Kieler Woche-Finals versprechen Dramatik pur
Tag vier der Regatta vor Schilksee bot endlich das, wofür die Kieler Woche steht: herausfordernde Bedingungen, in denen Trimm, Taktik und Gespür für Wind, Wellen und Bootsspeed von den Aktiven gefordert sind. Eine schnelle Spur erwischten die Hamburger 49erFX-Seglerinnen Marla Bergmann und Hanna Wille in den ersten drei Tageswettfahrten. Nach guten Starts spielten sie mit freiem Wind ihren hohen Bootsspeed aus und setzten sich zunächst mit den Platzierungen 1, 1, 2 an die Spitze des Feldes.
Überraschend führen die jungen Ostholsteiner Anton und Johann Sach das Feld der offen ausgeschriebenen 49erFX vor dem Medaillenrennen an. Foto: Kieler Woche/Sascha Klahn
Der vierte Lauf des Tages sorgte dann allerdings für einen kleinen Dämpfer. Rang sechs in dieser Wettfahrt warf sie insgesamt auf den zweiten Platz hinter die männliche Junioren-Mannschaft Anton und Johann Sach aus Zarnekau in Ostholstein zurück. „Wir hatten den Start verhauen und dann nicht mehr die Option, auf die richtige Seite zu kommen“, erklärte Hanna Wille. Doch das Feld ist dicht zusammen, und im Medal Race noch alles möglich. „Ich denke, wir werden all-in gehen und alles Riskieren, um zu gewinnen“, so Steuerfrau Marla Bergmann.
Ein Punkt fehlt dem Duo zur Spitze, aber auch die nächsten Verfolger sind dicht auf. Die gesamten Top-Ten haben im doppelt gewerteten Finale die Chance auf den Kieler Woche-Sieg. Von Platz vier wollen Maru Scheel/Freya Feilcke (Kiel) nach vorn angreifen, die am Morgen noch im gelben Shirt der Führenden auf die Bahn gegangen waren. „Am Ende war es heute Schadensbegrenzung. Wir hatten ein richtig schlechtes Rennen dabei. Es lief überhaupt nicht und fühlte sich so an, als hätten wir Seegras am Schwert. Gut, dass wir zum Abschluss noch mal wieder ganz gut reingekommen sind“, so das Duo.
Das Erreichen des Medal Races hatten die Kieler Fabian Rieger/Tom Heinrich als Tagesziel im 49er ausgegeben. „Wenn das klappt, sind wir happy“, so der Steuermann. Es klappte sicher. Mit den Platzierungen 9, 1, 9, 22 gehen sie als Vierte ins Finale und haben sogar noch gute Chancen auf den Bronzerang. Als Neunte sind am Mittwoch auch Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (ebenfalls Kiel) dabei, die mit einem Sieg zum Tagesabschluss noch den entscheidenden Schritt nach vorn machten. Ganz vorn stehen die Polen Lukas Przybytek/Jacek Piasecki.
Wie im vergangenen Jahr wird es bei den 470ern einen deutschen Kieler Woche-Sieg geben. Diesmal ist sogar ein komplettes deutsches Podium sicher. Wieder voll im Spiel um die Siegtrophäe sind die Titelverteidiger, das Kieler Ehepaar Malte und Anastasiya Winkel. Nach zwei Tagessiegen am Dienstag haben sie sich auf Platz zwei vorgearbeitet. Den Top-Platz verteidigten indes Theres Dahnke/Matti Cipra (Plau am See). Die dritte Kraft im Kampf um Gold, Silber und Bronze sind die Vize-Europameister Simon Diesch/Anna Markfort (Friedrichshafen/Kiel). Dagegen haben die Weltmeister Luise Wanser/Philipp Autenrieth (Hamburg/Augsburg) in dieser starken deutschen Einheit keine Chance mehr auf den Sieg und auch nur noch theoretisch auf einen Medaillenrang.
Eine eindrucksvolle Serie legten im Nacra17 die Italiener Margherita Porro/Stefano Dezulian hin. Acht Siege und zwei zweite Plätze lässt sie souverän an der Spitze der foilenden Katamarane stehen. Ein Angriff auf ihre Spitzenposition im Medal Race hat daher nur theoretischen Charakter. Nach den bisher gezeigten Ergebnissen ist dem Team vom Iseo- und Gardasee Platz eins kaum mehr zu nehmen. „Wir hatten uns heute vorgenommen, beständig gute Ergebnisse einzufahren. Dass es dann gleich so gut läuft und wir alle Rennen heute gewinnen, haben wir nicht erwartet. Bei diesen Bedingungen mit böigen, drehenden Winden hat uns die Erfahrung von den Binnenrevieren sehr geholfen“, so Steuerfrau Porro.
Als Grund für ihre starke Form nannte sie die starke italienische Trainingsgruppe. „Das ist wohl die stärkste der Welt. Unser Coach legt Wert darauf, dass es eine gute Stimmung gibt und sich alle gegenseitig helfen. Wir konnten dadurch viel lernen. Jetzt hoffen wir, bei der Weltmeisterschaft in Den Haag im August in die Goldflotte zu fahren.“ Auf ihrem Heimatrevier rangieren Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer vom Kieler Yacht-Club vor dem finalen Rennen auf Rang drei hinter den Singapuris Justin Liu/Denise Lim und werden am Mittwoch noch alles daransetzen, den Silberrang anzugreifen, bevor sie wieder nach Marseille abreisen, um sich auf dem künftigen Olympiarevier auf die Spiele 2024 vorzubereiten.
Windlöcher auf der Bahn und Seegras im Wasser sorgte bei den iQ-Foiler für wenig Freude. Der deutsche Weltmeister Sebastian Kördel verzichtete auf einen Start. Damit übernahm bei den Männern der Litauer Juozas Bernotas die Führung. Bei den Frauen liegt Laerke Buhl-Hansen (Dänemark) an der Spitze.
Mit zwei deutschen Frauen gehen die ILCA 6 in das Finale – Julia Büsselberg (Berlin) als Achte und Pia Kuhlmann (Schaumburg-Lippe) als Zehnte. Favoritin auf Gold ist die führende Polin Wiktoria Golebiowska.
Einen ellenlangen Tag auf See verbrachten die ILCA 7. Erst kurz vor 21 Uhr waren die letzten Ergebnisse im Kasten, und dann wussten drei Deutsche, dass sie im Medal Race dabei sind. Hinter dem Franzosen Boite Alexander und dem Ukrainer Oskar Madonisch hat der Berliner Justin Barth überraschend sogar beste Chancen auf einen Medaillengewinn. Auch Youngster Ole Schweckendiek (Kiel) liegt als Fünfter aussichtsreich, machte mit einem dritten Rang und einem Tagessieg zum Abschluss der Gruppenrennen einen Sprung nach vorn. Zur Zitterpartie wurde der Einzug in das Rennen der Top-Ten für Nik Aaron Willim. Am Ende reichte es für den Schleswiger als Zehnter denkbar knapp.
Die „Intermezzo“ von Jens Kuphal (Berlin) im Kiel Cup an der Bahnmarke der Gruppe ORC A/B. Der Europameister kletterte auf Rang zwei. Foto: Kieler Woche/Sascha Klahn
Auf der Seebahn musste beim Kiel Cup nach ORC das geplante Coastal Race dem späten Start geopfert werden. Dafür ließ Wettfahrtleiter Peter Doepgen beide Gruppen drei Up-and-Downs segeln. Für die Crew der „Intermezzo“ von Jens Kuphal (Berlin) ging es bei den großen Yachten eine Stufe nach oben im Ranking. Die Europameister des vergangenen Jahres sind nun die ersten Verfolger der dänischen „Sirena“ von Peter Buhl und verkürzten den Rückstand auf einen Punkt. Dagegen mussten die Weltmeister der „Halbtrocken 4.5“ zwei mittlere Resultate hinnehmen und hielten sich nur knapp in den Top-Drei.
Pech hatte die „X-Day“ von Walter Watermann (Dortmund), die im vorletzten Start am Ankergeschirr der Starttonne hängen blieb und erst einen Mann ins Wasser schicken musste, bevor sie freikam. „Wir nutzen die Kieler Woche als Training. Zur Deutschen Meisterschaft im Rahmen der Travemünder Woche starten wir dann in die konkrete WM-Vorbereitung, die für uns sportlich der Höhepunkt der Saison ist. Wegen der tollen Atmosphäre freuen wir uns aber vor allem auf die Flensburger Herbstwoche“, sagte „X-Day“-Steuermann Lars Hückstädt.
In der Gruppe der kleinen Yachten gibt weiterhin die „Immac Fram“ von Kai Mares (Dänischenhagen) das Tempo vor und steuert auf klarem Kurs Richtung Kieler-Woche-Sieg im Kiel-Cup der seegehenden Schiffe – verfolgt von der „Xen“ (Torsten Bastiansen, Flensburg) und „Freya“ (Nick Heuwinkel, Kiel).
Ergebnisse der Kieler Woche-Regatta
Das Regattaprogramm der Kieler Woche
(17. bis 25. Juni 2023)
Mittwoch, 21. Juni
11 Uhr Medaillenrennen der acht olympischen Disziplinen: 470er, Nacra 17 (beide Mixed), ILCA 6, 49erFX und iQ-Foil (alle Frauen), ILCA 7, 49er und iQ-Foil (alle Männer) Letzter Tag Kiel Cup nach ORC (Dickschiffe)
Kieler-Woche-Büro
Postfach 1152
24099 Kiel
Telefon: +49 (431) 901-905
http://www.kieler-woche.de/
Telefon: +49 (172) 257-8817
E-Mail: andreaskling@t-online.de