DUH enttarnt im Diesel-Abgasskandal Thermofenster bei BMW
Der lange Weg von BMW in den Diesel-Abgasskandal
Die DUH hatte bereits 2015 das Bundesverkehrsministerium und das Kraftfahrt-Bundesamt aufgefordert, BMW-Modelle zu überprüfen und Maßnahmen zu ergreifen, falls die Abgasreinigung unzureichend ist. Da bisher keine geeigneten Maßnahmen ergriffen wurden, hatte die DUH im Juli 2021 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Die aktuellen Untersuchungen der DUH unterstreichen die Befürchtungen von Branchen-Kennern. Bei Tests wurde festgestellt, dass in einigen Fällen die Grenzwerte für Stickoxidemissionen um das 49-Fache überschritten wurden, was bisher noch nie gemessen wurde. Zum Beispiel hat ein BMW 525d den erlaubten Ausstoß von Stickstoffoxid gemäß der Euro-5-Norm um das 32-Fache überschritten, während ein BMW 318d das 49-Fache des Euro-6-Grenzwerts ausgestoßen hat. Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der DUH, sagte dazu: "Das hat alles gerissen, was wir je gemessen haben." BMW ist damit endgültig im Abgasskandal angekommen.
Mehrere Abschalteinrichtungen entdeckt – auch ein Thermofenster
Resch betonte, dass die extrem hohen Stickoxidemissionen bei den untersuchten BMW-Modellen nicht durch veränderte Fahrprofile auf der Straße im Vergleich zum Labor erklärt werden können. Insbesondere auf Streckenabschnitten mit Steigungen und etwas höherer Lastanforderung schnitten die BMW-Fahrzeuge trotz defensiver Fahrweise besonders schlecht ab.
Die DUH hat bei der Analyse der Motorsteuerungssoftware mehrere Abschalteinrichtungen entdeckt, die offenbar nur unter Laborbedingungen deaktiviert werden. Diese Mechanismen unterbrechen die Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen, bei der ein Teil der Abgase in den Motor zurückgeführt und erneut verbrannt wird. Dadurch erhöht sich der Ausstoß von Stickoxiden.
Zusätzlich hat die DUH bei einem BMW X3 (Euro 5) ein sogenanntes "Thermofenster" identifiziert. Dabei handelt es sich um eine Abschalteinrichtung, die bei besonders warmen oder kühlen Außentemperaturen aktiviert wird. Im Normalbetrieb bei einer Temperatur von einem Grad Celsius lag der Stickoxid-Ausstoß des BMW X3 bei 2395 Milligramm pro Kilometer, das 13-Fache des Grenzwerts.
EuGH erklärt Thermofenster zur Abgasmanipulation für illegal
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im vergangenen Jahr Thermofenster als unzulässig erklärt, es sei denn, es liegt ein Nachweis vor, dass die Abschalteinrichtung den Motor vor schwerwiegenden plötzlichen Risiken schützt und somit die Sicherheit der Fahrer gewährleistet. In den bisher verhandelten Fällen am EuGH hat das Gericht das von Herstellern angeführte Motorschutz-Argument stets verneint. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) will seine Rechtsprechung den neuen Leitlinien des EuGH anpassen. In einer ersten mündlichen Verhandlung hatte der BGH einen mittleren Schadensersatz ins Spiel gebracht, der auch für Dieselmotoren mit Thermofenster gelten könnte. Hier bahnt sich eine große Dieselwende an, die alle Hersteller betrifft – auch BMW.
Die DUH wirft BMW aufgrund der hohen Schadstoffemissionen vorsätzliche Körperverletzung vor. Sie fordert vom Kraftfahrt-Bundesamt die Veröffentlichung aller verfügbaren Abgasmessungen sowie die sofortige Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge oder die Anordnung einer amtlichen Hardware-Nachrüstung.
Die Bosch-Papers: Wende im Diesel-Abgasskandal
Zu diesen verbraucherfreundlichen Entwicklungen vor Gericht kommen noch die von der DUH veröffentlichten Bosch-Papers. Aus den Dokumenten geht klar hervor, dass alle Hersteller beim Automobilzulieferer Abschalteinrichtungen bestellt haben, um die gesetzlichen Abgasnormen zu umgehen. Bosch hat die Hersteller darauf hingewiesen, dass die Abschalteinrichtungen nicht regelkonform sind – auch BMW war mit von der Partie. Hier kurz zusammengefasst die Bosch-Papers:
- Seit 2006 hat die Automobilindustrie die Abgasmanipulation geplant. 44 der sogenannten illegalen Abschalteinrichtungen wurden nachweislich bei Bosch bestellt.
- Bosch hat die Hersteller über die Illegalität der Software informiert. Nicht nur VW, Mercedes, Audi, Porsche, Opel und BMW haben Software zur Abgasmanipulation bei Bosch bestellt, auch Fiat und Toyota gehörten zur Kundschaft.
- Selbst bei den scheinbar sauberen AdBlue-Motoren manipulieren die Hersteller die Abgasreinigung.
- Damit ist offensichtlich die komplette Dieselflotte auf deutschen Straßen illegal unterwegs. Ihnen müsste die Fahrerlaubnis entzogen werden – die Stilllegung droht.
- Und noch etwas hat sich herausgestellt: Die Autobauer manipulieren mit Hilfe einer Software auch Benzinmotoren.
- Ein weiterer spannender Aspekt: Bosch soll darauf hingewiesen haben, dass der Einbau behördlich abgesprochen werden müsse, weil er illegal sei. Ob und wie die Absprachen ausgesehen haben könnten, müsse jetzt genau geklärt werden.
Unterm Strich lässt sich sagen: Die Automobilindustrie verkauft seit 16 Jahren nicht genehmigungsfähige Fahrzeuge. Die Verbraucher sind aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer nach BGB §826 sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt worden. Die Fahrzeuge sind ihr Geld nicht wert. Den Verbrauchern steht Schadensersatz zu. Mehr zu den Bosch-Papers gibt es hier.
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Mit der Expertise von 37 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Erb-, Versicherungs-, Sozial-, Wohn- und Mieteigentums- , Handels- und Gesellschafts- sowie Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.
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