China-Geschäft kommt nicht in Schwung
- Investitionsschwäche und Behinderungen im Markt bremsen Maschinen- und Anlagenbau
- Andere Standorte in Asien gewinnen an Attraktivität, China bleibt als Markt aber unverzichtbar
- VDMA spricht sich für Anpassungen bei der Exportkontrolle aus
Die Hoffnungen des deutschen und europäischen Maschinen- und Anlagenbaus auf einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung in China haben sich seit der Aufhebung der Covid-Restriktionen nicht erfüllt. So war das erste Quartal 2023 gekennzeichnet durch eine geringere Kapazitätsauslastung im Vergleich zum Vorjahr. „Wichtige Abnehmerbranchen halten sich mit Investitionen zurück und den Lokalregierungen fehlen die finanziellen Mittel für neue Großprojekte“, erläuterte VDMA-Präsident Karl Haeusgen in einem Pressegespräch in Peking. Im April gingen laut einer Umfrage des VDMA unter Mitgliedsfirmen noch rund 40 Prozent der Befragten davon aus, dass sich die Geschäftslage in den nachfolgenden sechs Monaten verbessern würde. „Heute stellen wir fest, dass der Aufschwung noch eine Weile auf sich warten lassen wird“, sagte Haeusgen. Gleichwohl hoffen die Unternehmen weiterhin, ihre Prognose eines Umsatzwachstums im China-Geschäft von 6 Prozent in diesem Jahr erreichen zu können. Im vergangenen Jahr hatten die Umsätze der Niederlassungen von VDMA-Mitgliedsfirmen in China um durchschnittlich 5 Prozent zugelegt.
Indien wird zur Alternative
Derzeit sind rund 900 VDMA-Mitgliedsunternehmen unter eigenen Namen in China vertreten, rund die Hälfte davon auch mit Montage oder Produktion. Nach ersten Schätzungen stellen diese Unternehmen in China mindestens 150.000 hochqualifizierte und gut vergütete Arbeitsplätze zur Verfügung. Aufgrund der wachsenden geopolitischen Spannungen mit chinesischer Beteiligung und der damit einhergehenden Unsicherheiten bewerten die Maschinenbaufirmen ihr Engagement aber zunehmend neu. Laut aktueller VDMA-Blitzumfrage (Juni 2023) hat sich die Attraktivität von China als Standort in den vergangenen drei Jahren spürbar verringert. So planen in den kommenden fünf Jahren mehr Unternehmen, neue Produktionskapazitäten in Indien (17 Prozent der Befragten) oder in den ASEAN-Staaten (12 Prozent) aufzubauen, als in China (11 Prozent). Spitzenreiter beim geplanten Aufbau neuer Produktionskapazitäten sind die USA mit 22 Prozent.
China-Strategie der Unternehmen wird auf neue Füße gestellt
In einer vorangegangenen Umfrage hatten 45 Prozent der VDMA-Mitgliedsfirmen angegeben, ihre Chinastrategie nun zu überdenken. Als wichtigste Gründe hierfür wurden geopolitische Spannungen, ,buy local’-Anforderungen der lokalen Administration sowie die allgemeine konjunkturelle Abschwächung auf dem chinesischen Markt genannt. “Immer wieder berichten VDMA-Mitgliedsfirmen von Behinderungen bei Ausschreibungen oder Projekten durch unfaire nationale Regeln und Anforderungen“, bemängelte Haeusgen. „Darüber hinaus sieht der VDMA das Datensicherheitsgesetz mit den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Geschäft unserer Mitglieder sehr kritisch. Wir haben daher konkrete Erwartungen an die chinesische Politik, hier für ein Level-Playing-Field zu sorgen.“
Erwartungen an die deutsche China-Strategie
Die Bundesregierung will in absehbarer Zeit eine eigene China-Strategie vorstellen. Der VDMA knüpft daran einige Erwartungen:
- Kein Abbau bestehender Exportförderinstrumente
„Es darf keine Eingriffe ins Exportgeschäft oder gar Abschottung von China geben“, betonte der VDMA-Präsident. „Aktuell sehen wir allerdings Maßnahmen der Bundesregierung zur ,Entmutigung‘ der Unternehmen. So sind zum Beispiel in der Exportkreditversicherung Zulieferungen aus China bei Projekten nicht mehr erwünscht. In der Exportkontrolle gibt es erhebliche Verzögerungen bei Dual-Use-Genehmigungen und Ablehnungen von Anträgen. Und im Auslandsmesseprogramm wurden 60 Prozent der China-Messen für 2024 gestrichen, ohne Rücksprache mit der Wirtschaft.“
- Strategien zur Diversifizierung von Märkten entwickeln
Durch eine Diversifizierung von Absatzmärkten werden Unternehmensrisiken gestreut und die Resilienz verbessert. „Die Politik kann dabei helfen, neue Absatzmärkte ,beyond China‘ zu erschließen“, sagte Haeusgen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass das Marktvolumen Chinas (rund 10 Prozent der deutschen Maschinenexporte im vergangenen Jahr) kurz- und mittelfristig nicht kompensiert werden kann.
- Exportkontrolle in Richtung China anpassen
Der Maschinen- und Anlagenbau wartet mit großem Interesse auf die von der Bundesregierung geplanten Änderungen der Exportkontrolle für China. „Durch die Streichung unkritischer Produktgruppen könnte die Exportkontrolle entlastet und damit die Verfahren beschleunigt werden“, erläuterte Haeusgen. Die Industrie benötigt zudem Klarheit für die Lieferung von Technologien, die derzeit noch keiner Exportkontrolle unterliegen, sowie zügige Genehmigungsverfahren auch für China. „Der VDMA würde eine ergebnisoffene Diskussion mit der Bundesregierung zur Exportkontrollpolitik für China sehr begrüßen und unterstützen“, sagte der VDMA-Präsident.
Globaler Wettbewerb mit China nimmt an Intensität zu
Seit 2018 verzeichnet der VDMA eine Seitwärtsbewegung im deutschen Maschinenexport nach China, wenngleich auf hohem Niveau von circa 19 Milliarden Euro (2022: minus 2,3 Prozent zum Vorjahr). Im ersten Quartal 2023 legten die Exporte um nominal rund 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Insgesamt ist der deutsche Anteil an den Maschinenimporten in China in den vergangenen zehn Jahren von zuvor gut 22 Prozent auf rund 16 Prozent gesunken. Gleichzeitig wachsen die Exporte aus China nach Deutschland weiterhin dynamisch und haben 2022 mit rund 12 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert erreicht. Die Wettbewerbsintensität nimmt also nicht nur in China und auf Drittmärkten, sondern auch in Europa kontinuierlich zu. „Aufgrund der kräftigen Markteingriffe und Subventionen seitens der chinesischen Regierung sind wir von einem Level Playing Field leider noch immer sehr weit entfernt”, resümierte Haeusgen.
Der VDMA vertritt 3600 deutsche und europäische Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Industrie steht für Innovation, Exportorientierung und Mittelstand. Die Unternehmen beschäftigen insgesamt rund 3 Millionen Menschen in der EU-27, davon mehr als 1,2 Millionen allein in Deutschland. Damit ist der Maschinen- und Anlagenbau unter den Investitionsgüterindustrien der größte Arbeitgeber, sowohl in der EU-27 als auch in Deutschland. Er steht in der Europäischen Union für ein Umsatzvolumen von geschätzt 770 Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der in der EU verkauften Maschinen und Anlagen stammen aus einer Fertigungsstätte im Binnenmarkt.
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