Finanzen / Bilanzen

„Unsere breite Diversifizierung hat sich einmal mehr bewährt“ – Interview mit Johann Schmid-Davis, CFO der HÖRMANN Industries GmbH

Die HÖRMANN Industries GmbH ist erneut am Kapitalmarkt aktiv und begibt aktuell ihre vierte Unternehmensanleihe. Ab Mittwoch dieser Woche (21.06.23) können Anleger den Nordic Bond im Volumen von bis zu 50 Mio. Euro zeichnen. Parallel läuft noch bis Ende der Woche ein Umtauschangebot an Inhaber der Alt-Anleihe 2019/24. Anleger dürfen sich auf einen Zinskupon zwischen 6,50 % bis 7,50 % p.a. freuen, der nach Beendigung der Angebotsfrist festgelegt wird. Johann Schmid-Davis hat der Anleihen Finder Redaktion Fragen zur erneuten Anleihe-Emission, dem aktuellen Geschäftsverlauf sowie der zukünftigen Ausrichtung des Technologie-Unternehmens beantwortet.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Schmid-Davis, die HÖRMANN Industries GmbH begibt nun bereits die vierte Unternehmensanleihe. Warum hat sich dieser Finanzierungsbaustein für das Unternehmen bislang bewährt und wofür sollen die Anleihe-Mittel neben der Refinanzierung der Alt-Anleihe noch verwendet werden?

Johann Schmid-Davis: Dazu müssen wir etwas zurückgehen: Vor unserer ersten Anleihe 2013 hat sich HÖRMANN auf die Finanzierung durch seine Hausbanken verlassen, was sich während der Finanzkrise 2008 als Risiko herausgestellt hat. Seitdem haben wir unsere Finanzierung neben unserer Anleihe zudem um einen Konsortialrahmenkredit sowie einen KfW-Unternehmerkredit diversifiziert, sodass wir heute eine stabile und diversifizierte Finanzierungsstruktur aufweisen. Speziell die Anleihe hat sich dabei als verlässliche Sockelfinanzierung bewährt, die sich – möchte ich meinen – auch für unsere Investoren gelohnt hat. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass wir uns seit 2013 als verlässlicher und anerkannter Kapitalmarktteilnehmer etabliert haben. Dementsprechend soll der Emissionserlös der neuen Anleihe primär für die Rückzahlung unserer Anleihe 2019/2024 eingesetzt werden.

Anleihen Finder: Die letzten Jahre waren nicht einfach für die HÖRMANN-Unternehmensgruppe. Können Sie in etwa sagen, inwieweit diese Krise(n) die HÖRMANN-Gruppe zurückgeworfen hat und mit welchen Maßnahmen Sie letztendlich durch die Krise(n) gekommen sind?  

„Zurückgeworfen haben uns die Krisen nicht“

Johann Schmid-Davis: Sie haben Recht, einfach waren die letzten Jahre mit Sicherheit nicht, zurückgeworfen haben uns die multiplen Krisen allerdings nicht! Was sich letztlich wieder einmal bewährt hat, war unsere breite Diversifizierung mit den vier Geschäftsbereichen Automotive, Communication, Intralogistics und Engineering. Während speziell unser Bereich Automotive Anfang 2020 oder zu Beginn des Kriegs in der Ukraine unter mehrwöchigen Stilllegungen der Produktionskapazitäten großer OEM-Kunden gelitten hat, hat unser Geschäftsbereich Communication stark von den staatlichen Konjunkturprogrammen im Bahnbereich profitiert. Gleichzeitig haben wir auch im Bereich Intralogistik großes Potenzial gesehen, weshalb wir letztes Jahr daraus einen eigenen Geschäftsbereich geformt haben. Der vierte Geschäftsbereich Engineering hat generell eine wichtige Bedeutung in der Unterstützung der anderen Bereiche, weil wir im Engineering unsere Ingenieurkompetenz und sehr viel technisches Know-how bündeln. Somit verfügen wir über ein sehr stabiles Fundament, dass wir weiter ausbauen wollen.

Anleihen Finder: Trotz schwierigem Start in 2022 konnten Sie noch einen Gewinn von über 12 Mio. Euro erwirtschaften. Wie läuft das Geschäft in 2023? Wie ist aktuell die Marktlage und welche Erwartungen haben Sie für das Gesamtjahr?

Johann Schmid-Davis: Wir sind sehr zufrieden mit unserem Start in das Jahr 2023. Nach den bereits genannten Produktionsunterbrechungen Anfang 2022, haben sich die positiven Prognosen der wichtigen Hauptkunden in der Lkw-Produktion im ersten Quartal 2023 bestätigt, sodass wir in dem Bereich einen Umsatzanstieg von fast 50 % gegenüber Q1 2022 verzeichnen konnten. Und auch in unseren drei anderen Geschäftsbereichen lief es plangemäß gut: Insgesamt lag unser Umsatz mit 172 Mio. Euro rund 35 % über dem Vorjahr. Allerdings entfiel ein Teil des Umsatzwachstums weiterhin auf inflationsbedingte Preissteigerungen, die wir ergebnisneutral an unsere Kunden weiterreichen.  

Mit Blick auf das Gesamtjahr erwarten wir einen Gesamtumsatz von 730 Mio. Euro bis 760 Mio. Euro (2022: 685,7 Mio. Euro) und ein operatives EBIT leicht über dem Vorjahresniveau zwischen 23 Mio. Euro und 25 Mio. Euro (2022: 23,7 Mio. Euro).

Anleihen Finder: Wie ist generell die Auftragslage? Wer sind Ihre Hauptkunden und wie gestalten sich die Kundenbeziehungen?

Johann Schmid-Davis: Die Auftragslage ist in allen vier Geschäftsbereichen sehr gut. Im ersten Quartal 2023 konnten wir einen Auftragseingang in Höhe von 274,1 Mio. Euro (Vj. 237,4 Mio. Euro) verzeichnen. Insgesamt betrug unser Auftragsbestand per Ende März gut 555 Mio. Euro, ein Anstieg gegenüber dem Jahresende von 93,8 Mio. Euro. Dabei halten die projektorientierten Geschäftsbereiche Communication, Intralogistics und Engineering einen Auftragsvorlauf von über einem Jahresumsatz vor. Und im Geschäftsbereich Automotive nehmen wir von den bestehenden mehrjährigen Rahmenverträgen nur die avisierten Abrufaufträge von durchschnittlich zehn Wochen in den Bestand auf.

„Die Auftragslage ist in allen vier Geschäftsbereichen sehr gut“

Zu unseren Kunden zählen namhafte Unternehmen wie Traton, Daimler Truck, DAF, die Deutsche Bahn, SNCF, Siemens, Alstom oder GE HealthCare. Häufig blicken wir dabei auf eine langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit beidseitig hoher Zufriedenheit.

Anleihen Finder: Die HÖRMANN-Gruppe ist wie Sie bereist erwähnten unterteilt in verschiedene Bereiche – welchen Anteil haben die einzelnen Segmente derzeit am Gesamtumsatz? Wie soll sich diese Verteilung in den kommenden Jahren entwickeln?

Johann Schmid-Davis: Im Jahr 2022 entfielen knapp 60 % der Umsätze auf den Geschäftsbereich Automotive, gefolgt vom Bereich Communication, der gut ein Viertel unseres Umsatzes erzielt hat. Auf den Bereich Intralogistics entfielen 12 % und auf Engineering 3 %. Es bleibt unser Ziel, mittelfristig einen inflationsbereinigten Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro – d.h. ohne die inflationsbedingten Preissteigerungen, die wir eins zu eins an unsere Kunden weitergeben – und eine nachhaltige EBIT-Marge von 5 % zu erreichen. Dafür sollen speziell die Geschäftsbereiche Communication und Intralogistics organisch und – wenn es Sinn macht – auch anorganisch wachsen und in Summe unsere drei „kleineren“ Geschäftsbereiche zusammen mittelfristig rund die Hälfte des Umsatzes erzielen.

Anleihen Finder: Sie sprechen häufig von „Wachstumsfeldern“ – wo sehen Sie diese? Und wo soll/muss investiert werden, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben?

Johann Schmid-Davis: Wie bereits angedeutet insbesondere in den Bereichen Communication und Intralogistics. Hier sehen wir die größte Dynamik – angetrieben von den Megatrends Digitalisierung, Urbanisierung und Mobilität. Mittelfristig wollen wir in diesen Segmenten Umsätze von jeweils rund 200 Mio. Euro erreichen.

Anleihen Finder: Inwiefern müssen Sie sich auch in Ihrem größten Segment „Automotive“ den Rahmenbedingungen anpassen und ggfs. neu erfinden?

Johann Schmid-Davis: Man muss immer technologisch „am Ball bleiben“. Das gilt nicht nur für den Bereich Automotive. Hier sind wir im intensiven Austausch mit unseren Kunden bezüglich neuer Konzepte und Bauteilarchitekturen. Unser Vorteil ist in diesem Bereich, dass unsere Komponenten nicht von der Antriebstechnologie abhängen und wir auch bei alternativen Antrieben gefragter Partner bleiben werden.

Anleihen Finder: Nochmal zu den Zahlen: Wie gestaltet sich denn gegenwärtig die Verschuldungssituation und das Verhältnis zum Eigenkapital? Wie ist diesbezüglich die weitere Unternehmensausrichtung?

„Haben mehr Cash als Verbindlichkeiten“

Johann Schmid-Davis: Wir befinden uns in der komfortablen finanziellen Situation, dass wir mehr Cash haben als Verbindlichkeiten. Unser Nettofinanzmittelbestand, das ist die Nettoposition aus Guthaben und Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, lag zum 31. März 2023 bei 58,9 Mio. Euro. Ebenso verfügen wir mit einem Eigenkapital von 130,8 Mio. Euro und einer EK-Quote von 35,5 % über ein gesundes Polster. Das bedeutet, in Summe verfügen wir mit den Mitteln auf der Aktivseite sowie zusätzlichen Banklinien über ausreichend Handlungsspielraum für eventuelle Akquisitionen.

Generell sind wir als Familienunternehmen mit über 65-jähriger Tradition unseren Werten verpflichtet – und einer dieser Werte, die wir vor Jahren festgelegt haben, besagt, dass wir mit Verantwortung handeln, und zwar allen unseren Stakeholdern gegenüber. Das betrifft auch unsere Finanzierungs- und weitere Wachstumsstrategie. Dem fühle ich mich auch als CFO verpflichtet, weshalb es auch zukünftig keine Abenteuer geben wird.

„Sind als Familienunternehmen mit über 65-jähriger Tradition unseren Werten verpflichtet“

Anleihen Finder: Mit einem Anleihe-Kupon von 6,50% bis 7,50% müssen Sie der Zinswende etwas Tribut zollen, bleiben im Segmentvergleich aktuell aber noch im unteren Bereich. Wie bewerten Sie die Kuponspanne selbst? Und aus welchen Töpfen soll der nun höhere Kupon jährlich bedient werden?

Johann Schmid-Davis: Ich denke, vor dem aktuellen Marktumfeld ist unsere angebotene Zinsspanne angemessen und gleichzeitig attraktiv für bestehende und potenzielle Investoren. Besonders erstere dürften sich freuen, für ihr Investment nun mindestens 2 Prozentpunkte mehr zu bekommen – zumal sich unser Risikoprofil ja nicht verschlechtert hat. Vielmehr haben wir in den letzten drei Jahren bewiesen, dass wir selbst in außergewöhnlichen Situationen mit unserem diversifizierten Geschäftsmodell gut aufgestellt sind und wir in allen Jahren operativ schwarze Zahlen geschrieben haben.  

„Haben bewiesen, dass wir selbst in außergewöhnlichen Situationen mit unserem diversifizierten Geschäftsmodell gut aufgestellt sind“

Anleihen Finder: Sie haben sich erneut für einen Nordic Bond entschieden. Welche Vorteile sehen Sie in diesem Format?

Johann Schmid-Davis: Wir haben in den letzten vier Jahren gute Erfahrungen mit der Struktur eines Nordic Bonds gemacht – unser Partner Pareto war ja auch schon 2019 dabei. Insbesondere ist für uns positiv, dass wir eine breite Investorenbasis ansprechen können. Neben internationalen institutionellen Investoren – für die der Nordic Bond ein etabliertes Kapitalmarkinstrument ist – zählen dazu aber auch bewusst wieder Privatanleger in Deutschland.

Anleihen Finder: Welche Entwicklung erwarten Sie für die HÖRMANN-Unternehmensgruppe in den kommenden fünf (Anleihe-)Jahren?

Johann Schmid-Davis: Wir möchten die Unternehmensgruppe nachhaltig in ein ertragsorientiertes Wachstum führen, aufbauend auf einer stabilen Finanzbasis mit starker Bilanz und weiterhin guter Eigenkapitalausstattung. Hierbei müssen wir bei der bestehenden Volatilität die Risiken immer gut im Auge haben und – wie in den letzten Jahren auch schon – schnell bei Bedarf reagieren. Wie schon gesagt, streben wir dabei mittelfristig einen inflationsbereinigten Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro und eine nachhaltige EBIT-Marge von 5 % an.

Anleihen Finder: Vielen Dank für Ihre Antworten, Herr Schmid-Davis.

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