Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie enttäuschend
Das Update der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) ist nicht zuletzt auf Grund des russischen Angriffskriegs und dem damit gestärkten Blick auf die Versorgungssicherheit von großer Bedeutung. Der vorgelegt Entwurf für die Fortschreibung erhöht zwar die geplante Elektrolysekapazität von bisher 5.000 auf mindestens 10.000 Megawatt für das Jahr 2030. Auch die „Problematik übermäßiger Abhängigkeiten bei Energieimporten“ erkennt der vom Bundeskabinett vorgelegte NWS-Entwurf zwar an, zieht daraus nach Einschätzung des Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) die falsche Konsequenz: „Anstatt den Fokus auf die heimische Wasserstofferzeugung zu legen setzt die Bundesregierung weiterhin schwerpunktmäßig auf teure Importe per Schiff“, so Geschäftsführer Christian Mildenberger.
Die NWS sieht „die heimischen Erzeugungspotenziale für Wasserstoff begrenzt“ und geht von einer Importquote zwischen 50 und 70 Prozent aus. Dieser Import soll dabei bis 2030 vorrangig per Schiffstransport erfolgen. Damit setzt die NWS den bislang eingeschlagenen Weg fort und bleibt der falschen Annahme treu, dass es nur geringe heimische Potenziale zur Wasserstofferzeugung gibt.
Auch der LEE NRW geht davon aus, dass auch künftig Importe von Wasserstoffmengen notwendig sind. „Doch besonders kurzfristig sollten die heimischen Potenziale prioritär erschlossen und genutzt werden“, so Mildenberger. Gerade mit Blick auf die im Osterpaket der Bundesregierung festgelegten Ausbauziele im Wind- und Solarenergiesektor wird es bereits vor 2030 immer wieder zu Situationen kommen, in denen die Stromerzeugung die Nachfrage deutlich übersteigt. Hierfür gilt es die entsprechende Elektrolysekapazität zu realisieren, um diesen „überschüssigen“ Strom zu nutzen: „Eine Abregelung der Erneuerbaren Energie ist nicht nur ineffizient, sondern erhöht auch die Stromgestehungskosten in den anderen Stunden“, betont LEE NRW-Geschäftsführer Mildenberger. Der Fokus der NWS sollte deshalb darauf liegen die heimischen Potenziale durch Importe zu ergänzen, anstatt die heimischen Potenziale von vornerein klein zu reden.
Die Herausforderung beim Hochlauf des Wasserstoffmarktes liegt weniger an zu geringen Kapazitäten, sondern vielmehr darin, dass die Hersteller von Elektrolyseuren sich bereits am Markt positioniert haben, die Nachfrage aber noch nicht mitzieht. Dies liegt unteranderem an der lange fehlenden, aber mittlerweile vorliegenden Definition von grünem Wasserstoff, aber auch daran, dass den Projektierern häufig notwendiges Risikokapital fehlt. Hier gilt es auch die notwendige Zusammenarbeit mit den Ländern und den entsprechenden Landesbanken zu schärfen.
Der vom Bundeskabinett gesetzte Fokus auf den Import per Schiff ist darüber hinaus auch unwirtschaftlich. Die vom LEE NRW beim Wuppertal Institut beauftragte Wasserstoffstudie „Metaanalyse zu Wasserstoffkosten und -bedarfen für die CO2-neutrale Transformation“, die kürzlich veröffentlicht worden ist, hat gezeigt, dass die Produktionskosten von Wasserstoff in Deutschland für 2030 unter den Kosten des Imports von Wasserstoff per Schiff liegen werden. Mit einer Importstrategie, die auf Schiffstransport setzt, verpasst die NWS damit nicht nur die Chance die heimischen Potenziale zu nutzen, sondern erhöht gleichzeitig auch die Preise für Wasserstoff. Was auch gegen den Schwerpunkt Wasserstoff-Import spricht: Viele der in den Blick genommenen Exportländer haben bis heute noch keine nennenswerte Kapazitäten bei den Erneuerbaren Energien aufgebaut.
Für einen zeitnahen Hochlauf sollen laut NWS „auch andere Farben von Wasserstoff genutzt werden“. Auch hier hat die Studie des LEE NRW und des Wuppertal Institut gezeigt, dass blauer Wasserstoff auf Basis von Erdgas in größeren Mengen wohl erst Ende dieser Dekade zur Verfügung stehen wird und selbst dann unter Einbezug der Vorkettenemissionen noch erheblich klimaschädlicher als grüner Wasserstoff sein wird. Der Einbezug von blauem Wasserstoff verschärft das Henne-Ei-Problem zwischen Wasserstoffproduktion und -nachfrage und birgt die Gefahr von Stranded Investments. Der Fokus sollte deshalb auf der Installation von Elektrolyseuren und der Produktion von grünem Wasserstoff liegen anstatt blauen, klimaschädlicheren Wasserstoff zu fördern.
Christian Mildenberger, Geschäftsführer des LEE NRW, resümiert: „Es ist richtig und wichtig, dass eine Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie zeitnah veröffentlicht werden soll. Der vorliegende Ressortentwurf ist jedoch enttäuschend, da weiterhin auf teure Importe per Schiff gesetzt wird und gleichzeitig die heimischen Potenziale zur Erzeugung von Wasserstoff klein geredet werden. Die Bundesregierung sollte endlich ihren Fokus auf die heimischen Potenziale zur Wasserstoff-Herstellung legen, um Importe zu ergänzen und nicht andersherum.“
Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2045 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.
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