Medizintechnik

Elektronische Gebrauchsanweisungen: Pro Jahr kann in Deutschland jedes Unternehmen rund 500 Tonnen Papier einsparen

Mehr als die Hälfte der Medtech-Unternehmen kennen den expliziten Kundenwunsch nach elektronischen Gebrauchsanweisungen (eIFU), aber nur ein Bruchteil darf ausschließlich die digitale Version bereitstellen: Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Branchenumfrage von MedicalMountains und SPECTARIS. Der gemeinsame Appell lautet daher, den bestehenden Rechtsrahmen im Sinne der Produktsicherheit, aber auch der Nachhaltigkeit zu erweitern.

Nach wie vor legen die EU-Verordnungen 2021/226 und 2012/207 ein enges Korsett an. Die alleinige Nutzung digitaler Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte ist auf wenige Produktgruppen beschränkt und an Bedingungen geknüpft. Bedeutet im Umkehrschluss: Dem Gros an Medizinprodukten bleibt eine reine eIFU vorenthalten. Dies schlägt sich in der aktuellen Umfrage nieder. 43 Prozent der an der Umfrage teilgenommenen Unternehmen stellen für den EU-Markt eIFUs zur Verfügung, davon etwa zwei Drittel ergänzend zur Papierfassung – bleibt umgerechnet ein Anteil von nur rund 18 Prozent aller Unternehmen, die sich voll und ganz auf die digitale Version konzentrieren können. Als Haupthindernis wird der bestehende Rechtsrahmen genannt. Dessen Erweiterung wird von 76 Prozent der Unternehmen als wünschenswert und sinnvoll erachtet.

Viele Argumente sprechen für eine Erweiterung: Rund 53 Prozent der Hersteller verzeichnen einen expliziten Kundenwunsch nach eIFUs. Die digitalen Gebrauchsanweisungen sind an der richtigen Stelle schnell und aktuell verfügbar, lassen sich einfacher durchsuchen, archivieren und auffinden sowie flexibel mit Zusatzinformationen versehen – Punkte, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU zum Tragen kommen. Die Top-Antwort lautet jedoch „Umweltaspekte“. Bei einer vollständigen Umstellung auf digitale Gebrauchsanweisungen könnten pro Jahr und Unternehmen etwa 500 Tonnen Papier in Deutschland eingespart werden, so die Rückmeldungen aus der Branche: durchschnittlich 482 Tonnen bei Dokumenten für den professionellen Gebrauch sowie durchschnittlich 522 Tonnen für alle Produkte.

Die Umfrage-Ergebnisse fördern gleich mehrere Anachronismen zutage. „Man kann nicht Digitalisierung forcieren und Nachhaltigkeit verlangen, gleichzeitig aber bei Gebrauchsanweisungen derart auf die Bremse treten“, betont Julia Steckeler, Geschäftsführerin der MedicalMountains GmbH, und fordert einen Paradigmenwechsel: „Die eIFU sollte künftig die Regel sein und die gedruckte Fassung eine Ergänzung auf Kundenwunsch.“ Die Vorteile lägen im wahrsten Sinne „auf der Hand“: Kaum ein Anwender könne sich heute noch vorstellen, in einem Hightech-Operationssaal auf einem Papierbogen nach Informationen zu suchen. Einbußen an Sicherheit gingen damit nicht einher, im Gegenteil. „Die Nutzung von eIFUs ist anerkannt, ebenso deren Mehrwerte“, erinnert Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik im Industrieverband SPECTARIS. „Die Angaben werden unmittelbar aktualisiert sowie mit Anleitungsvideos oder mehrsprachigen Inhalten versehen. Das Plus an Flexibilität und Anwenderfreundlichkeit kommt letztlich jenen zugute, um die sich alles dreht: den Patientinnen und Patienten.“

Mit den Umfrageergebnissen gehen MedicalMountains und SPECTARIS in den weiteren Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern auf nationaler und europäischer Ebene. „Wir halten das Thema eIFU hoch, denn es verschafft sowohl den Herstellern als auch den Anwendern Erleichterung“, betonen Julia Steckeler und Dr. Martin Leonhard. Sie sind überzeugt, dass eine weitere Öffnung der EU-Verordnungen nicht nur wünschenswert, sondern erforderlich ist – auch, um einen wertvollen Beitrag zum Ressourcenschutz leisten zu können. „Der Wille der Industrie ist da. Der Wille der Anwender und Kliniken ebenfalls, was die ebenfalls durch MedicalMountains GmbH und SPECTARIS durchgeführte Anwenderumfrage aus dem Jahr 2021 unter 400 Anwendern ergab. Jetzt braucht es nur noch den Willen der Politik.“

Die MedicalMountains GmbH vernetzt und unterstützt alle Akteure der Medizintechnikbranche und vertritt deren Interessen auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene. Die Organisation mit Sitz in Tuttlingen (Baden-Württemberg) fördert den Dialog, verbindet Stärken und schafft Plattformen für den Austausch. Durch strategische und systematische Abstimmungen werden Kooperationen und Synergien ermöglicht: Die Zusammenarbeit von und mit regionalen, nationalen und internationalen Partnern liefert vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen einen wichtigen Wissens- und Technikvorsprung.

Über den SPECTARIS – Deutscher Industrieverband für optische,medizinische und mechatronische Technologien e.V.

SPECTARIS ist der Deutsche Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik mit Sitz in Berlin. Der Verband vertritt 400 überwiegend mittelständische deutsche Unternehmen. Der Fachverband Medizintechnik im Deutschen Industrieverband SPECTARIS vertritt rund 130 vorwiegend mittelständische Mitgliedsunternehmen. Diese sind innovative Hersteller von Medizinprodukten und Medizintechnik sowie qualitätsorientierte nichtärztliche Leistungserbringer aus dem Bereich der respiratorischen Heimtherapie. 2021 erwirtschaftete die deutsche Medizintechnikindustrie einen weltweiten Umsatz in Höhe von 36,4 Milliarden Euro.

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