Mobile & Verkehr

Neue Studie: So können Mobilitätsdaten die Verkehrswende voranbringen

Das Zugticket, der E-Roller, das Leihauto, das Fahrrad für die letzten Meilen – die Menge der erfassten Daten im Mobilitätsbereich wächst rasant. Was bislang aber fehlt, sind Mobilitäts-Apps, über die sich unterschiedliche Verkehrsmittel wie Fahrräder, E-Roller, Busse, Bahnen sowie Carsharing-Autos und Fahrdienste suchen, buchen und bezahlen lassen, ohne dafür zig verschiedene Apps mit jeweils eigener Registrierung nutzen zu müssen. Dabei liegt hier großes Potenzial, um den Umstieg vom eigenen Pkw auf den Umweltverbund attraktiver zu gestalten.

Wie können Mobilitätsdaten für ökologische Nachhaltigkeit und gerechten Zugang zum Verkehr in Deutschland verfügbar gemacht werden? Zu dieser Frage gibt das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung zwei Empfehlungen. Die Studie wird am heutigen Montag, 26. Juni 2023, in Berlin vorgestellt.

1. Bundesweite Mobilitätsplattformen, über die Nutzer*innen alle öffentlich angebotenen Mobilitätsangebote buchen können. Dafür müssen alle Mobilitätsanbieter verpflichtet werden, sowohl statische Daten (wie Fahrpläne, die Anzahl der Fahrzeuge und Linien) als auch dynamische Daten (wie Verspätungen und die Auslastung der Fahrzeuge) für andere Mobilitätsanbieter (sowie Forschung und die Öffentliche Hand) bereitzustellen. Zudem müssten sie eine Schnittstelle einrichten, die die Buchung und Bezahlung ihrer Mobilitätsangebote für Dritte ermöglicht.

2. Bewegungsdaten für Mobilitätsmanagement und Verkehrsplanung verfügbar machen. Durch Mobilitätsdienste und GPS-fähige Handys generierte Daten sollten von Verkehrsplaner*innen und Mobilitätsmanager*innen genutzt werden können, um Infrastrukturen und Mobilitätsdienste zu entwickeln, die besser zur tatsächlichen Nachfrage passen. Doch der Bezug solcher Daten ist komplex und Personal- sowie Budgetknappheit hindern städtische Mobilitätsmanager*innen aktuell daran, Mobilitätsdaten sinnvoll einzusetzen – selbst wenn sie vorhanden sind. Die Studie empfiehlt deshalb unter anderem eine gemeinsame Beschaffung von Daten und Auswertungssoftware, möglichst auf Bundesebene.

Eine zweite Studie hat sich die USA angeschaut. Dort wurde die Untersuchung vom Eno Center for Transportation durchgeführt. Die USA und die EU gehen unterschiedliche Wege bei der Nutzung von Mobilitätsdaten und Mobilitätsplattformen. Die Studien von Eno und dem Wuppertal Institut plädieren jedoch beide für eine bedarfsorientierte und flächendeckendere gemeinsame Nutzung von Mobilitätsdaten und den Ausbau von Mobilitätsplattformen. Folgende Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein:

– Personenbezogene Daten müssen geschützt werden.

– Mobilitätsdienstleistungen dürfen die Dominanz des Autos nicht fördern.

– Mobilitätsdaten und Mobilitätsplattformen dürfen gefährdete Gruppen nicht ausschließen.

Thorsten Koska, Co-Leiter des Forschungsbereichs Mobilität und Verkehrspolitik des Wuppertal Instituts:„Sharing-Mobilität macht es für viele einfacher, ohne privates Auto mobil zu sein. Damit das klappt, braucht es einen einfachen Zugang, der nahtlose Mobilität ermöglicht: Eine Mobilitätsplattform, mit der alle Angebote bundesweit verfügbar sind. Eine Grundlage dafür ist dichtes Netz an Sharing-Mobilitätsangeboten in Städten und im ländlichen Raum – gefördert mit öffentlichen Mitteln, wo diese sich nicht allein tragen.“

Paul Schneider, Junior Researcher im Forschungsbereich Mobilität und Verkehrspolitik des Wuppertal Instituts: „Derzeit wird viel öffentliches Geld und Personal in den Aufbau lokaler Mobilitätsplattformen gesteckt, die nur einen Bruchteil der Angebote umfassen. Das Mobilitätsdatengesetz könnte den Grundstein für umfassende, in ganz Deutschland nutzbare Apps legen – dabei kann man sich an der finnischen Gesetzeslage orientieren. Das ist effizienter und hilft, Kosten zu sparen.“

Jan Philipp Albrecht, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung: „Mobilitätsdaten können die Verkehrswende beschleunigen – vor allem, wenn sie umweltfreundliche Mobilität erleichtern. Die Möglichkeiten, sich mit Leihrad, E-Roller oder Sharing-Pkw in deutschen Städten fortzubewegen, sind in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Nun sollten wir den nächsten Schritt gehen und ihre Nutzung mit sicheren Mobilitätsplattformen noch attraktiver und für alle zugänglich machen.“

Die beiden Studien beruhen auf aktuellen Mobilitätsdebatten, Experteninterviews, einer Überprüfung nationaler und regionaler Vorschriften sowie Fallstudien aus ausgewählten städtischen Gebieten. Am heutigen Montag, 26. Juni 2023, werden die Ergebnisse auf einem Fachgespräch der Heinrich-Böll-Stiftung vorgestellt und beraten. Beide Studien finden Sie hier.

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