Sichere PV-Anlagen: Fraunhofer ISE testet Lichtbogendetektoren
Serielle Lichtbögen in PV-Anlagen entstehen als Folge von Kontaktproblemen, z.B. durch fehlerhafte Lötstellen im Modul oder in der Gleichstromverdrahtung des Wechselrichters. Die hohen Temperaturen an fehlerhaften Kontaktstellen können im Ernstfall zum Brand der Anlage führen.
Dass der Lichtbogen zu einem Stromsprung im Wechselrichter bzw. einem charakteristischen breitbandigen Rauschen führt, machen sich Lichtbogendetektoren (LBD) in Wechselrichtern zu Nutze: Sie erkennen den Lichtbogen und schalten die Anlage stromlos, bevor eine kritische Energie erreicht wird. Diese Detektoren sind in den USA bereits seit 2011 Vorschrift in neu installierten PV-Anlagen. » Nationale und internationale Studien haben gezeigt, dass Lichtbögen in PV-Anlagen mit einer hohen Installationsqualität sehr selten auftreten. Auf freiwilliger Basis bieten jedoch auch Hersteller auf dem europäischen Markt Lichtbogendetektoren an. Einige Gebäudeversicherer haben aus Brandschutzgründen darauf gepocht«, erklärt Felix Kulenkampff vom Fraunhofer ISE, der in der Normungskommission gemeinsam mit Vertretern aus Industrie, Prüfgesellschaften und Wissenschaft die neue IEC-Norm entwickelt hat. Sie räumt einige Schwächen der alten US-Norm aus, die den Realbetrieb nicht ausreichend realitätsnah simulierte. Dadurch blieben viele Lichtbögen unerkannt, weil sie die Grenzwerte nicht erreichten, oder aber es wurden Fehlalarme ausgelöst.
Prüfstand bildet Lichtbogen realitätsnah ab
»Ein realitätsnaher Prüfaufbau kann das Risiko von nicht erkannten Lichtbögen und Fehlauslösungen deutlich senken. Im Test sollte der Lichtbogen möglichst realistisch und unter wiederholbaren Bedingungen gezündet werden können«, erklärt Felix Kulen-kampff. Für den Test gemäß IEC-Norm 63027 (dessen grundlegende Parameter mit der überarbeiteten US-Norm UL 1699B übereinstimmen) wird anstelle echter PV-Module eine elektronische DC-Quelle als PV-Simulator eingesetzt. Der Strom fließt vom PV-Simulator über eine präzise trennbare Kontaktstelle in den Wechselrichter. Die Kontaktstelle wird durch zwei Elektroden aus Wolfram in Form eines Kugelgelenks gebildet, die mit einer definierten Geschwindigkeit auseinandergezogen werden. So wird ein charakteristischer Lichtbogen gezündet. Für den Testablauf können feste Testparameter (Elektrodenabstand und -geschwindigkeit) eingespeichert und angewählt werden. Damit das Messergebnis nicht durch den PV-Simulator beeinflusst wird, ist zwischen Wechselrichter und simulierter PV-Anlage ein Filternetzwerk geschaltet.
Maßgeblich für das ordnungsgemäße Funktionieren des Lichtbogendetektors ist die Zeit bis zum Abschalten des Wechselrichters: Je kürzer ein Lichtbogen brennt, desto geringer ist der Energieeintrag in die fehlerhafte Kontaktstelle, d.h. kurze Abschaltzeiten verhindern eine Brandentstehung sicher. Bei einer Energie zwischen 200 und 750 Joule und einer Abschaltzeit unter 2,5 Sekunden hat der Detektor die Prüfung bestanden. Eine automatische Wiederzuschaltung nach Detektor-Auslösung ist innerhalb von 24 Stunden vier Mal erlaubt, beim fünften Mal muss sie manuell erfolgen.
Der im TestLab Power Electronics aufgebaute Prüfstand setzt nicht nur die genannten Testanforderungen normgerecht um, sondern erlaubt darüber hinaus dank des modularen Aufbaus verschiedene Testszenarien für String-Wechselrichter mit unterschiedlich verschalteten PV-Modulstrings. Auch der Test von Modul-Wechselrichtern und Strang-Sammlern ist möglich. Der Prüfstand ist für Wechselrichter-DC-Spannungen bis 1.500 V geeignet, er verfügt über drei DC-Eingänge für bis zu 16 A und einen DC-Eingang für bis zu 32 A.
»Mit dem neuen Prüfstand erweitern wir das Angebot unseres TestLabs Power Electro-nics, in dem wir akkreditierte Prüfungen gemäß Netzanschlussrichtlinien, Wirkungsgradmessungen sowie Impedanzspektroskopie-Untersuchungen von Wechselrichtern durchführen können«, so Steffen Eyhorn, Leiter des TestLabs Power Electronics.
Forschung und Entwicklung zu Lichtbögen auch in anderen Anwendungen
Nicht nur für die Photovoltaik, sondern auch für andere Technologien wie Batterietechnik, Luftfahrt oder Elektromobilität ist der Schutz vor Schäden durch Gleichstromlichtbögen relevant. In allen Anwendungen ist eine Tendenz zu höheren Spannungen zu sehen. Die Wahrscheinlichkeit von elektrischen Überschlägen und daraus resultierenden parallelen oder seriellen Lichtbögen nimmt damit zu. Im Rahmen abgeschlossener und laufender Forschungsprojekte adaptiert das Fraunhofer ISE die Erfahrungen aus dem PV-Bereich auch auf diese Anwendungen, um für verschiedene Branchen Beratungsdienstleistungen anzubieten. »Für die Problemlösung kann unser Team auf eine Datenbank aus Lichtbogensignalen in verschiedenen realen Anlagenkonfigurationen zurückgreifen. Damit können wir Fehlerquellen auf den Grund gehen«, so Felix Kulenkampff.
Während der The smarter E München (14.-16.6., Messe München, Halle A1, Stand 440), präsentieren die Forschenden des Fraunhofer ISE ihre Dienstleistungen zu Lichtbogendetektion und anderen Photovoltaik-und Leistungselektronikthemen.
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