetzung der Maßnahmen liegt beim Bundesfinanzministerium. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber weitere Rechtsnovellen plant, die speziell auf die Installation und den Betrieb von PV-Anlagen abzielen.
Gesetzentwurf zur Grundsteuer bei PV-Anlagen
Ecovis in München hat im Sinne der Mandanten einen Gesetzentwurf erarbeitet, den Verbände und Stromerzeuger der Bundesregierung weitergeleitet haben.
Denn: „Geeignete Grundstücke für die Installation der gewünschten Freiflächenanlagen sind oft in der Land- und Forstwirtschaft zu finden“, sagt Ernst Gossert, Steuerberater bei Ecovis in München. Er hat den Gesetzentwurf federführend gestaltet.
Landwirte, die land- und forstwirtschaftliche Flächen für die Errichtung von PV-Anlagen zur Verfügung stellen, haben ein Problem: die Bewertung der Grundstücke als Grundvermögen. Dadurch entfallen zahlreiche Begünstigungen. Das BMWK plant mit der PV-Strategie 2035 jedoch, Freiflächenanlagen verstärkt zu fördern.
Der Gesetzentwurf von Ecovis sieht daher vor, entsprechende Flächen auch dann als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten, wenn die Eigentümer sie für Freiflächenanlagen nutzen.
„Dies würde Land- und Forstwirte bestärken, ihre Äcker für die Errichtung von Freiflächenanlagen zur Verfügung zu stellen“, weiß Gossert.
Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber in der aktuellen Legislaturperiode auf den Vorschlag von Ecovis reagiert. Eine positive Rückmeldung kam bisher nur aus Bayern. Hier wird die Grundsteuer für Freiflächenanlagen ab 2025 ermäßigt, da die Freiflächen in die günstigere Grundsteuer A einbezogen werden.
Fazit
Es ist zwar offen, wann und in welcher Form die Strategie des BMWK umgesetzt wird. „Es ist jedoch sinnvoll, den generellen Ausbau von erneuerbaren Energieträgern stets einige Jahre im Voraus zu planen“, sagt Gossert.
Auch das Jahressteuergesetz 2022 hat weitreichende Gesetzesänderungen gebracht. Wie diese in der Praxis anzuwenden sind, muss der Gesetzgeber jedoch noch abschließend erläutern. Ebenso ist nicht geklärt, ob der Gesetzentwurf Einzug in kommende Gesetzesnovellen findet. „Wir verfolgen die geplanten Maßnahmen der PV-Strategie 2035 daher weiter, um aus steuerrechtlicher Sicht gegebenenfalls Einfluss zu nehmen“, erklärt Ecovis-Experte Gossert.
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